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Die Hexe aus Burgund: Historischer Roman (German Edition)

Die Hexe aus Burgund: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Hexe aus Burgund: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Roswitha Hedrun
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lassen sich`s schweigend schmecken, während beider Gedanken um den Falken kreisen. Er ist ein sonderlicher Geselle, mit den verschiedensten Gesichtern. Mal tritt er als Gaukler auf, dann wieder als edler Hofsänger, wobei er in Fürstenhäusern ebenso zuhause ist wie auf Komödienbühnen oder auf der Straße. Niemand weiß woher er stammt und wie sein wahrer Name lautet. Falke wird er genannt, weil er ständig durch die Lande zieht, überwiegend damit beschäftigt, den hohen Herren mit scharfem Blick hinter die Stirn zu schauen, um sie gegebenen Falls auf seine Weise zu maßregeln. Und ein jeder achtet ihn. Fast jeder, denn einige missgünstige Zungen verbreiten, der Falke verfüge nicht nur über das zweite Gesicht, sondern betreibe bisweilen auch unchristliche Zaubereien. Doch diese Schmähversuche steigern eher das Interesse der Menschen an seinen Künsten.
Jetzt kommt Hildegard ein Gedanke - ob er wegen des Hexenprozesses hierher gereist ist? Womöglich, um sich der Angeklagten anzunehmen? Nicht zum ersten Mal würde er ein Opfer aus den Fängen der Inquisitoren befreien. Sie fragt Bärbel, ob die Angeklagte denn tatsächlich noch ein halbes Kind sei, was Bärbel ihr mit bitterem Ausdruck bestätigt:
„Ja, Hildegard, ich schätze sie nicht älter als deine Johanna.“
Wieder an den Prozess erinnert, legt Bärbel ihren angebissenen Kreppel zurück auf die Schale, tupft sich den Zuckerrest von den Lippen und beginnt zu berichten:„Du hättest sehen sollen, wie hilflos die Kleine auf ihrem Sündenschemel gekauert hat, mitten in diesem dichtbesetzten Saal. Das blonde Haar hatten sie ihr kurz geschoren, ihr Hals war eine einzige Wunde, und immerzu hat sie sich ihre blutunterlaufenen Handgelenke gehalten.“ Es dauert etwas, ehe Bärbel weiter zu sprechen vermag: „Und dann dieses Verhör. Ich kann dir den Zynismus des Inquisitors und seiner zwei Beisitzer da oben auf ihren Richterstühlen nicht wiedergeben. Alles was die Magd ausgesagt hat, haben sie laut lachend verhöhnt oder so verdreht, dass es jetzt gegen sie spricht. Heute kann ich es kaum fassen, aber sie haben die Sachlage zu guter Letzt so hingestellt, als habe die Kleine die Mönche nacheinander durch Hexerei zur Unzucht verleitet und sie anschließend, jeweils gegen einen erhofften Judaslohn, bei der Klosterverwaltung angezeigt.“
„Och, die hilflosen Mönche“, entfährt es Hildegard spöttisch, „Opfer einer Maid!“
Bärbel, deutlich von der Schilderung berührt, fügt nach kurzer Pause hinzu: „Für die Hauptverhandlung wird ein Großinquisitor angefordert, der über die Maid schließlich das Gottesurteil fällen soll.“
„Das Gottesurteil, auch er wird sie für schuldig erklären“, bemerkt Hildegard mit böser Vorahnung.
Bärbel muss schlucken ehe sie herausbringen kann: „Glaubst du, er wird sie zum - zum Feuertod verurteilen?“
Darauf legt ihr Hildegard tröstend den Arm um die Schultern: „Darüber wollen wir gar nicht erst nachdenken. Vielmehr erinnere ich dich an etwas - der Falke ist doch noch nie ohne triftigen Grund hier aufgetaucht, stimmt’s? Und diesmal geht es ihm sicher um den Prozess, vielleicht will er ja der Angeklagten beistehen, ist doch möglich.“ Dieser Gedanke lässt Bärbel aufmerken, weshalb Hildegard sie mit zuversichtlichem Ausdruck anregt: „So, meine arme, völlig mitgenommene Bärbel, und jetzt verschmausen wir erst in Ruhe die Kreppel. Weißt doch, Süßes vertreibt bittere Gedanken. Und anschließend beratschlagen wir, ob und wie wir den Falken auf den Prozess ansprechen, ja?“
Bärbel nickt erleichtert.
Während sich die Frauen dann über ihr Vorhaben bereden, spiegelt sich in ihren Gesichtern immer deutlicher die Hoffnung, der Falke werde sich erfolgreich für die Magd einsetzen.
    D rei Tage nur hat Bärbel auf die persönliche Begegnung mit dem Falken warten müssen, und heute Abend lernt sie ihn in Hildegards Schänke tatsächlich erst richtig kennen. In seinem bunten Narrenkostüm hat er die über vierzig hiesigen Dörnheimer in Hochstimmung versetzt. Zur Eröffnung einen schmissigen Trompetenvortrag, klärt er jetzt die Gäste mit kurzen Theaterszenen über die derzeit infamsten politischen Lügen im Frankenland auf, nicht aber, ohne sie zwischendurch mit seinen Narreteien zu ergötzen. Bärbel ist so mitgerissen, dass sie bei seinen anschließenden Liedervorträgen zusammen mit einigen anderen die Refrains mitträllert.
Verständlich, dass keiner der Gäste nach zwei Stunden das Ende der
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