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Die Henkerstochter und der K�nig der Bettler

Titel: Die Henkerstochter und der K�nig der Bettler
Autoren: Oliver P�tzsch
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Wenn das so weitergeht, sind alle Marktstände weg, bevor ich am Haidplatz bin. Zefix!« Er fluchte und biss zornig in eine seiner Rüben, die er in einem Korb vor sich hertrug. »Drecksgesandte! Eine Plage wie die Muselmanen! Nichts als Ärger bringen die in die Stadt. Rühren keinen Finger und halten den Verkehr auf.«
    »Weshalb sind’s denn da?«, fragte Jakob Kuisl.
    Der Bauer lachte. »Weshalb? Um uns die Haare vom Kopf zu fressen, darum! Zahlen keine Steuern und bringen ihre eigenen Handwerker mit, die den unseren die Arbeit wegnehmen! Angeblich wollen sie gemeinsam beraten, wie man die gottverfluchten Türken davon abhält, ins Deutsche Reich einzufallen. Aber wenn du mich fragst, ist das nichts als leeres Gerede!« Er seufzte tief. »Warum kann der Kaiser seinen Reichstag nicht auch mal in einer anderen Stadt abhalten? Aber nein, alle paar Jahre trifft’s uns aufs Neue. Man glaubt schon fast, diese Gesandten sind immer hier!«
    Jakob Kuisl nickte, ohne wirklich zugehört zu haben. Was kümmerte ihn dieser Reichstag? Alles, was er wollte, war seine kleine Lisbeth sehen. Sollten die hohen Herren ruhig währenddessen den nächsten Krieg beschließen. Sie würden schon genug finden, die sich für Geld und Ruhm umbringen ließen. Er jedenfalls hatte mit dem großen Hauen und Stechen nichts mehr zu schaffen.
    »Und du? Warum bist du hier«, fragte der Bauer weiter. »Hast du schon eine Bleibe?«
    JakobKuisl schloss die Augen. Offensichtlich war er an den gesprächigsten Bauern im gesamten Regensburger Umland geraten.
    »Ich komm bei meiner Schwester unter«, knurrte er und hoffte, dass ihn das kleine Männlein endlich in Ruhe ließ.
    Währenddessen waren der Henker und sein Nachbar in der Schlange immer weiter aufgerückt. Nur noch zwei Heukarren trennten sie vom sogenannten Jakobstor. Die Wächter schauten unter das Fahrwerk und stachen ins Heu, dann winkten sie die Wagen durch und widmeten sich den nächsten Passanten. Von fern war erstes Donnergrollen zu hören, das Gewitter würde nicht mehr lange auf sich warten lassen.
    Schließlich war die Reihe an ihnen. Der Bauer durfte ohne weitere Untersuchung passieren, doch Jakob Kuisl wurde herausgewinkt.
    »He, du! Ja, du!« Eine Wache in Helm und Brustharnisch deutete auf den Henker und bedeutete ihm, näherzukommen. »Wo kommst du her?«
    »Aus Schongau unten bei Augsburg«, brummte der Henker und sah sein Gegenüber an, als würde er einen Stein betrachten.
    »So, aus Augsburg …«, begann der Wächter und zwirbelte seinen kunstvollen Schnauzbart.
    »Nicht aus Augsburg, aus Schongau«, knurrte der Henker. »Ich bin kein dreckiger Schwab, ich bin Bayer.«
    »Wie auch immer«, sagte der Wächter und warf seinen Kameraden hinter ihm einen zwinkernden Blick zu. Dann musterte er Kuisl, als würde er ihn mit einem inneren Bild abgleichen. »Und was willst du hier, Bayer ?«
    »Meine Schwester wohnt bei euch«, antwortete der Henker knapp, ohne auf den spöttischen Unterton einzugehen.»Sie ist schwer krank, und ich statte ihr einen Besuch ab, wenn’s erlaubt ist.«
    Der Wachmann grinste selbstgefällig. »Deine Schwester, soso. Na, wenn die genauso ausschaut wie du, wirst du sie schnell gefunden haben.« Er lachte und wandte sich wieder feixend seinen Kameraden zu. »Wandelnde Felsbrocken mit Hakennase haben wir hier eher selten, nicht wahr?«
    Gelächter ertönte um sie herum. Jakob Kuisl schwieg, während der Wachmann weiter stichelte: »Hab schon gehört, dass sie euch Schwaben mit Kasspatzen füttern, bis es euch zu den Ohren rauskommt. Du bist der beste Beweis dafür, dass dieses Zeug fett und dumm macht.«
    Ohne seine Miene zu verändern, trat der Henker einen Schritt auf den Mann zu und fasste ihn beim Kragen. Die Augen der Wache traten wie Glasmurmeln hervor, während Jakob Kuisl ihn zu sich hochzog.
    »Hör zu, Bursch«, knurrte er. »Wenn du was von mir willst, dann red gradaus mit mir. Ansonsten halt dein Maul und lass mich durch.«
    Plötzlich spürte der Henker eine Schwertspitze in seinem Rücken.
    »Lass ihn runter«, ertönte eine Stimme hinter ihm. »Ganz langsam, Großer. Sonst ramm ich dir das Schwert in die Gedärme, dass es vorne wieder rauskommt. Hast du mich verstanden?«
    Der Henker nickte langsam und setzte den verängstigten Mann auf dem Boden ab. Als Jakob Kuisl sich umdrehte, sah er einen groß gewachsenen Wachtmeister in blank poliertem Kürass vor sich stehen. Wie sein Kollege trug er einen gezwirbelten Schnauzer, aus dem in der Sonne
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