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Die Hexe aus Burgund: Historischer Roman (German Edition)

Die Hexe aus Burgund: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Hexe aus Burgund: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Roswitha Hedrun
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dort hattet ihr Zwei als Siglind und Gudrun gelebt, und dort spielt sich auch der größte Teil unserer Geschichte ab. Dann konzentriert euch jetzt auf den Sommer des Jahres 478 n. Chr. Das Kristall wird nunmehr auf meine Eingebungen reagieren, indem es meine Schilderungen widerspiegelt.“
Aus Rücksicht auf Bärbel lässt der Falke mit seiner übersinnlichen Kraft die Stadt nur allmählich sichtbar werden. Zunächst beginnen die Prismen zu knistern, bald auch in mehr und mehr Farben aufzublitzen, bis sich schließlich aus dem Bunt ein Bild formiert hat. Die Frauen erkennen aus der Vogelperspektive Frowang, das beidseitig eines Flusses angesiedelt und statt von einer erdrückenden Stadtmauer, von einem Wald, mit hier und da einem hölzernen Wachtturm darin, umringt ist. Bärbel glaubt, noch nie eine solch freie, luftige Stadt gesehen zu haben, und ehe ihr bewusst wird, dass sie seinerzeit ja selbst hier gelebt hatte, fordern des Falken weitere Erläuterungen ihre Aufmerksamkeit:
„Die Residenzstadt der alemannischen Sveben“, hört sie ihn sagen. „Zwischen ihrem vielen Grün und den reizvollen Fachwerkhäusern, die alle von Gärten umringt waren, flossen der Main sowie mehrere Bachzuflüsse, und die lang gezogene Flussinsel war eine der Frowanger Festwiesen. Die größte Geschäftigkeit herrschte stets an den beiden Flussufern, die mit drei Holzbrücken und einer einst von Römern erbauten Steinbrücke miteinander verbunden waren. Am Südufer befanden sich die Wasch- und Bleichplätze, die Back-, Räucher- und Lagerhäuser und ein Stück weiter westlich Schiffsanlegeplätze für fremde Handelsschiffe, die gelegentlich vom Rhein hierher teils getreidelt, teils gerudert kamen. Am Nordufer entlang breitete sich dagegen ein gepflegter Park aus, der Lieblingsaufenthalt der rund vierzigtausend Frowanger, besonders bei ihren Festen und Bürgerberatungen, die die naturfreudigen Kelten fast ausschließlich im Freien abhielten.“
Unterdessen ist die Stadt im Spiegel näher und näher gerückt, sodass die Betrachterinnen jetzt aus waagrechter Perspektive in die belebten Gassen blicken können. Sie staunen über die vielen Menschen hier, es ist, als spiele sich deren Leben ausschließlich vor den Haustüren ab. Frauen, Männer und Kinder in bäuerlich anmutender Sommerkleidung beschäftigen sich in ihren Gärten oder gehen durch die auffallend breiten Gassen, wobei sie freundliche Grußworte miteinander tauschen. Die hier herrschende heitere Stimmung steckt Hildegard und Bärbel an, weshalb der Falke ein wenig wartet, ehe er einen gänzlich anderen, eher vornehmen Stadtausschnitt in das Kristall transferiert, wozu er ihnen erklärt:
„Hier strahlt uns jetzt in Weiß der seinerzeit über fünfhundert Jahre alte Alemannenpalast entgegen. Ein sechseckiger, dreigeschossiger Rundbau voller Blumenfenster, wobei natürlich alle damaligen Fenster scheibenlos und während der warmen Monde - Monate - völlig offen waren. Gegen ihn wirkte das direkt daneben gelegene, halbverfallene Palastgebäude regelrecht traurig, auch wenn es einstmals ein Ebenbild des anderen, sein Zwillingsbruder gewesen war. Zum Glück sollte diese Ruine demnächst von dem hier ansässigen, weit bekannten Baumeister Erik - er war Siglinds Vater - im alten Stil und Glanz wieder neu errichtet werden. Das erhalten gebliebene Gebäude barg das Alemannengold, den reichsten Staatsschatz aller Keltenstämme. Schon so mancher fremde Herrscher hatte diesen Schatz zu erobern getrachtet, jedoch vergeblich, denn er war, wie man sich erzählte, durch Zauberkraft geschützt. Ob nun durch Zauberkraft oder sonst wie, gut geschützt war er in der Tat, da es nicht mal den einstigen römischen Besatzern gelungen war, ihn zu erbeuten. Aber nicht alleine dieses Schatzes wegen galt Alemannien als reich, auch das Volk selbst trug dazu bei, denn es war von alters her fleißig und, vorwiegend die Frowanger, auch handelstüchtig. Nun, in diesem Schloss wirkte die alemannische Regierung, und ihr Fürstenpaar waren Hilibrands Mutter und deren Bruder, Waldurs Vater. Da sich Waldurs Vater aber darüber hinaus auch mit bestem Erfolg für die anderen fünf im gesamten Keltenreich verteilten svebischen Sippenstämme eingesetzt hatte, war er vor kurzem zum Ehrenkönig aller Svebenstämme ernannt worden, was ihm hohes Ansehen eintrug.
Damit habe ich euch den seinerzeitigen Stand der Dinge dargelegt, an dem unsere Geschichte gleich anknüpfen wird.“
Das Bild von Frowang verschwimmt, und wenig
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