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Die Herren von Buchhorn

Titel: Die Herren von Buchhorn
Autoren: Birgit Erwin / Ulrich Buchhorn
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Jahren? Er ist mit dem Grafen gefallen, das sagen die Heimkehrer.«
    »Ja.«
    Sie rührte in ihrer Schüssel. Nach einer Weile fragte sie, ohne aufzusehen: »Wann reisen wir nach Bregenz?«
    Gerald kaute mit mahlenden Kieferbewegungen. Plötzlich war es in der Stube so still, dass sie das Rauschen des Windes in den Bäumen hören konnten.
    »Er ist auch mein Sohn, Gerald!«
    »Ich weiß.«
    »Dann begrab deinen Streit mit ihm! Er ist schon so lange fort aus Buchhorn.« Das Knistern des Feuers übertönte beinahe ihre Stimme. »Versöhn dich mit ihm!«
    »Es ist Sache des Sohnes, sich mit dem Vater zu versöhnen. Er ist aus freien Stücken gegangen.« Gerald warf seiner Frau einen finsteren Blick zu. »Sollen wir das jeden von Gott gegebenen Tag wieder und wieder durchkauen?«
    »Nein! Aber es ist jetzt sechs Jahre her, dass er nach Bregenz gegangen ist. Du hast ihn nicht ein Mal dort besucht, um zu sehen, ob er …«, sie lächelte, »… deine hervorragende Arbeit fortführt.«
    »Das tut er, er ist mein Sohn.« Gerald stieß den Löffel in den Brei und genehmigte sich einen Schluck Dünnbier. »Ich hab ihm alles beigebracht, was er wissen muss. Nur eines wird er nie begreifen. Was Treue heißt! Ergebenheit! Loyalität! Wir sind dem Haus Buchhorn verpflichtet. Und ist es nicht der Graf, dem wir dienen, dann sind es seine Kinder. Ist es nicht die Gräfin, dann …«
    »… sind es ihre Kinder. Ich weiß.« Mechthild wandte sich ab und sagte leise: »Ich bin nur eine Frau. Aber hast du nicht vor Gott geschworen, auch mir …«
    »Die Frau ist dem Mann untertan.« Gerald leerte den Becher und knallte ihn auf den Tisch. Als er ihren Blick sah, seufzte er. »Es tut mir leid, Mechthild. Ich verspreche dir, sobald sich die Gelegenheit ergibt, reisen wir nach Bregenz.«
    »So Gott will.«
    »Amen. Und jetzt lass uns zu Bett gehen.«
    Sie nahm schweigend die Kerze vom Tisch und schlug den groben Vorhang zur Seite, der den Wohnraum von der Schlafkammer trennte. »Ich frag mich immer noch, wer diese Edelleute waren.« Sie stellte die Kerze ins Fenster. Ihr schwacher Schein malte dunkelrote Schatten in ihr dickes Haar. »Welfen vielleicht?« Sie warf ihrem Mann einen halb scheuen, halb prüfenden Blick zu.
    Der schüttelte heftig den Kopf. »Wohl kaum, so weit im Süden.« Er ließ sein Wams auf einen Hocker fallen. »Die sollen bloß wegbleiben! Verdammtes Welfenpack! Die haben schon immer auf das Land meines Grafen geschielt!«
    »Ruhig, Mann. Man weiß nie, wer zuhört.« Mechthild setzte sich auf die Bettkante. »Vielleicht sollten wir für unseren Sohn eine Frau aussuchen, was meinst du?«
    »Er würde sie ablehnen, nur weil der Vorschlag von uns kommt«, grummelte der Schmied.
    Mechthild lachte. »Dann müssen wir es eben geschickter anstellen.«
    Zum ersten Mal wurden seine Züge weicher. »Glaub mir, auch ich vermisse ihn. Er ist unser einziges Kind.« Er streichelte sanft ihren Bauch.
    »Lass das!« Sie schob seine Hand weg. »Spring lieber über deinen Schatten!«
    »Wieso ich? Auch er hat einen Schatten, über den er … Ach, lass uns schlafen. So Gott will, wird sich alles finden.«
    Sie blies die Kerze aus und lehnte die Wange gegen seine harte Schulter. »So Gott will«, flüsterte sie.
    Sie schloss die Augen und lauschte auf die Atemzüge ihres Mannes, die langsam tiefer wurden, bis sie endlich in ein friedliches Schlafen übergingen. Der Wind pfiff immer stärker und peitschte die niedrig hängenden Zweige gegen das Fenster. Sie fühlte, wie die Einsamkeit sich immer fester um sie schloss. Plötzlich hörte sie etwas, ein Geräusch, das fast in diese Nacht passte, aber nicht ganz. Sie richtete sich auf und stieß ihren Mann in die Seite.
    »Gerald! Wach auf.«
    Er knurrte und zerrte die Decke fester um sich. Mechthild schüttelte ihn. »Da ist jemand an der Tür!«
    »Ach Unsinn …«, murrte er. Trotzdem richtete er sich auf. In der Dunkelheit konnte sie nur das Weiß seiner Augen sehen. »Du hast recht«, sagte er plötzlich. »Bleib hier. Ich werd nachsehen.« Er tastete nach seinem Hemd und streifte es über. Mit klopfendem Herzen sah Mechthild ihm nach. Wenig später hörte sie, wie er die Tür entriegelte. Ein kalter Windstoß bewegte den Vorhang.
    »Wer da?« Die Stimme ihres Mannes wurde fast vom Sturm fortgerissen. Atemlos lauschte Mechthild auf die Antwort.
    »Ein Bote aus Bregenz!«
    Mechthild presste die Hand vor den Mund, um nicht aufzuschreien. Sie wickelte mit zitternden Händen die Decke um sich
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