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Die Herren von Buchhorn

Titel: Die Herren von Buchhorn
Autoren: Birgit Erwin / Ulrich Buchhorn
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und von den Schwierigkeiten, die er einmal gehabt hatte, als er mit seinem Karren auf der engen Zufahrt nach Wasserburg stecken geblieben war. Dennoch war Mechthild erleichtert, als sich endlich die Klosterinsel Lindau in ihrer ganzen Pracht vor ihnen enthüllte. Es war bereits Mittag, und die Sonne glänzte auf dem rötlichen Stein des Klosters, das sich scharf gegen den blauen Himmel abzeichnete. An Markttagen lockte der Markt von Aeschach Händler aus der ganzen Umgebung an, doch heute war von dieser Anziehungskraft wenig zu spüren. Am Ufer dümpelten ein paar Fischerboote, Netze waren zum Trocknen aufgespannt, und ein struppiger Hund schnüffelte an den Rädern des Karrens. Ein alter Mann saß auf der Holzmole und hielt eine Angelrute ins Wasser.
    »Er hat das Leben hinter sich«, murmelte Mechthild. Ein seltsames Gefühl schnürte ihr die Brust zusammen. »Wie wir auch. Ob er Kinder hat?«
    »Dann würde er nicht dort sitzen.«
    »Und was ist mit uns, wenn wir alt werden? Wo werden wir sitzen? Wo unser Sohn? Du hast von Treue und Ergebenheit gesprochen. Was ist zwischen Gerald und dir vorgefallen? Warum hast du ihn einen Verräter genannt? Ich habe ein Recht, es zu wissen!«
    Gerald riss zum zweiten Mal an den Zügeln. Das Pferd schnaubte beleidigt, aber diesmal achtete Gerald nicht auf seinen treuen Braunen. Er atmete schwer. »Ich habe Verräter gesagt, weil es der Wahrheit entspricht. Und ich möchte nicht darüber reden!«
    »Ich bin seine Mutter!«
    »Und aus diesem Grund möchte ich nicht, dass du denkst, einen Verbrecher zum Sohn zu haben!«
    Sie starrte ihn an, blass bis in die Lippen. »Gerald, was willst du sagen?«
    Plötzlich sah er alt aus. »Nichts, Mechthild, bitte.« Er deutete auf den Alten mit seiner Angelrute. »Ich kenne ihn. Er ist daran zerbrochen, dass seine beiden Söhne im Ungarnkrieg gefallen sind. Ich hab meinen Sohn auf andere Weise verloren. Nur dass mir die Hoffnung bleibt, dass es einen Weg zurück gibt.«
    »Gibt es den?«, fragte Mechthild und sah ihm fest in die Augen.
    »Ja, ich hoffe und bete, dass es so ist.«
    »Dann lass uns hier nicht bleiben.«
    Als Gerald Wildfang antrieb, hörten sie hinter sich Hufgetrappel. Die Eheleute sahen sich gleichzeitig um. Zwei Reiter kamen in gestrecktem Galopp näher. Die Sonne funkelte auf dem kostbaren Zaumzeug ihrer Pferde. Als sie auf gleicher Höhe mit dem Wagen waren, kam der Rappe des einen kurz aus dem Tritt. Fast schien es, als habe der Reiter die Zügel verrissen, doch dann preschte er wortlos an dem Karren und seinen Besitzern vorbei.
    »Verdammt!«, entfuhr es Gerald, während er ihnen nachsah.
    »Was ist?« Mechthild blickte ihren Mann erschrocken an.
    »Das waren die beiden, die in meiner Schmiede waren. Die nach Adalbert gefragt haben. Und nach dem Herrn.«
    »Vielleicht haben sie dich nicht erkannt?«, murmelte Mechthild. Es klang mehr wie eine hoffnungsvolle Frage.
    Gerald schüttelte finster den Kopf. »Die wissen sicher, dass wir nach Bregenz unterwegs sind.«
    »Aber nicht, warum.«
    »Wollen wir es hoffen.«
    »Mann! Hab Vertrauen in Gott. Er sieht alles und ist mit den Guten. Wie lange wird es noch dauern?«
    »Nicht mehr lange. Los Wildfang, mach deinem Namen Ehre. Und du guck nicht so spöttisch, Frau! Er spürt das!«
    Doch obwohl Wildfang sein Bestes gab, dauerte es noch mehrere Stunden, ehe sie endlich Bregenz vor der malerischen Kulisse des Pfänders auftauchen sahen.
    »Bregenz!«, seufzte Mechthild. »Endlich!«
    Ihr Blick streifte das verkniffene Gesicht ihres Mannes. In einem Augenblick überraschter Klarheit erkannte sie, dass der ruhige, starke Gerald Angst hatte. Die Erkenntnis erfüllte sie mit einem Gefühl von Wärme. Wieder sah sie der Stadt entgegen, die ihr hoffnungsfroh und einladend vorkam. Sogar die Bettler, die hier in großen Scharen herumlungerten und um milde Gaben baten, kamen ihr vor wie ein Zeichen. Ohne ihren Mann anzusehen, zog sie eine kleine Münze hervor und reichte sie einem zahnlosen Alten. Unter seinen heiseren Segensrufen tauchten sie ein in das belebte Stadtbild von Bregenz.

2
    Der junge Gerald schürte seine Esse und strich sich die verschwitzten Locken aus der Stirn, um sein Werk in Augenschein zu nehmen. Dieses Schwert war sein erster wirklich wichtiger Auftrag, und der junge Schmied war fest entschlossen, damit endlich in Bregenz Fuß zu fassen. Vielleicht würde Ludowig von Bregenz ihn sogar weiterempfehlen. Seit dem Tod des Grafen von Buchhorn galt Junker Ludowig als einer
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