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Die heimliche Päpstin

Die heimliche Päpstin

Titel: Die heimliche Päpstin
Autoren: Frederik Berger
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Gräbern eine kleine Kapelle zu errichten.
    Hiermit schließe ich meinen Bericht über das Leben meiner geliebten Milchtochter Marozia und ihrer Familie. Alexandros hatte seine Mutter nicht vergessen. Welcher Sohn kann schon seine Mutter vergessen? Er hatte vor drei Jahren mit Princeps Alberich verhandelt, traf später Abt Odo, dem er seine Geschichte erzählte. Das Herz des Abtes war gerührt von soviel unerschütterlicher Treue, die alle Sünde verzeihen läßt. Alberico wollte uns jedoch noch nicht in die Freiheit entlassen, und so reiste Alexandros nach Konstantinopel zurück, begleitete aber die nächste Gesandtschaft zu König Hugo und blieb bei ihm, als dieser Rom erobern wollte. Pest und Fieber verschonten ihn. Abt Odo, den er bei den Friedensverhandlungen wiedertraf, berichtete ihm von unserer geplanten Freilassung und Marozias Entschluß, auf der Klosterinsel ihren Frieden zu suchen. Als er hörte, daß ich auch diesmal bei meiner Mariuccia bleiben wollte, stand sein Plan fest.
    Marozia hat mit uns nicht mehr den Weg ins ferne Konstantinopel antreten können. Hätte sie ihn angetreten, wenn ihr Herz stärker gewesen wäre? Ich weiß es nicht. Doch weiß ich, daß sie uns nie mehr verlassen wird.
    Ihre Seele ruhe in Frieden! Wie auch die Seele ihrer Mutter in Frieden ruhen möge.
    Es ist früher Morgen, und aus der glasigen Ferne hat sich die Sonne über den Horizont geschoben, der fast ununterscheidbar den Himmel von der Wasserwüste trennt. Es ist die Sonne über dem ägäischen Meer, das sich nun in sich kräuselndes Silber verwandelt. Das gleißende Licht beginnt uns zu blenden. Ich schreibe meine letzten Worte. Vorne am Bug des Schiffes steht Alexandros im leichten Wind wie ein versteinertes Denkmal. Und siehe, es war gut. Das Haus meiner Eltern, das Haus meiner Enkel erwartet mich mit dem Duft der Goldorangen und Limonen.

Nachwort
    Roms Geschichte sowie die Geschichten, die sich mit seinen Prachtbauten, seinen Ruinen verbinden, sind eine unerschöpfliche Fundgrube ›realer‹, das heißt historisch verbürgter Romane. Dies betrifft den Palazzo Farnese wie die Engelsburg, es betrifft seine Glanzzeiten ebenso wie die Zeiten des Niedergangs: Auf der einen Seite die Epoche der Cäsaren, auf der anderen die Jahrzehnte der Gotenkriege; hier die leuchtende Pracht von Renaissance und Barock, dort das von Kardinal Caesar Baronius bereits 1602 so genannte saeculum obscurum , das dunkle 10. Jahrhundert, das in die Kirchengeschichte als Epoche der Pornokratie , der Huren- oder Weiberherrschaft, eingegangen ist.
    Dunkel erscheint uns dieses Jahrhundert in Rom und Italien aufgrund der dünnen Quellenlage, der anarchischen und grausamen Zustände, des Niedergangs kultureller Schöpfungen. Was man aus dieser Zeit weiß, ist zudem alles andere als ein Ruhmesblatt der Kirche: So lösten zwischen 896 und 904 acht Päpste einander ab, von denen ein nicht unerheblicher Teil ermordet wurde. Manche starben sogar durch die Hand ihrer Nachfolger. Besonders Sergius III., der vermutlich auch hinter dem Formosus-Prozeß stand, zeichnete sich durch eine mörderische Politik aus, wie man sie gewöhnlich nicht mit den Nachfolgern der Apostel verbindet. Was die Sexualmoral der kirchlichen Oberhäupter angeht, so läßt sie sich nur vergleichen mit der Moral der berüchtigten Renaissancepäpste wie Alexander VI. Borgia, wobei zugunsten des Spaniers zu sagen ist, daß er als echter ›Macho‹ die Hosen anbehielt, während Marozias Sohn und Enkel, die als Johannes XI. und XII. auf dem Stuhl Petri saßen, sich durch mutterhöriges und caligulahaftes Verhalten auszeichneten.
    Betrachtet man die wenigen Zeugnisse der Zeit und die Geschichten, die sich um sie ranken, blickt man in einen veritablen ›Sündenpfuhl‹, wie frühere Zeiten wohl gesagt hätten. Man versteht, warum die katholische Kirche diesen Teil ihrer Historie schamhaft als dunkel bezeichnet und gewöhnlich mit ein paar bedauernden Federstrichen übergeht – wobei anzumerken ist, daß insbesondere ein kirchlicher Würdenträger, nämlich Bischof Liutprand von Cremona, zu dem Ruf der Pornokratie beigetragen hat. In seinen drei Büchern der Vergeltung, einer der Hauptquellen für die Geschichte Italiens im 10. Jahrhundert, werden Theodora und Marozia nur als Huren ( meretrix, scortum ) bezeichnet. Er geißelt die Tatsache, daß Papst Johannes X. dem Rom, Italien und die Kirche immerhin den Sieg über die Sarazenen am Garigliano verdankt, Theodoras Geliebter war und durch
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