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Die Herren von Buchhorn

Titel: Die Herren von Buchhorn
Autoren: Birgit Erwin / Ulrich Buchhorn
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und teilte den Vorhang. Ihr Mann hatte den Boten inzwischen ins Haus gelassen und eine Kerze angezündet. Der winzige Lichtkegel enthüllte die bleichen, abgekämpften Züge eines jungen Mannes.
    »Bist du Gerald der Schmied?«
    »Ja.« Geralds Stimme bebte leicht.
    Ungefragt ließ der Bote sich auf einen Stuhl fallen. Seine Stimme klang tonlos vor Müdigkeit. »Ich komme von Adalbert.« Ein prüfender Blick huschte über Ge-ralds Gesicht, das aschfahl geworden war. »Er lässt dir sagen, dass er dich so bald wie möglich in der Herberge ›Zum Grünen Felchen‹ erwartet. Er hat eine wichtige Nachricht für dich. Und du sollst dich beeilen.« Der Bote streckte seine Hand aus. »Er hat auch gesagt, du bezahlst mich.«
    Als Gerald sich nicht rührte, tappte Mechthild zum Tisch und drängte ihrem Mann den Beutel des Edelmanns in die Hand. Er runzelte nur flüchtig die Stirn, als er ihren Aufzug sah. Seine Finger wirkten steif und viel zu groß, als sie eine Münze aus dem Beutel klaubten. »Adalbert? Du hast dich nicht verhört? Adalbert der Knappe?«
    »So sagte er.«
    Gerald gab ihm die Münze.
    »Und er …«
    Der Bote kam taumelnd auf die Füße. »Stell keine weiteren Fragen. Ich muss fort. Aber du solltest dich beeilen, wenn du ihn noch … nein! Ich hab schon zu viel gesagt! Leb wohl!«
    »Warte!« Gerald streckte die Hand aus, aber der Mann stieß sie zurück und verschwand in der Nacht. Die Tür fiel krachend ins Schloss.
    Mechthild legte ihrem Mann die Hand auf die Schulter und raunte ihm ins Ohr: »Du hast es versprochen!«
    »Und Gott hat dich erhört.« Ein zitternder Atemzug hob seinen Brustkorb. »Adalbert lebt. Ich kann es nicht glauben, er lebt, Frau! Ja, wir reisen nach Bregenz, in aller Frühe! Komm, gehen wir wieder ins Bett. Morgen liegt ein langer Tag vor uns.« Er versuchte, ihr den Arm um die Taille zu legen, doch sie entzog sich ihm.
    »Geh schon, ich komme gleich nach.« Sie wartete, bis sie das Knarren des Bettes hörte, dann sank sie auf die Knie und faltete die Hände. Ihre Augen schimmerten feucht. »Herr im Himmel, gelobt sei dein Name. Ich danke dir, o Herr, dass du uns den Boten gesandt hast. Es muss dein Engel gewesen sein. Ich bitte dich, o Herr, lass mich meinen Sohn wohlbehalten wiedersehen. Er ist dort doch so allein. Wir sind doch eine Familie! Amen.« Einen Augenblick lang presste sie die Stirn gegen die gefalteten Hände, dann erhob sie sich mühsam und schlich wieder in die Schlafkammer.
    »Gott sorgt schon für uns.«
    Mechthild zuckte zusammen. »Ich dachte, du schläfst schon.«
    »Worum hast du gebetet?«
    »Dass Gerald gesund ist.«
    Sein Blick glitt hinauf zu dem schlichten Holzkreuz, dessen dunkler Umriss sich kaum von der Wand abzeichnete. »Aber wenn Adalbert lebt …«
    Mechthild unterdrückte gewaltsam ein Gefühl von Enttäuschung. »Er ist tot, Gerald. Der Graf ist tot!«
    »Aber niemand hat seine Leiche gesehen! Stell dir vor, wenn er wiederkäme … das geschähe den verfluchten Welfen recht.«
    »Wie kommst du jetzt wieder auf die?«
    Er starrte zur Decke. »Sie haben sich Buchhorn unter den Nagel gerissen, als der König weggesehen hat. Als er wieder hinsah, mussten sie es zurückgeben. Aber jetzt, wo der Herr weg ist, da strecken sie wieder ihre gierigen Finger aus.«
    »Also waren es doch Welfen? Das denkst du doch?«
    »Ich weiß es nicht.« Er versuchte, die Dunkelheit zu durchdringen, die ihre Züge in weiches Schwarz hüllte. »Adalbert wird mehr wissen. Er muss mehr wissen. Ich glaube, ich werde erst wieder Frieden haben, wenn ich mit ihm gesprochen habe.«
    »Es geht wieder um Treue, nicht wahr?«
    Er drehte ihr den Rücken zu. »Ja, immer.«
    »Ich liebe dich, Mann, aber ich verstehe dich manchmal nicht.« Sie pustete die Kerze zum zweiten Mal aus.
    Doch diesmal war es Gerald, der keinen Schlaf fand. Während seine Frau sich an ihn schmiegte und bald in tiefen Schlaf fiel, kreisten seine Gedanken wieder und wieder um die beiden Edelleute und um die Botschaft aus Bregenz. Als sich durch die Ritzen der Fensterläden das erste Grau des Morgens ankündigte, erhob er sich mit schwerem Kopf. Er gähnte, kleidete sich leise an und schlich durch das triste Dämmerlicht. Im Dunkeln stieß er gegen den Bettpfosten.
    Mechthild blinzelte schlaftrunken. »Was ist denn? Wieso bist du schon auf? Es ist doch noch dunkel.«
    »Steh auf, Frau, wir müssen los.«
    »Aber … ja natürlich, ich pack nur noch etwas Wegzehrung ein.«
     
    Gerald trat in den dämmrigen
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