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Die Hexenjagd von Salem Falls

Die Hexenjagd von Salem Falls

Titel: Die Hexenjagd von Salem Falls
Autoren: Jodi Picoult
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fröstelnd auf der Main Street stand, dachte er, daß Chelsea Abrams vielleicht eine Schwäche für Verlierertypen hatte.
    Chelsea war keine x-beliebige Schülerin. Sie war klug und hübsch, mit Haaren, die das Sonnenlicht einfingen, wenn Thomas mit ihr zusammen Keyboardunterricht hatte. Sie hing auch nicht mit Cheerleadern oder den Schlaumeiern und Strebern rum. Statt dessen war sie dick befreundet mit drei anderen Mädchen – darunter Gillian Duncan, deren Vater die halbe Stadt gehörte. Okay, sie zogen sich ein bißchen komisch an, in Schwarz und mit Tüchern – eine Kreuzung aus Kunstfreakgruftis, die in der Raucherecke herumhingen, und Möchtegernzigeunern –, aber Thomas wußte, besser als die meisten, daß die Verpackung weit unwichtiger war als der Inhalt.
    Plötzlich bog Chelsea mit ihren Freundinnen um die Ecke, sogar Gillian Duncan war dabei, die wegen Krankheit nicht in der Schule gewesen war, aber erstaunlich schnell genesen war und jetzt draußen herumlief. Thomas nahm die Schultern zurück und folgte den Mädchen, bis er direkt hinter Chelsea ging. Er konnte Zimt in ihrem Haar riechen, und ihm wurde schwindelig.
    »Ist dir schon mal aufgefallen, daß das englische Alphabet total falsch ist?« sagte er beiläufig, als hätte er die ganze Zeit mit ihr geplaudert.
    »Wieso das denn?« fragte Chelsea.
    » U und I gehören zusammen.«
    Die anderen Mädchen kicherten, Gillian Duncans Stimme schlug zu wie ein Hammer. »Wie fühlt man sich eigentlich als Obertrottel der Schule?« Sie hakte sich bei Chelsea ein. »Los, nix wie weg hier.«
    Thomas spürte, wie ihm die Hitze in den Kopf steigen wollte. Chelsea wurde von ihren Freundinnen mitgezogen, so daß er allein dastand. Drehte sie sich noch einmal nach ihm um, oder schob sie bloß den Riemen ihres Rucksacks zurecht? Als sie die Straße überquerten, konnte Thomas Chelseas Freundinnen lachen hören. Aber sie lachte nicht.
    Immerhin etwas.
    Charlie Saxton aß jeden Mittag ein Erdnußbuttersandwich, obwohl er Erdnußbutter nicht ausstehen konnte. Er tat es trotzdem, weil seine Frau Barbara glaubte, er würde Erdnußbutter mögen, und weil sie sich jeden Morgen die Mühe machte, ihm eins zum Lunch einzupacken.
    Er hatte gerade den Mund voll, als die diensthabende Beamtin in sein Büro gehastet kam und ihm einen Aktenordner reichte. »Das hier ist gerade per Fax gekommen.«
    Sie schloß die Tür hinter sich, während Charlie die Seiten aus dem Ordner zog und die Gerichtsunterlagen über Jack St. Bride überflog. Er war wegen sexuellen Mißbrauchs einer Schutzbefohlenen verhaftet, schließlich jedoch nur wegen Verführung einer Minderjährigen verurteilt worden.
    Charlie rief das Büro der Staatsanwaltschaft von Grafton County an und wollte die Staatsanwältin sprechen, deren Name auf dem Fax stand. »Tut mir leid, aber sie hat zwei Wochen Urlaub. Kann ich Sie mit jemand anderem verbinden?« fragte die Sekretärin.
    Charlie zögerte. Die Liste mit Sexualstraftätern, die der Meldepflicht unterlagen, war öffentlich. Das hieß, daß jeder ins Revier spazieren und nachsehen konnte, wer auf der Liste stand und wo er wohnte. An diesem Morgen enthielt seine Liste nur einen einzigen Namen. Salem Falls genoß den Ruf einer verschlafenen Kleinstadt, in der rein gar nichts passierte, was den Einwohnern nur recht war. Sobald der männlichen Einwohnerschaft bekannt würde, daß ein vorbestrafter Sexualtäter in die unmittelbare Nähe ihrer Frauen und Töchter gezogen war, wäre der Teufel los.
    Er könnte eine Lawine lostreten oder St. Bride eine Chance geben, indem er ihn einfach nur eine Weile im Auge behielt.
    »Sagen Sie ihr bitte, sie soll mich anrufen, wenn sie wieder da ist«, sagte Charlie.
    Gillian hatte Wicca als erste ausprobiert, nachdem sie im Internet eine Website für Teenagerhexen gefunden hatte. Es war kein Satanismus, wie die Erwachsenen glaubten. Und es war auch nicht bloß Liebeszauber, wie andere Jugendliche glaubten. Es war lediglich die Überzeugung, daß die Welt eine ganz eigene Energie hatte. Wer hatte noch nicht gespürt, wenn er durch den Wald ging, daß die Luft summte? Oder wenn er auf den Schnee trat, daß die Erde nach seiner Körperwärme griff?
    Sie war froh, daß Meg und Whitney und Chelsea ihrem Hexenbund, ihrem Coven angehörten – aber sie praktizierten nicht ganz so wie Gillian. Für die drei war es ein Spaß. Für Gillian war es eine selig machende Gnade. Und es gab einen Zauber, den sie nicht mit den anderen zusammen, sondern
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