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Die Hexen von Eastwick

Titel: Die Hexen von Eastwick
Autoren: John Updike
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wie
ein aufgemotzter Verkäufer, der aus dem Norden des Staates New
York kommt, oder wie ein Al einunterhalter, der gerade seitwärts über
die Bühne tänzelt und dabei auf einem Banjo klimpert. Er wol te
genau wie Sukie unterhaltsam sein. Tatsächlich war er aus Stamford,
wo er in einer noch jungen Branche arbeitete und hochgelobte
Computer samt Service verkaufte, die sich Textverarbeitungssysteme
nannten. Auf dem ihren schreibt sie jetzt mit großer Geschwindigkeit
Paperback-Romanzen, stellt mit ein paar Anschlägen ihrer
Fingerspitzen Absätze um, gibt den Personen neue Namen und
speichert wiederverwendbare Standard-Leidenschaften und krisen.
Sukie war die letzte, die Eastwick verließ; ihr Nachbild, wie sie in
ihrem witzigen Wildlederrock und den rötlichen Haaren mit langen
Beinen und Armen an den glitzernden Ladenpassagen entlang
geschlenkert, lebte in der Dock Street fort wie jenes kühlfarbene
Trugbild, das das Auge zurückbehält, nachdem es in etwas Helles
gestarrt hat. Dies ist Jahre her. Der junge Hafenmeister, mit dem sie
ihre letzte Affäre hatte, hat jetzt einen Schmerbauch und drei Kinder;
aber erinnert sich immer noch daran, wie sie ihm in die Schulter biß
und sagte, mit welcher Wonne sie das Salz der Seeluft schmeckte, die
auf seiner Haut verdunstet war. Dock Street ist neu gepflastert und
verbreitert worden, um mehr Verkehr aufzunehmen. Und von der
Pferdetränke bis zum Landing Square, wie man ihn gern nennt,
wurden al die kleinen Vorsprünge des Gehsteigs begradigt. Neue
    Leute ziehen in die Stadt; einige davon leben in dem alten Lenox-
Herrenhaus, das tatsächlich in Eigentumswohnungen umgewandelt
wurde. Der Tennisplatz blieb, wenn auch ohne das gefährliche
Experiment mit der Traglufthal e. Als Anreiz für Mieter wurde ein
Teil des Grundstücks drainiert, und ein Anlegesteg und ein kleiner
Yachthafen gebaut. Die Reiher nisten anderswo. Der Damm wurde
erhöht, bekam Wasserdurchlässe im Abstand von jeweils fünfzig
Metern, und wird deshalb niemals mehr überschwemmt – oder wurde
es bis jetzt nur einmal, bei dem großen Februar-Blizzard von 78. Das
Wetter scheint heutzutage al gemein ruhiger zu sein: es gibt kaum
noch Gewitter.
Jenny Gabriel ruht zusammen mit ihren Eltern unter poliertem
Granit, der nicht über das gestutzte Gras hervorragt, in der neuen
Abteilung des Cocumscussoc-Friedhofs. Chris, ihr Bruder und Sohn
mit seinem engelhaften Gesicht und seiner Vorliebe für Comics,
wurde vom New Yorker Sodom verschluckt. Die Anwälte glauben
inzwischen, daß Darryl Van Horne ein angenommener Name war.
Und doch existieren etliche Patente unter diesem Namen. Bewohner
des Apartmenthauses haben mysteriöse, knackende Geräusche aus
einigen der bemalten Fensterbrüstungen gemeldet – und Wespen, die
an Schock verendeten. Die Einzelheiten des finanziellen
Durcheinanders liegen in Stahlkammern und Schreibtischschubladen
vol er alter Protokol e vergraben, verschlammt schon nach so kurzer
Zeit und nur von geringem Interesse. Denn von Interesse ist nur, was
der Geist zurückhält, was unsere Leben der Luft überantwortet haben.
Die Hexen sind fort, verschwunden; wir waren nur ein Interval in
ihren Leben, wie sie in den unsrigen. Doch so wie Sukies blaugrüner
Geist noch immer das sonnendurchglühte Straßenpflaster heimsucht
und Janes schwarzer Umriß am Mond vorbeiflitzt, haben die
Legenden jener Tage, da sie prächtig und frevelnd leibhaftig unter uns
weilten, den Namen der Stadt im Munde der Fremden gewürzt, und
    jenen von uns, die weiterhin hier leben, haben sie etwas Längliches,
Unsichtbares, Aufregendes hinterlassen, das wir nicht verstehen. Wir
treffen es an der nächsten Ecke, da, wo die Hemlock Lane auf die
Oak Street stößt; es ist da, wenn wir, außerhalb der Saison, am Strand
entlangwandern und der Atlantik in seiner Schwärze das dicht
gepackte Grau der Wolken spiegelt: ein Skandal, das Leben wie
aufsteigender Rauch zur Legende verdreht.

    Zen tau r 2 009 -05 -06
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