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Die heimliche Braut

Die heimliche Braut

Titel: Die heimliche Braut
Autoren: Margaret Moore
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beiden Wachposten blickte, die nach wie vor feixend und lachend am Tor standen, kam ihr plötzlich eine Idee.
    Sie lupfte die Zügel und ließ sie klatschend auf den Pferderücken niedersausen, nicht gar so scharf, dass es wehtat, aber doch straff genug, die Mähre tüchtig zu erschrecken. Empört aufwiehernd, galoppierte der Gaul los. Fergus schrie auf und klammerte sich am Sitz fest.
    “Aus dem Weg!”, rief Riona den Posten zu.
    Der eine schubste den anderen in den Burggraben und purzelte sogleich hinterdrein.
    Geschieht euch recht! dachte Riona, als der Klepper sein Tempo verlangsamte und in einen nervösen Trab fiel. Inzwischen hatten sie den Torbogen durchfahren und befanden sich im offenen Bereich der Vorburg. Riona blickte zurück, denn sie fürchtete, die Wachen beim Tor oder auf den Mauergängen würden sie verfolgen. Sie hörte aber, wie jemand rief, man solle sie getrost lassen; der Burgherr werde den Eindringlingen schon die passende Abfuhr erteilen.
    Fürwahr kein tröstlicher Gedanke, doch immerhin hatte sie sich nicht von den Wachposten abwimmeln lassen wie unerwünschtes Bettelvolk!
    “Oh weh, meine Schöne! Die werden dich in bleibender Erinnerung behalten!”, meinte Onkel Fergus laut lachend.
    Riona war nicht überzeugt, dass das Gutes versprach. “Ich hätte mich nicht gehen lassen dürfen! Wie eine Walküre auf sie loszupreschen, das war nun wahrlich nicht sonderlich damenhaft!”
    Ihr Onkel tätschelte ihr das Knie. “Die Kerle benahmen sich unverschämt und flegelhaft, obwohl du sie nicht beleidigt hast. Sobald du Sir Nicholas’ Gemahlin bist, kannst du sie fortschicken lassen.”
    Falls die Streitmacht des Herrn von Dunkeathe aus Raubeinen dieser Sorte bestand, dann hätte Riona lieber darauf verzichtet, Burgherrin zu werden. Ja, sie musste sich regelrecht zusammennehmen, sonst hätte sie den Onkel auf der Stelle gebeten, schnurstracks nach Hause zu fahren. Diese ganze Zitadelle erschien ihr bei weitem zu ungeheuerlich, zu Furcht einflößend und zu normannisch.
    Nunmehr gelangten sie an das zweite, ebenso beeindruckende Tor. Durch die Torhalle fiel der Blick direkt in den Innenhof und auf eine riesige Ansammlung von Pferdegespannen, Dienstboten, Reittieren und Soldaten. Der Lärm, der von ihnen ausging, glich der Brandung des Meeres, ein ständiges An- und Abschwellen, unterbrochen von gelegentlichem Gewieher oder einem in schroffem Ton geblafften Befehl.
    Riona machte sich schon auf die nächste Auseinandersetzung mit den rüpelhaften
Sassenach
gefasst. Diesmal indessen stand nur ein einzelner Mann neben dem Durchgang. Nach ihrer Einschätzung von mittlerem Alter, war er auf keinen Fall Schotte, denn er trug die Kleidung eines Normannen und hatte das hellbraune Haar in jener sonderbaren Fasson gestutzt, wie es der normannischen Mode entsprach – gerade so, als habe man ihnen vor dem Schneiden eine Schüssel über den Kopf gestülpt. In seinen Händen hielt er eine Wachstafel nebst Griffel. Wahrscheinlich, so vermutete sie, handelte es sich um eine Art Schreiberling.
    “Die Küche liegt links neben dem Burgsaal”, sagte der Mann, als Fergus das Pferd zügelte. Vielleicht war dieser Schreiber doch kein Normanne, denn er sprach vortrefflich Gälisch.
    “Gut zu wissen, sollte der Hunger uns plagen”, gab Onkel Fergus zurück, offenbar bemüht, sich im Zaume zu halten. “Ich bin Fergus Mac Gordon Mac Darbudh, Thane of Glencleith, und das hier ist meine Nichte, Lady Riona. Es ist uns zu Ohren gekommen, dass Sir Nicholas auf Brautsuche ist.”
    Die Augen des Mannes verrieten zwar seine Überraschung, aber er hatte sich schnell wieder in der Gewalt. “Aha. Könnt Ihr auch einen Nachweis über Euren Titel erbringen?”
    Damit hatte Riona nicht gerechnet. Vor dem geistigen Auge sah sie sich bereits in schmachvollem Rückzug an den angelsächsischen Wachposten vorbeifahren, als ihr Onkel sagte: “Benötigt Ihr einen Beweis, so kann ich die Urkunde des Königs vorlegen. Genügt Euch ein Dokument mit königlichem Siegel?”
    Entgeistert starrte Riona ihn an. Mit keinem Wort hatte er ihr gegenüber erwähnt, dass er seine Adelsurkunde mitführte. Nichtsdestotrotz war sie erleichtert, denn so blieben ihr weitere Peinlichkeiten erspart.
    “Gewiss doch!”, erwiderte der Mann am Tor. Fergus kletterte von seinem Sitz herunter und kramte in dem Ledersack herum, in dem sich seine Kleidung befand. “Ach, da ist sie ja schon”, brummte er, zog eine Pergamentrolle heraus und glättete sie.
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