Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Hexen von Eastwick

Titel: Die Hexen von Eastwick
Autoren: John Updike
Vom Netzwerk:
Kiefernlatte, das dem Gestell als Schulter diente. Sie machte sich
weniger Gedanken über den Kopf und das Gesicht als über die Füße;
die Extremitäten, erkannte sie, waren ihr bei einem Mann am
wichtigsten. Was auch immer sich in der Mitte abspielte, ihr idealer
    Mann mußte etwas Hageres und Delikates an den Füßen haben – so
wie die Füße Christi aussahen, wenn sie überkreuzt und an Kruzifixe
genagelt waren, sehnig, langzehig und schlaff wie im Fluge – und um
die Hände mußte etwas Gehärtetes, Ausgearbeitetes sein; Darryls
gummigleichen Hände waren sein abstoßendstes Merkmal gewesen.
Sie arbeitete ihre Vorstellungen flüchtig in Ton aus, mit dem Rest
jenes reinen weißen Kaolins, das sie aus dem Garten der Witwe in
Coventry geholt hatte. Ein Fuß und eine Hand waren genug, und die
Oberflächlichkeit spielte keine Rol e; was wichtig war, war nicht ihr
fertiges Produkt, sondern die Botschaft, die in den Äther geritzt und
zu den Kräften geschickt wurde, die Hände und Finger bis ins kleinste
Glied, in die kleinste Muskelfaser hinein zu formen vermochten,
jenen Kräften, die die Wunder al er Anatomien aus dem rasenden,
präzisen Fül horn der Schöpfung herausschleuderten. Als Kopf wählte
sie einen mittelgroßen Kürbis, den sie an jenem Verkaufsstand an der
R 4 kaufte, der zehn Monate des Jahres hoffnungslos schäbig und
verlassen aussieht, doch jedesmal zur Erntezeit zum Leben erwacht.
Sie höhlte den Kürbis aus und tat etwas von Ozzies Staub hinein, aber
nicht zuviel, denn sie wol te, daß die Zweitausfertigung nur die
Grundzüge seiner Ehemännlichkeit enthielt. Eine äußerst wichtige
Zutat war in Rhode Island beinahe unmöglich zu finden: Erde aus
dem Westen, eine Handvol trockener, sandiger, salbeitragender Erde.
Der feuchte Lehm aus dem Osten würde sich nicht eignen. Eines
Tages entdeckte sie zufäl ig einen in der Oak Street geparkten
Kleinlieferwagen mit einem Nummernschild aus Colorado; sie griff
unter den hinteren Kotflügel und kratzte ein bißchen goldbraunen,
getrockneten Schlamm in ihre Handfläche, brachte ihn nach Hause
und fügte ihn zu Ozzies Staub hinzu. Sie brauchte auch einen
Cowboyhut für den Kürbis und mußte mit ihrem Subaru den ganzen
weiten Weg bis Providence zurücklegen, um einen Kostümausstatter
zu finden, der die Studenten der Brown University bei ihren
    Theaterspielen, den Karnevalsfesten und Protestdemonstrationen
versorgte. Während sie sich dort aufhielt, kam ihr die Idee, sich als
Gaststudentin in der Rhode Island-Schule für Design einzuschreiben;
als naive Bildhauerin hatte sie erreicht, was sie nur konnte. Die
Mitstudenten waren kaum älter als ihre Kinder, aber einer der Lehrer,
ein Keramiker aus Taos, ein ledriger, humpelnder Mann gut in den
Vierzigern, von den Wechselbädern und Windstößen des Lebens
verwittert, fiel ihr ins Auge und sie ihm, mit ihrer robusten
Sinnlichkeit, die ein bißchen der einer Kuh gleichkam (worauf Joe
Marino zufällig gestoßen war, als er sie brünstig seine vacca nannte).
Nach etlichen Semestern und Abwendungen heirateten sie, und Jim
brachte sie und seine Stiefkinder in den Westen zurück, wo die Luft
ekstatisch dünn war und al e Zauberkraft den Hopi- und Navajo-
Schamanen gehörte. «Mein Gott», sagte Sukie vor der Abreise am
Telefon zu ihr. «Womit hast du das nur zuwegegebracht?»
«Das ist nicht zum Druck bestimmt», entgegnete Alexandra streng.
Sukie war zur Chefredakteurin des Anzeiger aufgestiegen und mußte,
in Einklang mit dem schamlos persönlichen Ton der aufkommenden
Nachkriegsära, jede Woche einen Skandal oder ein Bekenntnis
bringen, Kolumnen über trivialen, täglichen Klatsch, die Clyde
Gabriel, heikel wie er gewesen war, gestrichen hätte.
«Du mußt dir dein Leben ausmalen», vertraute Alexandra der
jüngeren Frau an, «dann geschieht es.»
Sukie gab dieses Stück an Jane weiter, und die liebe verärgerte Jane,
die so sehr Gefahr lief, eine verbitterte, griesgrämige alte Jungfer zu
werden, daß ihre Klavierschüler beim Schwarz und Weiß der Tasten
an die Knochen und die Dunkelheit der Höl e dachten, kurz, an al es,
was tot, streng und bedrohlich war, zischte ungläubig; als
vertrauenswürdige Schwester hatte sie Alexandra seit langem
abgeschrieben.
    Aber heimlich, sogar vor Sukie Magie verborgen, hatte sie Splitter
von der Vorderplatte des Cellos, die der begabte Hippie-Restaurator
aus der Hope Street ersetzt hatte, entnommen und in den alten
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher