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Die Hand von drüben

Die Hand von drüben

Titel: Die Hand von drüben
Autoren: Paul Gallico
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für eine kurze Zeit die wichtige Arbeit zu unterbrechen, mit der Sie bestimmt beschäftigt sind, und herüberfliegen, um mit uns zu beraten, würden wir tief in Ihrer Schuld stehen, einer Schuld, die sich kaum abtragen ließe. Ich brauche Ihnen wohl kaum zu sagen, daß Ihre Ausgaben Ihnen natürlich ersetzt werden und daß man Ihnen jedes von Ihnen geforderte Honorar bewilligen wird. Eine gekabelte Zusage würde uns alle von einer großen Sorge befreien
    Ihr aufrichtig ergebener
    S. Frank Ferguson

    PS. Unsere Einladung geht an Sie persönlich und nicht in Ihrer offiziellen Eigenschaft. F. F.

    Das Unterstreichen der Worte «gezwungen bin» und «dringend» in dem Brief machten Hero fast mehr als alles andere den ernsten Grundton bewußt, denn Dr. Ferguson stammte aus einer Zeit und Kultur, in der man lieber gestorben wäre, als einen solchen literarischen Verstoß zu begehen, etwas zu unterstreichen, um ihm ein besonderes Gewicht zu geben.
    Hero erinnerte sich an Dr. Ferguson von dem Besuch her, den er vor mehreren Jahren London abgestattet hatte, als einen hochgewachsenen, liebenswürdigen, gebildeten alten Herrn, der es liebte, sich ein wenig nach Edwardischer Mode zu kleiden, und ein an einem schwarzen Band befestigtes goldenes Pincenez trug, das er selten aufsetzte, da seine sehr lebhaften blauen Augen ausgezeichnet sehen zu können schienen, sondern hauptsächlich zum Gestikulieren und der Wirkung wegen benutzte. Er sprach ein fast reines Englisch, da er in Harvard studiert hatte. Hinter einer gewissen akademischen Lässigkeit verbarg sich ein sehr intensives Interesse an allem, was außerhalb seines eigentlichen Berufsgebiets lag, von der englischen Politik bis zum Fußballtoto, moderner Kunst, Essen, Weinen, Pferderennen und dem neuesten Sexbömbchen des Kinos. Er war innerlich jung und enthusiastisch wie ein Sechzehnjähriger und ebenso ein ruhiger Konservativer wie jedes Mitglied von Buck, dem er übrigens als distinguiertes ausländisches Mitglied angehörte.
    Man hatte ihn, wie Hero wußte, zum Präsidenten der amerikanischen Gesellschaft zur Erforschung des Übersinnlichen gewählt, nicht weil er ein glühender Spiritist war oder je gewesen war, sondern weil man seines kühlen, unbestechlichen und unerschütterlichen Urteils bedurft hatte, um den Streit beizulegen, der vor einigen Jahren in ihren Reihen, während einer vorübergehenden Wiederauferstehung des Spiritismus, zwischen den Gläubigen und den Skeptikern ausgebrochen war. Seit seinem Amtsantritt vor etwa zehn Jahren hatte er sie den Pfad der experimentellen Erforschung der Gedankenübertragung und der anomalen Fähigkeit der Sinneswahrnehmung geführt.
    Er war mehrmals in Heros privatem Laboratorium, hinten in seinem Haus in der Eaton Mews North 88 a, hinter dem Eaton Square, gewesen und hatte, ohne zu verhehlen, wie sehr ihn das alles faszinierte, von Hero entwickelte Apparate für die Messung und Prüfung von Behauptungen, die Medien geäußert hatten, studiert. Er war auch mit Hero darin völlig einer Meinung gewesen, daß es sinnlos sei zu versuchen, Fallen für Geister auszulegen, die sich als nutzlos erweisen mußten, weil ein Geist seiner Natur nach sich nun einmal nicht fassen ließ. Zugleich hatte er die raffiniert ausgeklügelten verschiedenen Arten von Fallstricken sehr bewundert, die Hero erfunden hatte, um Menschen zu fangen, die aus diesem oder jenem Grunde, meistens aus Geldgier, sich hatten verlocken lassen, Geister zu spielen.
    Hero erinnerte sich, daß Dr. Ferguson ihm gesagt hatte: «Mein Lieber, wie glücklich sind Sie dran, daß Sie hier in England so viel Spaß haben! Ach, bei uns ist das fast ausgestorben. Hin und wieder versucht ein hysterisches junges Mädchen oder ein hysterischer junger Mann in einer Landgemeinde, die mit der Pubertät nicht fertig werden, es mit Poltergeist-Tricks, um die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, oder ein Pseudohellseher verfällt in den Fehler, weiszusagen und wird schließlich von der Polizei eingelocht, und damit scheint es sich zu haben. Nur selten werden wir gerufen, um ernste Behauptungen nachzuprüfen.»
    Aber wie aus dem bekümmerten Brief des distinguierten alten Gentleman hervorging, schien es jetzt dazu gekommen zu sein. Und darüber hinaus schienen sie damit nicht fertig werden zu können.
    Die Stewardeß, die sich mit dem letzten der geleerten Frühstückstabletts den Weg durch den Mittelgang des Flugzeugs in ihre kleine Küche bahnte, blieb unwillkürlich einen Augenblick
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