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Die Hand von drüben

Die Hand von drüben

Titel: Die Hand von drüben
Autoren: Paul Gallico
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Menschen, vorhanden waren. War es das, was die auf der höchsten Ebene beunruhigte?
    Hero versuchte der Sache auf eine andere Art beizukommen. Was war es, das man keinem persönlichen und privaten Brief anvertrauen und ebenso bestimmt nicht in einem transatlantischen Telefongespräch erwähnen konnte, das seine Dringlichkeit noch deutlicher gemacht hätte? Diese Quelle gab nicht viel her, die Antwort war nur, es war etwas, von dem man nicht wollte, daß jemand anderes etwas davon merkte oder erfuhr. Selbst ein Brief mit der Aufschrift «persönlich und privat» wie dieser konnte von einer Sekretärin oder einer oder mehreren nicht bevollmächtigten Personen geöffnet werden.
    Nur eins war sicher: Der Brief sagte: Helfen Sie! Kommen Sie schnell! Obwohl der Zeitpunkt für Hero nicht günstig gewesen war, hatte er Dr. Ferguson seine Zusage gekabelt, zumal, nachdem er seiner Stiefschwester Meg, Lady Margaret Callandar, den Brief gezeigt und sie, als sie ihn gelesen, sofort gesagt hatte: «Du mußt hinfliegen, Sandro. Dieser Mann ist in großer Not.» Er hatte dann den seltsamen Eindruck, sie wünschte, sie hätte es nicht gesagt, wußte aber nicht, warum, da er noch blind gegen die Tatsache war, daß sie lange in ihn verliebt gewesen war. Sie hatte sich einen Augenblick lang an ihn geklammert und ihn ermahnt: «Ach, Sandro, Sandro, sei vorsichtig! Es ist bestimmt gefährlich.»
    Hero hatte mehrere Vorträge verschoben, das Laboratoriumsexperiment abgebrochen, das eine besonders widerliche Art von spiritistischem Betrug entlarven sollte, und seinen Zahnarzt konsultiert, der ihm eine provisorische Füllung gemacht und ihm geraten hatte, gleich nach seiner Ankunft in New York Dr. Hofstetter aufzusuchen.
    Die Sprechanlage des Flugzeuges wurde angestellt, und die sanfte Stimme einer der Stewardessen sagte: «Das Niedergehen beginnt jetzt, und wir werden in zwanzig Minuten auf dem Kennedy Airport in New York landen. Bitte, schnallen Sie sich an, stellen Sie die Lehnen Ihrer Sessel aufrecht und rauchen Sie nicht mehr.»
    Bei Sonnenaufgang schoß die große BOAC-Jet aus dem Osten und flog zu den weißen schaumgesäumten Küsten von Long Island hinunter, und dann erblickte man im Morgendunst die prächtigen Wolkenkratzer von Manhattan, eine Million Fenster, die das Feuer der orangefarbenen Sonne reflektierten. Es war Alexander Heros erste Begegnung mit der Neuen Welt, die die Abkömmlinge eines Zweigs seiner Vorfahren errichtet hatten. Und wie so viele vor ihm, die zum erstenmal dieses achte Wunder der Welt erblickten, war er von der Schönheit so ergriffen, wie er es nie für möglich gehalten hätte.
    Zugleich empfand er nicht eigentlich Angst oder Beklemmung, sondern eher Ehrfurcht. Bevor der Pilot in die Flugschneise zum Kennedy Airport einbog, flog er über die Stadt, parallel zu dem silbernen Fluß, um seinen Passagieren den herrlichen Anblick der im Morgenlicht leuchtenden großen Metropole zu bieten. Auf diesen Wald hoher Gebäude, Spitzen und Türme hinunterblickend, glaubte Hero, das sei zu grandios, um von Menschenhand geschaffen sein zu können oder gar auch von Geistern und Gespenstern. Es erschien ihm plötzlich lächerlich, die Geister der Toten oder okkulte Manifestationen in Zusammenhang mit dem gewaltigen Gedicht aus Stein unter den Tragflächen des Flugzeugs zu bringen. Während er auf die spinnwebeartigen Brücken, die sich über den Fluß spannten, und die mächtigen Gebäude, die so viel Platz am Himmel einnahmen, hinuntersah, fragte er sich, was für Geschöpfe dort unten hausen mochten und wie die Riesen, die solche Gebäude zu errichten vermochten, sich plötzlich in verdrießliche, gereizte, von irgendeiner Kleinigkeit, von der sie glaubten, sie nicht zu verstehen, verängstigte Menschen verwandeln konnten. Nein, es war keine Umgebung, von der sich erwarten ließ, daß ein Geist in ihr gedeihen konnte. Das Flugzeug legte sich von neuem in die Kurve und drehte wieder einmal nach Osten, einer weiten Ebene entgegen, auf der weniger eindrucksvolle Häuserblocks standen, hinter denen die See und die zum Flughafen führende Rollbahn lagen. Hero drehte sich nach der atemraubenden Aussicht um und versuchte noch einmal einen Blick von dem Zauber Manhattans zu erhaschen.
    Was dann kam, war enttäuschend. Niemand holte ihn vom Flughafen ab, und das Betreten Amerikas konnte kaum dem majestätischen Panorama vor einigen Minuten als angemessen bezeichnet werden. Der Einwanderungsbeamte war ein großer, vierschrötiger
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