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Die Hexe aus Burgund: Historischer Roman (German Edition)

Die Hexe aus Burgund: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Hexe aus Burgund: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roswitha Hedrun
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begeistert vom Publikum, was der etwas eitle Hilibrand sichtlich genoss.
Waldur starrte nur fassungslos zu ihm hinunter, und Chlodwig warf ihm triumphierend vor: „Hast deinem besten Freund mal wieder nicht glauben wollen.“
    E inen Tag nach dem Turnier begann für die Burschen ihre knapp zweijährige Junkerausbildung. Ja, ich habe Junkerausbildung gesagt, denn dreiviertel der Absolventen einer solchen Schule trat anschließend stets als Offiziersanwärter in den Soldatendienst. Nicht aber die angehenden Ritter, die sahen nach bestandener Junkerprüfung ihrer eigentlichen, nochmal fünf- bis achtjährigen Ausbildung erst entgegen, wobei es sich um eine solch anspruchsvolle Ausbildung handelte, dass sie stets nur wenige bis zu Ende durchstanden.
Ob sie wohl Waldur und Chlodwig erfolgreich beenden werden? Noch waren sie überzeugt davon und waren mit ihren Kameraden voller Enthusiasmus beim Unterricht. Vormittags draußen in der Kampfschule und nachmittags in einem Pavillon neben der Schülerherberge beim Allgemeinunterricht.
Natürlich entfachten die Kampfübungen ihre größere Begeisterung. Selbst bei Chlodwig, der sich wegen seiner Schmächtigkeit zwar mehr anstrengen musste als jeder andere, dem jedoch sein Ehrgeiz half, wenigstens ein mittelmäßiger Kampfschüler zu werden, wobei sich zu seiner Beglückung unter seiner Haut endlich Muskeln zu wölben begannen. Wäre ihm aber auch hart angekommen, hätte er im Schatten seiner Kameraden stehen müssen, er, der Sohn des Merowingers.
Ohne Anstrengung dagegen stand Chlodwig im Allgemeinunterricht vor allen anderen an der Spitze. Lediglich in den Fremdsprachen musste er sich seine Führungsposition mit Waldur teilen. Denn Waldur lernte - und darüber staunte Chlodwig nur so - mühelos Römisch und Griechisch, und mit den Schülern unterhielt er sich bald in deren Mundarten, hauptsächlich in Bretonisch, Burgundisch und Friesisch, da aus diesen Ländern die meisten Schüler stammten.
Chlodwig tat das nicht, non! Chlodwig sprach ausschließlich fränkisch, denn das Fränkische sei, behauptete er, die reinste und edelste keltische Mundart. Das hatte er sogar im Römischunterricht verlauten lassen, worauf ihn der Lehrer darauf hingewiesen hatte, dass in das Fränkische aber doch, durch die Jahrhunderte lange römische Besatzung, etliche römische Worte eingeflossen seien. Doch Chlodwig, der nichts und niemanden mehr hasste als die hiesigen Besatzer, hatte energisch widersprochen: „Römische Worte? Nicht eins. Die paar bei uns eingeflossenen Worte stammen aus dem Latinischen und Etruskischen, also dem Südkeltischen, von dem dieses Kitschrömisch abgeleitet ist.“
Er hatte gewusst, dass ihm der Lehrer diese Behauptung nicht widerlegen konnte. Also, non, Chlodwig befleißigte sich ausschließlich seines edlen Fränkischs. Dabei hätte er durchaus anders können, doch fremde Mundarten wandte er allenfalls an, um einen Mitschüler damit aufzuziehen. Am liebsten Waldur. Als der eines Abends mit einem Brief seines Vaters dasaß, fragte er ihn frech von hinten über die Schulter: „Ei, was schreibt dann dei liebsch Papale?“
„Geht dich nichts an.“
„Ei, doch gehtsch mich was an, bin doch dei Blutsbrüderle, gell?“
Er musste seinen Freund hin und wieder pieksen, damit der ja nie merke, wie sehr er in Wahrheit an ihm hing und ihn sogar bewunderte, vornehmlich für seine übersinnlichen Fähigkeiten. Allerdings trieb ihn auch Neid dazu an, weshalb er für diese Pieksereien gelegentlich bösartige Spitzpfeile verwandte, die den feinfühligen Waldur stets entsprechend verletzten.
    V om Herbst an wurde das Unterrichtsprogramm der Junker erweitert. Sie erhielten nun auch Reitstunden auf dem Parcours und lernten vom Stallmeister die rechte Pferdepflege, für Waldur, dem geborenen Pferdenarren und Reitkünstler, beides das größte Vergnügen. Außerdem wurden sie auf ihre bevorstehenden Manöver vorbereitet wie auch auf die Situation, mal für mehrere Wochen oder gar Monde draußen im Freien auf sich alleine gestellt zu sein.
In seiner Freizeit erforschte Waldur Tournai, das sich grundlegend von dem grünenden, etwas ländlichen Frowang unterschied. Er war hier in eine andere Welt geraten. Tournai bestand überwiegend aus hohen, oft uralten Steinhäusern, die sich so dicht aneinander drängten, als wollten sie sich gegenseitig ihre Standorte streitig machen. Einerseits fand er diese Bauweise imposant und andererseits engte sie ihn ein, zumal Tournai, wie alle

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