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Die Herrschaft der Orks

Die Herrschaft der Orks

Titel: Die Herrschaft der Orks
Autoren: Michael Peinkofer
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Vertiefungen erahnen ließen, dass er schon mancher dieser Substanzen hatte standhalten müssen, wenn sie sich zu Säure oder giftigem Schaum verbunden oder als ätzende Dämpfe niedergeschlagen hatten.
    Auf dem Tisch stand ein Athanor, ein aus Steinen gemauerter und mit glühenden Kohlen beheizter Ofen, über dem eine Anordnung bizarr geformter Behältnisse aufgebaut war. Einige davon waren aus Metall, die meisten jedoch aus Glas gefertigt – konische Destillierkörper, mit hakenförmigen Ausläufen versehene Rundkolben und vielbäuchige Aludeln, durch spiralförmige Röhren miteinander verbunden und gefüllt mit schillernden Flüssigkeiten.
    Dies war Baugulfs Reich.
    In den oberen Bereichen der Festung mochten andere das Sagen haben. Hier jedoch, wohin noch niemals Tageslicht gedrungen war, an diesem unheimlichen Ort, der nur von Öllampen erleuchtet wurde, die an Ketten von der rußgeschwärzten Decke hingen – hier war seine Domäne. Hier gebot er den Elementen, hier unterwarf er sich die Natur.
    Vorausgesetzt, er fand den richtigen Schlüssel.
    Von frühester Jugend an hatte sich Baugulf der Kunst der Verwandlung verschrieben. Mochten andere ihre Erfüllung darin finden, in Bergestiefen dunkle Gänge zu schachten; seine Vorliebe hatte von jeher der Alchemie gehört, die – zumindest in seinen Augen – nicht weniger in der Natur seines Volkes lag. Statt Stollen ins Innere der Berge zu treiben und dort nach Dingen zu suchen, die im ewigen Dunkel verborgen waren, zog er es vor, die Geheimnisse der Natur zu erforschen, das Wesen der Dinge selbst, und sich jene Reichtümer, nach denen sein Volk von jeher trachtete – all jene Metalle, jene nutzbringenden Gesteine, glitzernden Gemmen und kostbaren Essenzen, die tief im Inneren durumins schlummerten – selbst zu erschaffen.
    Das Geheimnis lag in der Umwandlung, im Wechsel der Elemente von einer Ebene zur nächsten, bis hin zur Erlangung des erwünschten Endzustands.
    Kohle zu Diamanten.
    Phosphor zu Licht.
    Eisen zu Gold.
    Baugulf war überzeugt davon, dass sich das Prinzip auf jedwedes Material und Element übertragen ließ, es war lediglich eine Frage des Willens und des dafür erforderlichen Wissens – uralten Wissens, das in seinen Grundzügen auf die Weisen Shakaras und ihre Jahrtausende alten Einsichten in das Wesen der Welt zurückging. Auf verschlungenen und teils verbotenen Pfaden hatte Baugulf gewisse Kenntnis von diesen Dingen erlangt – genug, um in seinem Laboratorium damit zu experimentieren und erste kleine Erfolge zu erzielen. Der große Durchbruch, das mayura gwaith , wie die Zauberer von Shakara es einst genannt hatten, war ihm bislang jedoch versagt geblieben.
    Noch hatte er das Geheimnis, wie die Schätze des Berges einander angeglichen und aus wertlosem Eisen Gold wurde, nicht entschlüsselt, aber er war überzeugt davon, dass der Moment unmittelbar bevorstand – und wenn es so weit war, würde ihn niemand mehr verlachen. Dann würden all die Zweifler und selbst der König anerkennen müssen, dass Baugulf Steinherz der größte aller Alchemisten war, der Meister unter den Gelehrten!
    Alles, was er dazu brauchte, war die Stimme.
    Jene Worte in seinem Kopf, die sich immer dann vernehmen ließen, wenn er ratlos war und in seinem Bemühen nicht weiterwusste, geradeso, als spräche sie aus tiefstem Inneren zu ihm. Woher sie kam, wusste er nicht, und es war ihm auch gleichgültig, denn sie war es gewesen, der er seine ersten bescheidenen Erfolge zu verdanken hatte.
    Die Stimme, so sagte er sich, war das ordnende Prinzip. Sie verkörperte all das, wofür die Alchemie stand, denn sie bewies, dass der Natur eine Ordnung innewohnte, die sich demjenigen, der sie aufrechten Herzens suchte und bereit war, sich auf die Wahrheit einzulassen, von selbst erschloss und so das Prinzip der Umwandlung auf den Geist übertrug.
    Kohle zu Diamanten.
    Phosphor zu Licht.
    Eisen zu Gold.
    Inspiration zu Genie.
    Auch jetzt lauschte Baugulf wieder in sich hinein, wartete darauf, dass die Stimme zu ihm sprechen, ihn erneut aus der Ratlosigkeit reißen würde, in die er trotz all des verbotenen Wissens, das er sich bereits angeeignet hatte, wieder verfallen war. Wie viel auch immer er wusste – die Stimme wusste ungleich mehr. Und sie schien sich keinerlei Beschränkungen aufzuerlegen, welches Wissen sie nutzen durfte und welches nicht. Wissen war wertfrei. Es unterlag keiner Beurteilung und keiner moralischen Instanz; erst die falsche Nutzung oder der bewusste
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