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Die heimliche Braut

Die heimliche Braut

Titel: Die heimliche Braut
Autoren: Margaret Moore
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verschwunden waren, ließ Riona müßig den Blick über die Wagen und Menschen gleiten, die noch im Hof verblieben waren. Dabei fiel ihr ein Mann auf, den sie zuvor nicht bemerkt hatte. An die Stallwand gelehnt, beobachtete er genau wie sie das Treiben auf dem Burghof.
    Ein Edelmann konnte er nicht sein, denn er trug bloß ein Lederwams ohne ein Hemd darunter, so dass Arme und Brust entblößt waren. Seine übrige Kleidung war ebenso schlicht und unscheinbar: braune wollene Breeches, ein breiter Gürtel mit Bronzeschnalle und abgewetzte Lederstiefel. Die Art und Weise, wie die hautengen Beinkleider sich um die Schenkel spannten, ließ erkennen, dass nicht nur seine Arme muskelbepackt waren. Seine hageren, dunklen Züge verrieten den reifen Mann in den allerbesten Jahren.
    Wahrscheinlich, so ihre Vermutung, war er ein Soldat, der gerade dienstfrei hatte und auf Befehle wartete oder auf einen Vorgesetzten, der sie erteilte. Sogar ein Schotte konnte er sein, denn obgleich er die Kleidung der Männer aus dem Süden trug, fiel ihm das dunkelbraune Haar bis auf die Schultern – ganz anders als bei den Normannen.
    Seine reglose Gespanntheit gemahnte sie an eine Katze. Sie hatte einmal einen Kater gekannt, welcher bewegungslos und ohne einen Mucks einen ganzen Morgen lang vor einem Mauseloch lauerte und darauf wartete, dass die Maus sich zeigte. Riona zweifelte nicht, dass dieser Mann mit derselben Geduld auf seine Beute warten konnte. Anscheinend besoldete Sir Nicholas seine Truppe gut, denn ein Kämpfer von diesem Format verdingte sich ganz gewiss nicht billig.
    Eine der Mägde, eine hübsche Kleine mit einem Muttermal auf dem Busenansatz, eilte vorbei. Der Mann blickte in ihre Richtung, was an sich wenig überraschend war. Verwunderlich war indes die Reaktion der hübschen Magd. Statt kokett zu lächeln wie bei Begegnungen mit anderen Männern, sowohl Edelleuten als auch Knechten, verhielt sie sich plötzlich argwöhnisch, wenn nicht gar bang. Sie beschleunigte ihre ohnehin schnellen Schritte und hastete regelrecht an Riona vorüber.
    Der Blick des Dunkelhaarigen folgte der Magd – bis er dem von Riona begegnete.
    Ihr war, als würde sie auf dem Boden festgenagelt und in aller Seelenruhe gemustert. Niemals war sie Gegenstand einer solch eindringlichen Besichtigung gewesen! Nie zuvor hatte der Blick eines Mannes sie derart bestürzt und verlegen gemacht.
    Unverzüglich schlug sie die Augen nieder. Im nächsten Moment jedoch bereute sie schon, dass sie sich hatte einschüchtern lassen, und mahnte sich, nicht so albern zu sein. Warum sollte sie ihm nicht geradeheraus ins Gesicht sehen? Schließlich war sie ja keine Magd oder irgendeine Gehilfin! Er hatte ihr nichts zu befehlen!
    Mutig hob Riona den Blick und wich seiner beharrlichen Musterung nicht aus, entschlossen, ihn so lange anzustarren, bis er als Erster wegschaute. Beider Blicke begegneten sich und hielten einander fest.
    Langsam hob der Dunkelhaarige eine Augenbraue.
    Glaubte er etwa, er könne sie mit diesem wortlosen Verhör zum Wegschauen bewegen? Bildete er sich ein, sie würde ihm den Sieg in diesem seltsamen kleinen Spiel gönnen? Niemals!
    Gemächlich zog auch sie ihre Augenbraue hoch.
    Jetzt bog sich bei ihm die andere, woraufhin sie seinem Beispiel folgte.
    Langsam breitete sich ein Lächeln auf seinem Gesicht aus.
    Riona lächelte gleichfalls.
    Den Blick unverwandt auf Riona gerichtet, ließ der Mann die Arme sinken. Dann stieß er sich von der Stallwand ab und schlenderte auf sie zu.

2. KAPITEL
    K
ommt er etwa auf mich zu?
Bei allen Heiligen – was würde er wohl sagen? Oder tun? Vielleicht gar ein unanständiges Angebot machen?
    Rionas Atem ging schneller, während sie sich einredete, sie werde ihn schon lehren, dass sie eine ehrbare und tugendhafte Dame sei und keine Dienstmagd, vor der er sich Unverschämtheiten herausnehmen konnte. Außerdem, so mahnte sie sich, als er mit jenem gemächlichen, aber zielbewussten Gang auf sie zusteuerte, brauchst du nicht rot zu werden wie eine verdatterte Jungfer!
    Wenn du aufhörst, ihn anzustarren, ist er vielleicht zufrieden und lässt dich in Ruhe!
    “He, du da!”, ertönte plötzlich gebieterisch eine Frauenstimme.
    Der Soldat hielt inne, und sowohl er als auch Riona wandten sich dem Wagen zu, von welchem die Stimme herüberschallte.
    Über dem Gefährt prangte eine bemalte Plane aus Segeltuch. Am Wagenheck befand sich ein zeltähnlicher Einlass, dessen Seitenklappen gerade von einer rotwangigen Zofe
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