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Die Herrschaft der Orks

Die Herrschaft der Orks

Titel: Die Herrschaft der Orks
Autoren: Michael Peinkofer
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Missbrauch konnten es gefährlich werden lassen – eine Einsicht, die Baugulf ebenfalls aus den Gesetzen der Verwandlung gewonnen hatte.
    So wie es möglich war, Eisen zu Gold zu veredeln, konnten auch Gedanken und Ideen einer höheren Bestimmung zugeführt werden und auf diese Weise dem Wohlstand und dem Fortschritt des Volkes dienen – und Baugulf war überzeugt, dass er diesem hohen Ideal genügte. Die Stimme, die aus seinem Inneren zu ihm sprach, war der beste Beweis dafür …
    »Nun?«
    Baugulf zuckte zusammen. Anfangs hatte er an seinem Verstand gezweifelt und geglaubt, zu viele beißende Dämpfe eingeatmet zu haben. Doch wenn die Stimme nur eingebildet war, wie kam es dann, dass sie ihm über Jahrtausende verborgenes Wissen enthüllte?
    »Hast du getan, was ich dir aufgetragen habe?«
    »Jawohl«, bestätigte Baugulf beflissen, wobei seine Worte von der niederen Decke widerhallten. Anfangs war es ihm seltsam vorgekommen, sich selbst laut sprechen zu hören, inzwischen dachte er sich nichts mehr dabei. »Ich habe alles getan, was Ihr mir aufgetragen habt. Ich habe die Substanzen getrocknet, gemahlen und im von Euch befohlenen Verhältnis vermischt.«
    Baugulf deutete auf den Mörser, der auf dem Tisch stand – ein schweres steinernes Gebilde mit einem ebenso aus Stein gefertigten Stempel. Ein Pulver befand sich darin, das seine dunkle Färbung hauptsächlich den fünf Teilen Holzkohle verdankte, die Baugulf nach Anweisung der Stimme darin vermahlen hatte. Die sieben Teile Salpeter, nach denen die Stimme außerdem verlangt hatte, waren nicht einfach zu beschaffen gewesen – Baugulf hatte sie in einem aufgelassenen Stollen in einem entlegenen Teil der Festung eigenhändig von der Felswand gekratzt.
    »Sehr gut«, anerkannte die Stimme. »So füge jetzt die nächste Ingredienz hinzu. Aber sei vorsichtig.«
    »Vorsichtig?«, fragte Baugulf und fügte hoffnungsvoll hinzu: »Könnte sich das Große Werk so schnell vollenden? Befürchtet Ihr, der Mörser könnte sich augenblicklich in Gold verwandeln?«
    »Sei vorsichtig«, beschied ihm die Stimme noch einmal eindringlich, und dies machte Baugulf klar, dass es besser war, die Warnung zu befolgen.
    Er trat an eine der in den Fels gehauenen Nischen und ging im grünen Schein der Lichtsteine die säuberlich aufgereihten Behälter durch. Sein Finger verharrte vor einer Flasche, die ein gelbes Pulver enthielt.
    Schwefel.
    Zu Beginn seiner Tätigkeit als Alchemist hatte Baugulf viel damit experimentiert, da er sich gut verarbeiten ließ und in Farbe wie Geruch deutliche (wenn auch wenig erbauliche) Reaktionen zeigte. Mit der Zeit hatte er ihn jedoch als unnütz verworfen – dass ausgerechnet Schwefel nun den Schlüssel zum Großen Werk bergen sollte, war eines jener unfassbaren Rätsel, mit denen die Natur sich umgab und so ihr geheimes Wissen vor jenen verbarg, die ihrer nicht würdig waren.
    Mit vor Aufregung bebender Hand nahm Baugulf die Flasche aus der Nische, trug sie zum Tisch und entkorkte sie. Sodann griff er zum Löffel, den er nach dem vorgegebenen Ritual säuberte und von magnetischer Kraft befreite, ehe er ihn in die Öffnung steckte.
    Fünfmal griff er damit hinein und gab das Pulver in den Mörser, vorsichtig, wie die Stimme es ihm aufgegeben hatte. Dann, nachdem er die Flasche wieder verschlossen und in die Nische zurückgestellt hatte, griff er zum Stempel und begann, die drei Substanzen miteinander zu vermischen.
    Salpeter.
    Holzkohle.
    Schwefel.
    »Vorsichtig«, hörte er dabei die Stimme immer wieder sagen. »Vorsichtig …«
    Es dauerte nicht lange, bis der Schwefel die Farbe der Kohle angenommen hatte und in dem schwarzen Pulver aufgegangen war. Ein wenig argwöhnisch blickte Baugulf auf die eigenwillige Mixtur, die zusammenzustellen ihm so nie in den Sinn gekommen wäre. Weder fühlte sie sich außergewöhnlich an, noch roch sie besonders, was nicht weiter verwunderlich war, da keine edlen, den Prozess der Verwandlung begünstigenden Substanzen in ihr enthalten waren. Doch die Anweisungen waren eindeutig gewesen, und weder hatte Baugulf Anlass noch das Recht, diese infrage zu stellen.
    »Und nun?«, war alles, was er nach einer Weile sagte.
    »Hast du alle Anteile gut vermischt?«
    »Das habe ich.«
    »Dann wisse: Dieses Pulver, Steinherz, wird die Geschichte deines Volkes verändern, so wie es die Geschichte deiner ganzen Welt verändern wird. Behüte die Rezeptur sorgfältig und verrate sie niemandem – niemandem außer …«
    In diesem
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