Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Hexe aus Burgund: Historischer Roman (German Edition)

Die Hexe aus Burgund: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Hexe aus Burgund: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Roswitha Hedrun
Vom Netzwerk:
Hildegard!“
„Grüß dich, meine Liebe!“
Die Freundinnen umarmen sich, und damit Bärbel gar nicht erst auf den Gedanken kommt, gleich all ihren Käse vorzuführen, bittet Hildegard sie im nächsten Moment hoch in ihre Wohnung.
Auf dem Tisch der Guten Stube hat Hildegard eine Schale mit frischgebackenen Zuckerkreppeln zurechtgestellt, und kaum haben die Frauen auf der rotbezogenen Kissenbank Platz genommen, fordert Hildegard Bärbel auf: „Und jetzt nimm endlich dieses grässliche Altweibertuch vom Kopf! Schlimm genug, dass du es seit neuestem draußen immer trägst.“
Darüber erregt sich Bärbel, und während sie sich das braune Tuch von ihrem hellblonden Kopf bindet, hält sie Hildegard vor: „Du weißt so gut wie ich, dass man heute schon wegen einer verdächtigen Haarfarbe hinter Gitter kommen kann. Außerdem wünschen jetzt die Priester, dass alle Frauen dunkle Tücher tragen.“
„Sollen sie“, reagiert Hildegard darauf trotzig, greift sich mit beiden Händen in ihr hochgestecktes, rötlich-blondes Haar und zieht die Hornnadeln heraus, sodass ihr die Zöpfe lang in den Rücken fallen, wobei sie ankündigt: „Ich jedenfalls werde weiterhin meine hellen Kopfbedeckungen tragen, ausschließlich, selbst zum Kirchgang.“
„Oh, Hildegard, du bist immer so leichtsinnig.“
Nicht leichtsinnig, nein. Hildegard ist sich sicher, dass die hiesigen Kirchenherren, die nirgends mehr solch delikate Speisen serviert bekämen wie bei ihr, sie allemal verschonen würden. Sie überhören ja sogar, dass Neider sie als Kräuterhexe bezeichnen. Wobei sie tatsächlich eine ist, eine vortreffliche sogar. Aber das laut zu äußern ist boshaft, da jeder weiß, dass eine Kräuterhexe zu sein als ketzerisch gilt. Das hält Hildegard jedoch nicht davon ab, sich weiterhin in den oft ungewöhnlichsten Winkeln der Umgebung ihre Kräuter zu pflücken. Nicht alleine für den Kochtopf, vielmehr bereitet sie aus einem Großteil nach uralten Rezepten allerlei Arzneien her. Die verschenkt sie dann an Kranke, und was übrig bleibt, bewahrt sie in ihrer geheimen Dachkammer auf, die sie, außer vom ‚Falken’, von niemanden betreten lässt, nicht mal von der so sehr an Arzneiherstellung interessierten Bärbel. Denn in jener Kammer birgt sie auch von ihrem Vater geerbte alchimistische Gerätschaften, die Bärbel erschrecken könnten.
„Erzähl mir von der gestrigen Verhandlung“, bittet Hildegard ihre Freundin jetzt, die aber will sie zuvor mit einer Neuigkeit überraschen:
„Zuvor was Erfreuliches - der Falke ist wieder da.“
„Der Falke? Nein! Seit wann denn?“
„Seit gestern“, sagt ihr Bärbel. „Als wir Zuhörer das Gerichtshaus verließen, kam er uns in seiner knallbunten Narrenkleidung und mit ausgebreiteten Armen entgegen. Dann aber hat er nicht wie sonst Possen vorgeführt, sondern zur Laute alte Volksweisen gesungen. Und zum Abschluss, Hildegard, hat er vor all den vielen dort Versammelten ein Spottlied über einen Großinquisitor vorgetragen. Ich sage dir, das war äußerst gewagt, besonders nach diesem Prozess.“
„Ja, der Falke scheut vor nichts zurück. Ein Glück, dass es noch Männer wie ihn gibt.“
„Das stimmt“, nickt Bärbel, „er macht uns allen Mut. Später habe ich ihn dann auch auf seinem bepackten Pferdegespann zur Marienburg hochkutschieren sehen, sicher wieder zum Fürstbischof persönlich.“ Jetzt wird ihr Blick erwartungsfreudig, und sie fragt Hildegard: „Ob er die nächsten Tage wohl wieder bei dir logieren wird? Du weißt doch, wie gerne ich ihn näher kennen lernen und vielleicht auch etwas von seinem Geheimwissen erfahren würde.“
Darauf muss Hildegard schmunzeln, da sie Bärbels Wissbegier an dem von der Kirche streng untersagten Okkultismus nur allzu gut kennt. Hildegard, die von ihrem verstorbenen Vater in jene Geheimlehre eingeweiht worden ist, hat Bärbel zwar schon so manche diesbezügliche Frage beantwortet, war damit jedoch nicht selten auf ihre Skepsis gestoßen, und nun hofft Bärbel offensichtlich, von dem Falken Glaubwürdigeres aus dieser Lehre zu erfahren. Sie bestärkt Bärbels Hoffnung: „Diesmal sollst du das. Der Falke verbringt bestimmt wieder einige Tage in meinem Haus, und wenn du dann an dem von mir angekündigten Abend mit unseren Dörflern in die Schänke kommst, wirst du ihn erst richtig erleben, da nimmt er nämlich kaum noch ein Blatt vor den Mund. - Aber nun lass uns zugreifen“, lächelt sie und reicht Bärbel die Schale mit den Kreppeln hin.
Die Frauen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher