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Die Hand von drüben

Die Hand von drüben

Titel: Die Hand von drüben
Autoren: Paul Gallico
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auf seine Spezialität, aber welcher Situation sie auch immer gegenüberstanden, er war nicht gefühlsmäßig daran beteiligt, und da er jung und wahrscheinlich ehrgeizig war, würde er tun, was seine Vorgesetzten von ihm verlangten.
    Es war der rechts von Dr. Ferguson sitzende Saul Wiener, der auf Hero den stärksten Eindruck machte. Die lebhafte Intelligenz, die sich in seinem Gesicht spiegelte, hatte etwas Sardonisches, eine Intelligenz, die ihn wahrscheinlich von seinen Mitmenschen nicht viel halten ließ.
    Dennoch fühlte sich Hero von Anfang an zu ihm hingezogen. Denn während er fand, daß Augstadt mißmutig und Ferris vorsichtig war, war Wiener zwar auch verstimmt, aber zugleich amüsiert, und obwohl sein Lächeln ein wenig selbstzufrieden und zynisch war, hatte es auch etwas Undurchsichtiges, das ihm einen gewissen Charme gab. Er spürte, der Mann konnte auch herzlich sein, wenn er es wollte, und fragte sich, ob er in ihm einen Freund oder Feind finden würde. Wenn er sein Feind wäre, würde er furchtbar sein. Im Augenblick verriet Wiener noch durch nichts, wie er sich verhalten würde. Er saß da, die Hände in den Taschen, den Stuhl leicht nach hinten gekippt, und musterte nicht nur Hero, sondern auch den General, der ihm gegenüber saß, und als seine dunklen Augen einen Moment lang auf dem riesigen Klempnerladen auf der linken Brust von dessen Uniform ruhten, schien sein Lächeln noch zynischer zu werden. Hero erinnerte Wiener an einen Preisboxer, der auf das Glockenzeichen hin aus seiner Ecke kommt und auf seinen Fußballen balanciert.
    Dr. Ferguson war mit der Durchsicht und dem Zurechtlegen all seiner Akten fertig. Er strich sich mit dem Rücken seines Zeigefingers über seinen weißen Schnurrbart, obwohl der alles andere als struppig war, setzte seinen Kneifer auf, nahm ihn wieder ab, lehnte sich in seinem Sessel zurück und sagte: «Nun, meine Herren, ich glaube, wir können jetzt zur Sache kommen. Beginnen wir damit, Mr. Hero zu fragen, ob ihm der Name Samuel Haie Constable etwas sagt.» Er deutete mit seinem Kneifer auf Hero und fügte hinzu: «Professor Constable, um ihn auch mit seinem Titel zu nennen.»
    Hero dachte einen Augenblick nach, um dem Namen Zeit zu geben, in seinem Unterbewußtsein zu versinken und dort zu stöbern. Die Antwort kam fast sofort: «Kybernetik.»
    Die Köpfe aller, die um den Tisch herumsaßen, reckten sich plötzlich in seine Richtung, als ob man sie an einem Faden gezogen hätte, und General Augstadts viereckiges Gesicht begann sich zu röten. Dr. Ferguson nickte und sagte dann: «Ich möchte Ihnen jetzt folgende Frage stellen: Haben Sie jemals von dem Projekt Fingerhut gehört?»
    «Nein.»
    Der General setzte eine zugleich erleichterte und empörte Miene auf und ließ seine Blicke herausfordernd über den Tisch schweifen, als ob sich jemand erkühnt haben könnte, es gehört zu haben, aber Dr. Ferguson sagte sanft: «Das haben wir auch gehofft.» Er machte mit seinem Kneifer eine Geste zu der Gruppe hin und fragte: «Gestatten Sie dann...?», worauf die drei anderen, wie es Hero schien, nur widerwillig nickten, mit Ausnahme von Wiener, dessen Kopf sich nicht im geringsten bewegte und der weiter wachsam um sich blickte.
    «Sie erinnern sich vielleicht nicht», begann Dr. Ferguson, sich unmittelbar an Hero wendend, «daß Professor Constable nicht nur international als der größte Experte auf dem Gebiet der Kommunikation und Kontrolle der Mechanismen von Maschinen und Lebewesen anerkannt, sondern auch der Leiter der Abteilung für Kybernetik an der der Columbia-Universität angegliederten Technischen Hochschule ist, wo er darüber liest und auch ein eigenes Laboratorium hat. Zur Auffrischung Ihres Gedächtnisses habe ich hier ein Foto von Professor Constable.» Dr. Ferguson griff in eine Akte, nahm einen Glanzabzug heraus, auf dem man ein auffallendes Gesicht sah, und reichte ihn Hero.
    Es war ein Löwenkopf mit einer Mähne buschigen grauen Haars, dichten Brauen und kleinen wachen Augen. Die Nase war kräftig, aber der Mund war für die noblen Proportionen des Gesichts ein wenig zu klein, und Hero hatte das seltsame Gefühl, daß er ein Stimmungsmensch sein könnte. Er verscheuchte den Gedanken sofort. Niemand sollte einen anderen nach einem Foto beurteilen. Das Kinn war breit und energisch. Er war im Dreiviertel-Profil aufgenommen, und die ganze Haltung war aggressiv. Hero legte das Bild vor sich auf den Tisch. Dr. Ferguson räusperte sich und fuhr fort: «Die
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