Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Henkerstochter und der K�nig der Bettler

Titel: Die Henkerstochter und der K�nig der Bettler
Autoren: Oliver P�tzsch
Vom Netzwerk:
Regensburger Scharfrichter
    CarolineTeuber, Frau des Regensburger Scharfrichters
    Silvio Contarini, venezianischer Gesandter
    Nathan der Weise, Regensburger Bettlerkönig
    Paulus Mämminger, Regensburger Stadtkämmerer
    Karl Gessner, Regensburger Floßmeister
    Dorothea Bächlein, Hurenwirtin
    Pater Hubertus, bischöflicher Braumeister
    Hieronymus Rheiner, Schultheiß und Ratsherr
    Joachim Kerscher, Vorsitzender des Regensburger Ungeltamts
    Dominik Elsperger, Wundarzt
    Die Bettler Hans Reiser, Bruder Paulus, Verrückter Johannes

Prolog
    November 1637 , irgendwo
im Dreißigjährigen Krieg
    D ie Reiter der Apokalypse trugen blutrote Beinkleider, zerfetzte Waffenröcke und Mäntel, die wie Fahnen im Wind hinter ihnen herflatterten. Ihre Waffen waren rostig und schartig vom vielen Morden, die Pferde räudige alte Klepper mit dreckverkrustetem Fell. Die Männer warteten schweigend hinter den dichten Bäumen und starrten hinüber zu dem Dorf, dem sie in der nächsten Stunde den Tod bringen würden.
    Sie waren zwölf. Ein vom Krieg ausgezehrtes, hungriges Dutzend. Sie hatten geraubt, getötet und vergewaltigt, immer und immer wieder. Vor Jahren waren sie vielleicht Menschen gewesen, doch jetzt waren sie nur noch leere Hüllen; der Wahnsinn hatte sich von innen durch sie hindurchgefressen, bis er schließlich hinter ihren Augen hervorleuchtete. Ihr Anführer, ein sehniger junger Franke in bunter Söldnertracht, kaute auf einem zerfaserten Strohhalm und saugte Speichel durch eine Lücke zwischen den Schneidezähnen. Als er den Rauch sah, der aus Kaminen der an den Waldrand geschmiegten Häuser aufstieg, nickte er befriedigt.
    »Sieht so aus, als wär noch was zu holen.«
    Er warf den Strohhalm weg und griff nach dem mit Blut- und Rostflecken übersäten Säbel an seiner Seite. Das Lachenvon Frauen und Kindern drang zu ihm herauf. Der Mann grinste. »Und Weiber hat’s auch.«
    Der picklige Jüngling an seiner rechten Seite kicherte. Er sah aus wie ein menschgewordenes Frettchen, leicht gebückt hielt er sich mit langen Fingern am Zügel seines dürren Kleppers fest. Seine Augen huschten hin und her, als könnten sie niemals stillstehen. Er war nicht älter als sechzehn, doch der Krieg hatte aus ihm einen alten Mann gemacht.
    »Bist ein echter Sauhund, Philipp«, krächzte er und fuhr sich mit der Zunge über die spröden Lippen. »Denkst nur an das eine.«
    »Halt’s Maul, Karl!«, ertönte eine Stimme von links. Sie gehörte einem grobschlächtigen, bärtigen Fettwanst. Er hatte die gleichen fransigen tiefschwarzen Haare wie der Franke und der Jüngling neben ihm. Alle drei waren sie Brüder, mit dem gleichen leeren Blick, verbittert und kalt wie ein Hagelsturm im Sommer. »Hat dir unser Vater nicht beigebracht, nur zu sprechen, wenn du gefragt wirst?«, knurrte der Dicke. »Kusch!«
    »Scheiß auf den Vater«, murrte der Junge. »Und scheiß auf dich, Friedrich.«
    Der fette Friedrich wollte zu einer Antwort ansetzen, doch der Anführer der Söldnertruppe kam ihm zuvor. Seine Hand schnellte vor und krallte sich um Karls Kehle, so dass dessen schwarze Knopfaugen wie riesige Stecknadelköpfe hervortraten.
    »Beleidige nie wieder unsere Familie!«, flüsterte Philipp Lettner, der älteste Bruder. »Nie wieder, hörst du? Oder ich zieh dir die Haut in Streifen ab, bis du nach unserer toten Mutter schreist. Verstanden?«
    Karl Lettner nickte, während sein pickliges Gesicht puterrot anschwoll. Der Ältere ließ ihn los, hustend fiel Karl in sich zusammen.
    PhilippsMiene änderte sich plötzlich, fast mitleidig blickte er nun auf das keuchende Bündel Mensch. »Karlchen, Karlchen«, murmelte er und saugte weiter an seinem Strohhalm. »Was soll ich nur mit dir anfangen? Disziplin, verstehst du? Disziplin ist alles im Krieg. Disziplin und Respekt!« Er beugte sich zu seinem kleinen Bruder hinunter und tätschelte ihm die picklige Wange. »Ich liebe dich, als wärst du ein Teil von mir. Aber wenn du noch mal die Ehre unseres Vaters besudelst, muss ich dir leider ein Ohr abschneiden, klar?«
    Karl schwieg, er kaute an seinen schmutzigen Fingernägeln und sah zu Boden.
    »Ob das klar ist?«, fragte Philipp Lettner noch einmal.
    »Ist … klar.« Sein kleiner Bruder neigte demütig das Haupt, die Fäuste geballt zu harten Kugeln.
    Philipp grinste. »Dann können wir ja endlich los und ein wenig Spaß haben.«
    Die anderen Reiter hatten dem Schauspiel interessiert zugesehen. Philipp Lettner war ihr unangefochtener Anführer. Mit
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher