Die Hexe aus Burgund: Historischer Roman (German Edition)
aus der Hecke Gerds Weinen vernehmen, meinte er und fürchtete ein Donnerwetter. Doch nichts dergleichen, der Merowinger bestieg bereits sein Ross mit dem Ausruf: „Dann in die Sättel, Kameraden, und auf zum Turnier!“
I m Stadion drängten sich bereits in bester Stimmung die Zuschauer. Der Merowinger begab sich umgehend hinter die Arena zu den Kampflehrern und den jungen Akteuren, während Chlodwig Waldur zur Ehrentribüne hochführte, wo lange schon ihre Mitschüler saßen.
„Da seid ihr ja endlich!“ „Mensch, kommt ihr spät!“, empfingen die Burschen sie, und Fergus, ein Bretone, erkundigte sich: „Ist dein Vater auch endlich da?“
„Mais oui, was denkst denn du?“, spielte Chlodwig den Empörten. „Und jetzt zeige mir, welche Plätze ihr uns freigehalten habt.“
„Ganz nach deinem Wunsch, Floh, auf der vordersten Bank in der Mitte.“
„Tr�s bien, mein Stammplatz“, näselte Chlodwig.
Waldur und Chlodwig stiegen die Holzstufen hinab zur vordersten Bank. Wie sie aber zu den Mittelplätzen hineinrückten, entdeckte Waldur zwei Reihen dahinter Gerd. „Da ist ja Gerd“, stieß er Chlodwig an, und der tat ganz erstaunt:
„Tatsächlich.“
„Wann und wie ist der nur hierher gekommen?“
„Ist mir schleierhaft.“
Im Sitzen wandte sich Waldur nochmal nach Gerd um - und da klickte es bei ihm, worauf er Chlodwig anfauchte: „Lügner, du! Der trägt gar keine Reisekleider, war wieder alles erlogen!“ Er hob drohend die Fäuste, doch Chlodwig verstand, ihn zu bremsen:
„Reiß dich gefälligst zusammen hier, mon p�re betritt jeden Moment die Arena!“
Vor Schreck über diese Ankündigung erschlafften Waldurs Fäuste und er setzte sich in angemessener Schülerhaltung auf der Bank zurecht.
Wenig später ritt der Merowinger unter Fanfaren in die Arena ein und erklärte das Turnier für eröffnet. Und kaum hatte der König die Arena wieder verlassen, brach unter den überwiegend jugendlichen Zuschauern Applaus aus, denn nun marschierten die jungen Kämpfer, ausgestattet mit mannshohen Schilden und abgestumpften Wurfgeren, ein.
„Da, der lange Hilibrand“, deutete Chlodwig nach unten, beugte sich über die Brüstung und brüllte mit seiner metallenen Stimme durch den Applaus zu ihm hinab: „ H i l i b r a a a a a n d ! “
Durchdringender hätte keiner brüllen können, und prompt blickten auch alle Jünglinge zu Chlodwig hoch, der ihnen stolz von der Ehrentribüne her zuwinkte. Ein großer Augenblick für den kleinen Chlodwig.
Unterdessen waren die Jünglinge weiter marschiert, und während sie sich in zwei Reihen gegeneinander aufstellten, wurde es im Publikum wieder still. Chlodwig drehte schräg seinen Kopf zu Waldur hoch, um ihm mit wichtiger Miene anzukünden: „Du wirst staunen, was unsere Lehrer aus deinem albernen Cousin gemacht haben.“
„Wieso?“
„Weil er von allen der Beste ist.“
„Der Beste?“, wiederholte Waldur ungläubig und winkte dann ab, „kannst du mir nicht erzählen.“
„Ist er doch. Aber jetzt pass auf, sie fangen an.“
Ein Pfiff, und die Kämpfer warfen ihre angehobenen Gere los, und dann prallten die Geschosse dröhnend und scheppernd an den gegnerischen Eisenschilden ab. Den angekommenen Ger hinter dem Schild aufheben, ihn abwerfen, den nächsten ranholen, abwerfen - die Geschosse sausten nur so hin und her.
„Bah, die kämpfen ja wie die fertigen Junker“, staunte Waldur mit rotglühendem Kopf, was Chlodwig zum Prahlen animierte:
„Klar doch, das lernt man fix bei uns. Aber bis zu den Winterferien beherrschen wir Zwei das auch.“
„Kuck dir den Hilibrand an“, ereiferte sich Waldur, doch Chlodwig tat das ab:
„Das ist noch gar nichts, du musst den Knaben erst mit dem Schwert hantieren sehen, da platzen dir die Augen aus den Höhlen.“
Diesmal hatte der Aufschneider nicht übertrieben, denn als übernächste Darbietung maß sich Hilibrand im Schwertkampf mit einem Friesen, worüber die Augen aller Zuchauer aus den Höhlen zu springen drohten. Hilibrand umtänzelte seinen Gegner wie eine Wildkatze, lachte und zwinkerte ihn herausfordernd an, zuckte blitzschnell in Deckung und schlug oftmals gleichzeitig zu. Der Friese landete kaum einen Treffer, Hilibrand dagegen fast alle. Und als der Friese in seiner Verzweiflung zu einem Gewalthieb ausholte, streckte Hilibrand ihn mit einem gekonnten Schwertstoß zu Boden. Sogleich den Fuß auf die Brust des Daliegenden, erhob er strahlend zum Sieg das Schwert.
„Bravo, grandieux, bravo!“, kam es darauf
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