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Die Hexen von Eastwick

Titel: Die Hexen von Eastwick
Autoren: John Updike
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seinen Willen ausführten, als wir, weißt du –»
«Sie töteten», ergänzte Alexandra.
«Ja», sagte Sukie. «Weil er sie aus dem Weg haben wol te, nachdem
er sie erst mal rechtmäßig besaß und alles anders war.»
Alexandra versuchte zu denken; seit Ewigkeiten hatte sie nicht mehr
gefühlt, wie ihr Geist sich dehnte, ein luxuriöses Gefühl, fast
muskulär, jenes Ausloten von nicht ertastbaren Tunneln des
Möglichen und des Wahrscheinlichen. «Ich bezweifle wirklich»,
entschied sie, «daß Darryl je so planmäßig vorging. Er improvisierte
immer aus Situationen heraus, die andere geschaffen hatten, und
konnte nicht sehr weit vorausblicken.» Während Alexandra sprach,
sah sie ihn immer klarer – erfühlte ihn von innen, seine Höhlungen,
seine Begrenzungen und die Leerräume. Sie hatte ihren Geist in einen
Raum widerhal ender Trostlosigkeit projiziert. «Er war nicht
schöpferisch, in dieser Hinsicht hatte er keine eigenen Kräfte. Er
konnte nur das freisetzen, was in anderen schon vorhanden war. Auch
bei uns: Wir hatten den Hexenkonvent schon, ehe er in die Stadt
kam, und auch unsere Kräfte, was immer sie sind. Ich glaube», sagte
sie zu Sukie, «er wol te eine Frau sein, wie er selber sagte, aber er war
noch nicht einmal das.»
«Noch nicht einmal», wiederholte Sukie kritisch.
«Nun ja, es ist sehr oft erbärmlich. Ehrlich, das ist es.» Wieder dieser
Kloß im Hals, dem Tor der Tränen. Aber dieses Gefühl, wie auch der
anhaltende Versuch, wieder zu denken, waren irgendwie
hoffnungsvol , ein ungelenker Neubeginn. Sie hörte auf, sich treiben
zu lassen.
    «Vielleicht muntert dich dies ein bißchen auf», erzählte Sukie. «Es
ist gut möglich, daß es Jenny gar nicht so leid tat zu sterben. Rebecca
hat bei Nemo ziemlich viel herumgequatscht, jetzt, wo Fidel mit den
beiden anderen abgehauen ist, und sie sagt, bei einigen von den
Dingen, die sich da drüben abgespielt haben, nachdem wir weg
waren, würden sich einem wirklich die Haare sträuben. Anscheinend
war es kein Geheimnis für Jenny, was Chris und Darryl im Schilde
führten, sobald sie erst einmal sicher verheiratet war.»
«Die arme kleine Seele», sagte Alexandra. «Ich vermute, sie war einer
dieser vol kommen lieben Menschen, für die die Welt aus
irgendeinem Grunde nie Verwendung hat.» Die Natur in ihrer
Weisheit läßt sie entschlafen.
«Sogar Fidel war empört, erzählt Rebecca», sagte Sukie, «aber als sie
ihn bat, dazubleiben und mit ihr zu leben, erklärte er ihr, er wol e
kein Krabbenverkäufer oder Bote bei ‹Dataprobe› sein, und etwas
anderes ließen die Leute hier einen Latino wie ihn nicht tun. Es bricht
Rebecca das Herz.»
«Männer», sagte Alexandra vielsagend.
«So sind sie eben, oder?»
«Wie haben Leute wie die Hal ybreads das al es aufgenommen?»
«Schlecht. Rose ist fast hysterisch vor Sorge, daß Arthur finanziel in
dieses schreckliche Durcheinander hereingezogen wird. Offenbar war
er ziemlich interessiert an Darryls Selen-Theorie und hat sogar eine
Art Vertrag unterschrieben, der ihn als Gegenleistung für seine
Gutachten zum Partner macht; so was hatte Darryl drauf, Leute dazu
zu bringen, einen Pakt zu unterzeichnen. Ihr Rücken ist jetzt
tatsächlich so schlimm, daß sie auf einer Matte auf dem Fußboden
schläft und Arthur ihr den ganzen Tag vorlesen muß, aus diesen
bil igen historischen Romanen. Er kommt überhaupt nicht mehr
weg.»
    «Also wirklich, was für eine langweilige, schreckliche Frau», sagte
Alexandra.
«Widerwärtig», pflichtete Sukie bei. «Jane sagt, ihr Kopf sehe aus
wie ein in Stahlwol e verpackter getrockneter Apfel.»
«Wie geht es Jane? Im Ernst, ich fürchte, sie ist heute morgen
ziemlich ungeduldig mit mir geworden.»
«Also, sie sagt, Bob Osgood kennt einen wunderbaren Mann in
Providence, in der Hope Street, glaube ich, sagte sie, der die ganze
Vorderseite ihres Ceruti-Cellos ersetzen kann, ohne das Timbre zu
verändern. Einer von diesen Hippie-Akademikern, die als
Handwerker arbeiten, um ihre Väter zu ärgern oder gegen das System
zu protestieren oder was weiß ich. Aber sie hat es mit Klebeband
zusammengepflastert und spielt darauf, so zerkaut es ist. Sie sagt, es
gefiele ihr, es klinge menschlicher. Ich glaube, sie ist in einer
schrecklichen Verfassung. Sehr neurotisch und paranoid. Ich habe sie
gefragt, ob wir uns nicht in der Stadt treffen sol ten, um im Kleinen
Bäckereicafé ein Sandwich zu essen oder auch bei Nemo, jetzt, wo
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