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Die Hexe aus Burgund: Historischer Roman (German Edition)

Die Hexe aus Burgund: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Hexe aus Burgund: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Roswitha Hedrun
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raumlose, zeitlose Unendlichkeit. Und was birgst du für unzählige Geheimnisse.
    N ach eineinhalb ebenso arbeitsreichen wie nachdenklichen Tagen befindet sich Bärbel am Nachmittag wieder auf dem Weg zum Hollerhof. Sie ist aufgeregt, mehr noch, sie schämt sich vor dem Falken. Wie habe sie sich vorgestern nur aufgeführt, wirft sie sich vor, wie ein ungezogenes Kind. Wird es ihm überhaupt recht sein, dass sie heute wieder erscheint?
Doch vor dem Hollerhof verfliegen ihre Bedenken, denn Hildegard und der Falke begrüßen sie mit heller Herzlichkeit. Der Falke, heute ohne Narrenkappe und -kragen, bringt ihr zur Laute sogar ein Willkommensständchen dar, was die Stimmung noch erhöht, und anschließend gehen die Drei lachend und plaudernd die Stiege hinauf. In Hildegards hübsch mit Frühlingssträußen dekorierter Guten Stube nehmen sie Platz, die Frauen wieder auf der rotbezogenen Kissenbank und der Falke ihnen gegenüber auf einem Hocker. Derweil fließt ihre Unterhaltung munter fort und wird bald so vertraut, als seien alle Drei seit Ewigkeit miteinander befreundet. Das sind wir wohl auch, meinen die Frauen, denn beiden ist klar geworden, dass auch der Falke seinerzeit gelebt und sie gut gekannt haben musste, und mit Bärbels Vision, mutmaßen sie, habe er erreichen wollen, dass sie ihn wieder erkennt. Wer aber war er damals? Bärbel denkt an ihren Ritter Hilibrand, schiebt den Gedanken jedoch, so sehr er sich ihr auch aufdrängt, beiseite.
Nach einer halben Stunde findet es Hildegard an der Zeit, das Gespräch auf den Hexenprozess zu lenken. Doch sowie sie damit beginnt, verschließen sich des Falken bis eben noch so lebhafte Lippen. Er äußert sich mit keinem Wort zu diesem Thema, beantwortet den Frauen nicht eine Frage, stattdessen ziehen sich seine Brauen immer unwilliger zusammen.
Erst als sie ihn nicht mehr bedrängen, wirft er Bärbel vor: „Du enttäuschst mich. Offensichtlich hast du dich nur oberflächlich mit deiner Vision beschäftigt, sonst würdest du heute anders über diesen Prozess denken, zu dessen öffentlicher Verhandlung es dich doch, wie du vorhin betont hast, so unwiderstehlich hingezogen hat.“ Inzwischen aufgestanden, schreitet er jetzt in seiner vollen Größe in der Stube auf und ab, ohne seine Vorhaltungen zu unterbrechen: „Zumindest hätte dir die Beklagte nach dieser Vision bekannt vorkommen müssen. Denn sie ist in jenem Leben eine bedeutende Frau gewesen, die sogar dir und Siglind mehrmals begegnet war. - Hat dir das nicht dämmern können?“
Die Frauen blicken betroffen unter sich, während er sich seitlich an die Fensterbank lehnt und wieder schweigt. Nicht lange, und Hildegard beginnt nervös an ihren rötlich-blonden Zöpfen zu fingern, sie kämpft mit sich. Bis sie sich ein Herz fasst, zu ihm tritt und ihn frei heraus fragt: „Kannst du der Ärmsten nicht helfen, Falke? Wir setzen doch alle Hoffnung auf dich.“
Der reagiert nicht auf diese Bitte, schaut weiterhin stumm aus dem kleinen Sprossenfenster.
Schließlich lässt er vernehmen: „Nach dem, was ihr mir eben bewiesen habt, müsste ich eher euch helfen.“
„Uns? Wie, wie meinst du das?“, stottert Hildegard, worauf er sich ihr zuwendet und deutlicher wird:
„Euren Erinnerungen nachhelfen, euch die Augen öffnen, damit ihr die wahren Zusammenhänge seht, so meine ich das. Klar, dass euch das Schicksal gerade dieser Jungfer so bewegt, doch ohne die Hintergründe zu kennen, ein Resultat aus jener Zeit, kämt ihr nie darauf, wie in diesem Fall nur geholfen werden könnte - wenn überhaupt.“
Jetzt schaltet sich Bärbel ein, hinten von ihrer Kissenbank her bittet sie den Falken: „Dann könntest du uns doch darauf bringen, uns einfach aus diesem Leben erzählen, dann erinnern wir uns bestimmt an alles. Ich gäb ohnehin was drum, mehr von damals zu erfahren, vor allem von uns dreien und jetzt natürlich auch von der Angeklagten.“
„Und ich ebenfalls“, schließt sich Hildegard an.
Des Falken Gesicht hat weiche Züge angenommen. Er beginnt zu überlegen. Um den Frauen ihren Wunsch zu erfüllen, bedenkt er, müsse er sie tief in die Welt ihrer Vorfahren geleiten. In die zwar schlichte, dabei jedoch zauberreiche Keltenwelt voller Naturgeister, Heilswesen und Dämonen, in der sie selbst einst gelebt, ja, an der sie mitgewebt hatten. Ob sie diesem Rückblick gewachsen seien? - Wird sich erweisen, meint er schließlich und kündet ihnen an: „Schön, ich bin bereit, euch einen umfangreichen Einblick in dieses Leben
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