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Die Herren von Buchhorn

Titel: Die Herren von Buchhorn
Autoren: Birgit Erwin / Ulrich Buchhorn
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der einflussreichsten Männer in der Grafschaft. Vielleicht … Gerald rief sich zur Ordnung und schwang erneut den Hammer. Es war ein erhebendes Gefühl, als sich das Metall unter seinen Schlägen formte. Er sah das Schwert förmlich vor sich, wie es scharf und hart in der Sonne erstrahlte. Nur die Spitze musste er noch bearbeiten, dann war sein Werk vollkommen.
    Auf der Straße hörte er Pferdehufe und das Rumpeln eines Karrens. Bei dem ungewöhnlichen Geräusch hob er kurz den Kopf, schlug aber weiter auf das rot glühende Metall auf seinem Amboss ein. Erst als ein Schatten über seine Schwelle fiel, ließ er den Hammer sinken. Ein Mann trat ein. Seine Züge waren im gleißenden Sonnenlicht nicht auszumachen, dennoch hätte er ihn jederzeit erkannt: die untersetzte Gestalt, die muskelbepackten Schultern, die widerspenstigen Locken, die seinem eigenen Haar so glichen. Gerald merkte gar nicht, wie der Hammer aus seiner Hand glitt und auf den Boden polterte.
    »Lass das Eisen nicht kalt werden!«
    Diese Stimme, streng und fordernd und ohne Wärme.
    »Ja, Vater«, sagte er automatisch und bückte sich nach dem Hammer. »Was führt Euch hierher?« Er fühlte, dass er nicht die richtigen Worte gewählt hatte. Noch immer wirkten die Züge seines Vaters im Gegenlicht verschwommen. Im nächsten Augenblick tauchte hinter dessen Schulter eine zweite Gestalt auf.
    »Dich sehen!«
    »Mutter!«
    »Mein Junge! Endlich! Wie geht es dir?« Mechthild ging mit ausgebreiteten Armen auf ihn zu. Ihre Augen strahlten, und einen Augenblick lang kam es dem jungen Mann so vor, als hätten die letzten sechs Jahre keine Bedeutung.
    »Lass das, Frau!«
    Sie presste die Lippen zusammen, blieb aber stehen.
    Der alte Gerald verschränkte die Arme vor der Brust und musterte das Schwert, dessen Spitze in dunklem Rot ausglühte. »Du hättest die Blutrinne nicht so tief anlegen dürfen und dafür den Griff schmaler gestalten müssen. So wirkt es zu wuchtig. Für wen ist es?«
    »Für Junker Ludowig von Bregenz. Ich habe es nach seinen Vorgaben angefertigt«, antwortete der jüngere Gerald steif. »Und bevor Ihr fragt, ja, auch er ist dem Hause Buchhorn treu ergeben.« Vater und Sohn maßen sich mit Blicken.
    »Macht das einen Unterschied für dich?«, fragte der Ältere endlich.
    »Ich bin Schmied. Und ich muss essen. Was führt Euch zu mir, Vater?«
    »Er will sich mit dir aussöhnen, mein Junge.«
    Gerald warf seiner Frau einen mürrischen Blick zu, bevor er sich seinem Sohn zuwandte. »Ich hab hier Geschäfte. Und jetzt beende deine Arbeit, bevor du alles verdirbst. Es wäre ja nicht das erste Mal.«
    Gerald packte seinen Hammer so fest, dass seine Knöchel weiß hervortraten. »Ja, Vater. Ihr entschuldigt mich dann wohl.«
    Mechthild machte eine rasche Bewegung, aber keiner der Männer achtete auf sie. Ihre Stimme bebte, als sie ihren Sohn fragte: »Wir suchen das ›Grüne Felchen‹. Kannst du …«
    »Frau, halt den Mund!«
    »Es ist nur ein paar Straßen weiter«, sagte Gerald tonlos, während er das Schwert zurechtlegte. »Jeder kann euch den Weg dahin zeigen. Allerdings ist es eine üble Absteige.« Er ließ den Hammer so heftig auf das Eisen krachen, dass ein glühender Funkenregen aufstob. Mit einer blitzschnellen Geste fiel Gerald seinem Sohn in den Arm. »Hast du denn gar nichts gelernt, Bursche! Nicht so wild!«
    »Vater!« Geralds Stimme klang beherrscht, doch seine blauen Augen, die denen seiner Mutter glichen, funkelten gefährlich. »Ihr behindert meine Arbeit.«
    Der Vater ballte die Faust. Eine Sekunde lang sah es aus, als würde es zu einer gewaltsamen Auseinandersetzung kommen, doch dann schüttelte der Vater nur den Kopf und drehte sich um. »Komm, Frau!«, befahl er heiser und stapfte aus der Schmiede.
    Mechthild sah ihm nach. Ihr Gesicht war blass, und die Hand, die sie auf den Arm ihres Sohnes legte, zitterte. »Begrabt euren Streit. So kann es doch nicht weitergehen!«
    »Streit?« Gerald schüttelte den Kopf. Die Geste glich auf unheimliche Weise der des Vaters. »Mutter, es ist mehr als das!«
    »Was ist es dann?«
    »Für ihn bin ich ein Verräter! Er wird sich nie mit mir aussöhnen. Er kann es nicht!«
    »Frau!«, brüllte Gerald von draußen. »Komm endlich!«
    »Ja doch, Mann.« Mechthild lächelte ihren Sohn an.
    Der junge Gerald tauchte das glühende Schwert ins Wasser. Einen Augenblick lang verhüllte der Wasserdampf seine Züge. »Ich denke, es ist mir gelungen.« Er hängte das Schwert zum Auskühlen an eine
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