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Die heimliche Lust

Die heimliche Lust

Titel: Die heimliche Lust
Autoren: Dalma Heyn
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und Amerikanerinnen — 55 Prozent — grundlegende Fragen nicht richtig beantworten, etwa ob Frauen während der Menstruation schwanger werden können (ja). Die Mehrzahl konnte zehn der achtzehn Fragen nicht beantworten. Das zeigt nach Auffassung von June M. Reinisch, der Leiterin des Kinsey Institutes und einer der Verfasserinnen des Reports, daß »die Amerikanerinnen bei einer Reihe von Fragen zur Sexualität einschließlich Aids, Homosexualität, Erektionsproblemen, Untreue und Menopause entweder die Fakten nicht kannten bzw. falsch informiert sind«. Unsere Bevölkerung, schreibt sie, »kennt die Tatsachen nicht, die wir wissen müssen, wenn wir sexuell gesund sein wollen«.
    Wie ist es in einer so sehr von Sex besessenen Gesellschaft möglich, daß wir dessen Bedeutung doch andererseits so herabwürdigen und unsere Unwissenheit und unser Totschweigen immer wieder rechtfertigen können? Wir wehren uns immer noch dagegen, die Zahlen aufzudecken, die beweisen könnten, was wir bereits wissen, und die uns helfen könnten, damit umzugehen: daß die meisten Teenager bereits Koituserfahrungen haben, wenn sie die High School verlassen; daß sich viele Mädchen nicht gegen Schwangerschaft und Krankheiten schützen. Dennoch verteidigte Louis W. Sullivan, amerikanischer Gesundheitsminister unter Bush, im September 1991 die Streichung einer Jugend-Untersuchung, die bereits von den National Institutes of Health finanziert war. Er fürchtete, die Fragen, die die sexuellen Einstellungen und Praktiken von Teenagern eruieren sollten, könnten den Anschein erwecken, »unverbindlicher« Sex werde akzeptiert.
    »Sexuelle Aufklärung fördert keineswegs die sexuelle Aktivität unter jungen Menschen«, betonen hingegen die Verfasserinnen des neuen Kinsey Reports, »und ein junger Mensch wird sein Sexualverhalten nach sexueller Aufklärung nicht in Richtung auf mehr oder weniger Liberalität hin verändern .«
    Was die Sexualität erwachsener Frauen betrifft, so fürchtet man offenbar, eine Befragung von Frauen zu außerehelichen Beziehungen könnte mit deren Billigung gleichgesetzt werden. Bücher und Zeitschriften treten endlos den einen Aspekt der Realität breit, den auch wir uns nicht genötigt fühlen totzuschweigen: die Seitensprünge von Männern. Sie konzentrieren sich nach wie vor darauf, enttäuschten Ehefrauen zu helfen, mit dem Unglück der Treulosigkeit der Männer — ihrer Männer — fertigzuwerden, und versprechen, ihnen zu helfen, ihre Ehe zu retten, treulose Gatten auf den rechten Weg zurückzuführen, die Monogamie wiederherzustellen, ja selbst mit der Bisexualität eines Ehemanns fertigzuwerden. Durch dieses ständige Wiederkäuen des Status quo, dieses Recycling bloß einer Hälfte der Geschichte, lullt man uns in dem Glauben ein, sexuelle Seitensprünge von Frauen seien kein Thema.
    Aber sie sind ein Thema. Frauen gehen so viel fremd, daß Kinsey überrascht wäre — obwohl er vor 35 Jahren selbst zugab, seine eigenen Zahlen über Ehebruch könnten durch die Scheu untreuer Frauen vor offenen Äußerungen ebenso verzerrt worden sein wie durch den Wunsch der Männer, als Ehebrecher zu gelten. Eine landesweite Untersuchung fehlt, wie gesagt, und die vorhandenen Studien warten mit unterschiedlichen Zahlen auf. Paul Gebhard, einer der Verfasser der früheren Kinsey Reports, faßte 1978 die vorhandenen Daten zusammen und gelangte zu dem Schluß, der Prozentsatz »fremdgehender« Frauen habe sich seit Kinsey auf etwa ein Drittel erhöht, während die Zahl für die Männer weiterhin um die 50 Prozent liege. Cosmopolitan führte 1980 eine großangelegte Befragung von 106 000 Frauen durch, die ergab, daß 41 Prozent außereheliche Affären hatten. Playboy befragte 1982 100 000 verheiratete Frauen und Männer und stellte bei 38 Prozent der Frauen und 48 Prozent der Männer außereheliche Beziehungen fest — wobei verheiratete Frauen unter dreißig mit größerer Wahrscheinlichkeit Seitensprünge gemacht hatten als verheiratete Männer des gleichen Alters.
    Von den 12 000 Personen, die Pepper Schwartz für ihr Buch American Couples (1983, mit Co-Autor Philip Blumstein) interviewte, bekannten sich »gleich viele zu außerehelichem Sex: 25 Prozent sowohl der Männer wie auch der Frauen. Sie fangen früher damit an«, schrieb sie, »und ihre Seitensprünge sind gleich häufig .«
    Eine Untersuchung von Thor Data/New York City (1986) erfaßte 2000 berufstätige Frauen mit College-Abschluß im Alter zwischen 25 und 50.
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