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Die Hexe aus Burgund: Historischer Roman (German Edition)

Die Hexe aus Burgund: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Hexe aus Burgund: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Roswitha Hedrun
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Wortsinn blauäugig. Allen voran Waldur in seinen jungen Jahren. Waldur war deshalb nicht einfältig, das dürft ihr daraus nicht schließen, er war eben naiv, und zwar haarsträubend oft. Für mich unbegreiflich, dass ausgerechnet dieser Tollpatsch die Augen so vieler Jungfern zum Leuchten brachte.“
„Das kannst du als Mann nicht verstehen“, belustigt sich Hildegard. „Ja, soweit ich mich erinnere, war er oft schon peinlich ungeschickt, doch immer reizend dabei. Und zum verrückt werden attraktiv. - Nun aber, Falke, erkläre uns bitte, wo genau das Alemannenreich lag.“
„Gerne. Es erstreckte sich über das gesamte Maintal, bis über den Rhein hinaus, im Norden grenzte es an die Lahn und im Süden an den Alpenrand. Alemannien gehörte zu den größten Sippenstämmen. Viele andere Reiche maßen gerade die Größe unseres heutigen Würzburgs mit seinem Umland. Auch das von Chlodwigs Eltern, Salien, mit seiner einzigen Stadt Tournai und einigen Dörfern ringsum. - Jetzt aber will ich endgültig auf unsere Geschichte zurückkommen, einverstanden?“
Die Frauen bejahen, und nachdem sie sich dazu auf ihren Stühlen zurechtgesetzt und ihren Blick wieder auf das Kristall gerichtet haben, legt ihnen der Falke nahe:
„Fühlt euch langsam in die Denkweise der damaligen Menschen ein, vornehmlich in die von Waldur. Das mag euch jetzt widersinnig erscheinen, aber gerade Waldur, der seine zeitweilige Unbeholfenheit nie gänzlich verlor, erwarb sich im Laufe der Jahre beachtliches Wissen, verbunden mit Seelenreife. Wenn es euch gelingt, euch in Waldurs späteren Jahren tief in seine Gedankengänge einzufinden, dann erschließen sich euch ungeahnte Welten. Und eins sei euch außerdem angeraten, so unbeschwert unsere Geschichte beginnt, seid auch gefasst auf vernichtende Schwarzmagie und andere Grausamkeiten seitens einiger Kelten, die damit ganze Länder zerstört haben, und derentwegen wir jetzt hier vor dem Spiegel sitzen.
Zurück nun zu den beiden Ausreißern Waldur und Chlodwig. Es war bereits stockfinster, als die Burschen endlich von ihrer Taunustour zurückkehrten. Schuldbewusst schlichen sie sich durch den Hintereingang in den Alemannenpalast und dann auf Zehenspitzen die Treppen hoch bis in das Dachgeschoß zu Waldurs Schlafkammer. - Ob ihren Eltern ihr langes Fernbleiben aufgefallen war? Sie mussten es befürchten.
Am Morgen drauf erfuhren sie jedoch statt der befürchteten Bestrafung eine Überraschung. Ihre Eltern eröffneten ihnen, sie sollten die Ritterausbildung antreten. Auf der Junkerschule in Salien, und zwar schon im folgenden Sommer. Darauf johlten die Burschen und pufften sich vor Freude in die Seiten - welche Aussicht, zwei Jahre täglich beisammen! Und Waldur freute sich darüber hinaus auf das Wiedersehen mit dem um eineinhalb Jahre älteren Hilibrand, der bereits seit letztem Sommer diese Schule besuchte.
Tags drauf reiste die salische Königsfamilie ab. Die Wartezeit begann - noch vier lange Monde. Zudem verlangten Waldurs Hauslehrer nun weit mehr von ihm als bisher, und als er darüber hinaus noch von seiner Ziehmutter, einer gotischen Druidin, erfuhr, dass er auf der Junkerschule nicht nur im Kämpfen, sondern weiterhin auch in Sprachen, Mathematik und allen Naturkunden unterrichtet wird, wurde er bis zum Schlafengehen zu jedermann bissig. Ja, Waldur, sonst eine solche Frohnatur, geriet leicht in Zorn, besonders als Bub. Doch seine zündende Lebensfreude brach stets rasch wieder durch und blühte diesmal umso heller auf, je näher der Sommer rückte.
    E ndlich, endlich war es soweit. Nach einer zwölftägigen Postkutschenfahrt erreichte er in der Stadt Tournai die Merowingerburg.
Dort wurde er von dem Königspaar, von Chlodwig wie auch von seinen Geschwistern aufs herzlichste begrüßt. Am Abend führten ihn dann Chlodwigs Eltern durch die drei Gebäude ihrer Residenz, einem kleinen altgallischen Königssitz, und zeigten ihm am Schluss Chlodwigs Stube, die er derzeit mit Hilibrand teilte, und in der nun auch für ihn eine Schlafstätte hergerichtet war.“
Während der Falke weitererzählt, wird seine Schilderung immer wirklichkeitsnäher. Dadurch ist den Frauen bald, als befänden sie sich selbst auf dem merowingschen Burggelände, das, obgleich geschmackvoll schön, hier, da und dort recht baufällig war. Und reichlich ungepflegt sei es ebenfalls, entdecken sie, noch nicht wissend, dass dies dem fränkischen Lebensstil entsprach.

Kapitel 2
Ab Frühsommer 479
    K einer war so großmäulig und
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