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Die heimliche Päpstin

Die heimliche Päpstin

Titel: Die heimliche Päpstin
Autoren: Frederik Berger
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es.«
    Marozia wirkte ungläubig und starr. Ich nahm sie bei den Schultern und schüttelte sie, zog sie an mich und küßte sie auf die Stirn. »Berta zieht in die Heimat meiner Mutter!«
    Noch immer zeigte sie keine Freude, überhaupt keine Regung.
    »Und euch lasse ich auch ziehen, sobald König Hugo abmarschiert ist.«
    »Wir werden … ganz frei sein?« fragte ich skeptisch.
    »Vielleicht könnt ihr ja doch noch gemeinsam nach Konstantinopel reisen.« Er lächelte nahezu spitzbübisch.
    »Ich reise nicht nach Konstantinopel«, sagte Marozia. »Ich gehe in ein Kloster.«
    »Aber warum …?« entfuhr es mir. Ich brauchte nicht in Marozias Augen zu schauen, um die Gründe zu wissen, um auch zu wissen, daß ihre Entscheidung unumkehrbar war.
    »Ich möchte auf der Isola Bisentina meine letzten Tage verbringen«, sagte sie ganz sachlich und ruhig. »Dort finde ich meinen Frieden und meine Freiheit. Und du, Aglaia, wirst nach Konstantinopel reisen, zu deinem Sohn.«
    »Alleine?« Ich schüttelte den Kopf.
    Alberico schob mir lächelnd einen Becher Wein zu.
    70
    Wie ein Traum endete der Sommer.
    Papst Johannes XI., unser Giovanni, wurde drei Tagen nach seinem Dahinscheiden nach einer bescheidenen Totenmesse in einer Seitenkapelle der Petersbasilika beigesetzt. Alberico hatte uns erlaubt, daran teilzunehmen, aber Marozia schüttelte nur stumm und mit leerem Blick den Kopf. Abt Odo hatte mittlerweile erfolgreich einen Waffenstillstand zwischen König Hugo und Princeps Alberich ausgehandelt. Der König übergab seine Tochter dem Abt, der sie nach Rom führte, und zog mit seinem dezimierten Heer nach Norden ab. Alberico und Alda waren sich, so hörten wir noch, auf den ersten Blick nicht unsympathisch. Auf Grund der schwierigen Zeiten, der anstehenden Neuwahl eines Papstes und des abwesenden Brautvaters sollte die Vermählung ohne Pomp gefeiert werden. Leider fanden Marozia und ich keine Gelegenheit mehr, der Braut Glück zu wünschen. Immerhin begegneten wir noch einmal Berta und Jakob, deren strahlende Liebe uns so tief berührte, daß wir weder bei der Begrüßung noch gar beim Abschied angemessene Worte fanden.
    Schließlich kehrten wir zu unserer Hütte in den vatikanischen Gärten zurück, und es dauerte nicht lange, da verkündete uns Anastasius, wie gewünscht könnten wir zum Lago di Bolsena aufbrechen.
    Marozia schickte Anastasius mit einer Bitte zu Princeps Alberich. Er möge ihr erlauben, ein letztes Mal in die Familiengruft hinabzusteigen, damit sie dort von ihrem Vater, dem Geist ihrer Mutter, aber auch von seinem Vater Abschied nehmen könne.
    Alberico gewährte ihr die Erlaubnis, und so wurden wir am Tag vor unserer Abreise zum Aventin gebracht. Kaum einer der Kammerdiener oder Mägde war zu sehen. Marozia trug schwer an dem Gefühl, den Palast der Eltern, den Ort ihrer früheren Herrschaft und ihrer größten Triumphe, ein letztes Mal aufzusuchen.
    Ein Diener ging uns mit einer Fackel voraus, und langsam schritten wir die Treppe hinab in die Krypta, die Marozias Vater für das goldene Kreuz des Belisar und seine letzte Ruhestätte angelegt hatte. Die Luft war nicht ganz so dumpf wie in den Gewölben der Engelsburg, aber sie wirkte beklemmend. Marozia biß die Zähne zusammen und starrte auf den Sarkophag ihres Vaters, als wolle sie ihn zwingen, den Deckel zur Seite zu schieben und sich zu erheben. Mein Blick wanderte über den leeren Sarkophag zum dritten, in dem Alberich lag, und weiter zum goldenen Kreuz, das noch immer an derselben Stelle hing, an der es Theophylactus hatte anbringen lassen. Dennoch wirkte es auf mich, als wäre es ausgetauscht worden. Die Edelsteine wirkten wie gefärbtes Glas, das glanzlose Gold sah wie billiges Messing aus.
    Marozia folgte meinem erstaunten Blick, schien aber nichts Ungewöhnliches zu entdecken. Nach einer Weile sagte sie nur: »Belisar hat uns Gold gebracht und unser Glück genommen«, wandte sich entschieden ab, nahm dem überraschten Diener die Fackel aus der Hand und verließ eilig die Krypta.
    Im Vestibyl begegneten wir unserem blonden Alberico, der erholt und zufrieden wirkte. Ernst und forschend schaute er seine Mutter an, ohne einen Anflug von spöttischer Ironie, mit der er sich vor abweisender Kälte hätte wappnen können – und sie erwiderte seinen Blick. Mein Herz begann wild zu pochen, es nahm rascher als mein Verstand wahr, daß zwischen beiden ihre hinter Mißachtung und Rachegefühlen verborgene Liebe durchbrechen wollte. Alberico nahm seine
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