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Die Hand am Sack: schwule erotische Geschichten (German Edition)

Die Hand am Sack: schwule erotische Geschichten (German Edition)

Titel: Die Hand am Sack: schwule erotische Geschichten (German Edition)
Autoren: K. R. Adam
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sicher wie das Amen in der Kirche. Nachdem er sich wieder abgewandt hatte, trank er einen Schluck aus seinem Glas. Ich bestellte ebenfalls ein Pils. Aus Erfahrung wusste ich, dass es gut war, dasselbe Getränk wie sein Opfer zu haben. So konnte man, wenn einem nichts Besseres einfiel, immer noch darüber eine Konversation beginnen. Ein Blick in die Runde brachte mich zum Schmunzeln. Da saßen Hetero-Pärchen, bärtige Lederkerls, Tunten und farbige Soldaten in friedlicher Eintracht beisammen und das nicht nur zur Weihnachtszeit. Hier wurden auch sonst keine Unterschiede gemacht, wie mein Bekannter erzählt hatte.
    Noch ehe der Barkeeper mein Pils brachte, vollzog ich auf dem Hocker eine halbe Drehung, lehnte mich nach hinten an den Tresen und beobachtete das muntere Treiben auf der Tanzfläche. Vier an der Decke aufgehängte Lautsprecherboxen, so groß wie Kühlschränke, sorgten für einen irren Sound. Eine Reihe bunter Strahler und Lichtorgeln tauchten das Parkett, auf dem sich Gays und Hetero-Pärchen tummelten, in gleißendes Licht und überzogen die Tanzfläche mit zuckenden Lichtsalven. Der bärtige Discjockey, der auch eine Sünde wert gewesen wäre, verstand sein Handwerk und brachte eine ausgewogene Mischung von heißem Disco-Sound und Weihnachtsliedern, wobei einem so recht bewusst wurde, wie sehr sich die Bezeichnung Happy Christmas oder Fröhliche Weihnachten hier vor allem auf die Musik bezog. So konnte es sein, dass auf Abba oder die Village People plötzlich Jingle Bells von den Spotnicks folgte oder James Last oder Herb Alpert Weihnachtslieder spielten oder José Feliciano sein Feliz Navidad sang oder Johnny Mathis seine Version von Sleigh Ride zum Besten gab.
    Als es auf zwölf zuging, spielte er zwischendurch auch mal langsamere Titel, wie etwa die Titelmelodie aus dem Film Ein Käfig voller Narren . Der Gedanke an die beiden Filme entlockte mir ein Grinsen. Als ich einen Schluck aus meinem Glas trank und dabei den Blick auf meinen blonden Nachbarn richtete, sah ich, wie auch er lächelte, obwohl der Discjockey den Titel des Stückes nicht genannt hatte. Ein paar Sekunden klebten unsere Blicke aneinander, fragend und antwortend zugleich, ein elektrisierendes Gefühl.
    »Warst du auch in den beiden Filmen?«, brach ich das Schweigen.
    Er nickte stumm und ich fragte, ob sie ihm gefallen hätten. Er sagte nur »Ja« und damit war die Konversation auch schon beendet. Wenn zwei einer Meinung waren, gab es nichts, worüber man Worte zu verlieren brauchte. Wäre er anderer Ansicht gewesen, hätten wir vielleicht darüber diskutieren können. Stupid die Highlights aus den beiden Filmen aufzuzählen, wäre müßig gewesen. Also lächelten wir nur verlegen und schwiegen wieder.
    Der Discjockey hatte inzwischen die Platte mit dem Soundtrack gewendet und spielte von der Rückseite den Titel La Gabbia dei Matti , einen flotten Tango. Was sich dabei auf der Tanzfläche abspielte, stand der Handlung beider Filme in Sachen Komik in nichts nach. Die haarigen Kerls in engen Jeans, Stiefeln und zum Teil in Ledermontur Tango tanzen zu sehen, war einfach köstlich, und alle, die um die Tanzfläche herumstanden, kugelten sich vor Lachen, was die Akteure noch weiter anspornte.
    Nach dem von stürmischem Applaus begleiteten Schlussakkord wurde es plötzlich Ernst. Der Discjockey nahm das Mikrofon zur Hand: »Es ist jetzt gleich elf, liebe Freunde«, begann er nach einem Blick auf seine Armbanduhr, »wir wollen nicht vergessen, was für ein Tag heute ist. Weihnachten! Die Heilige Nacht. Ich darf euch auch im Namen meiner Kollegen ein frohes Fest wünschen. Der Abend ist noch nicht zu Ende und wir sind hier fast schon so etwas wie eine große Familie. Die Zeit, vielleicht auch ein wenig der Alkohol und nicht zuletzt die Musik bringen uns einander näher, schweißen uns zusammen. Kontakte entstehen über soziale Schranken und Hautfarben hinweg. Ich darf hier besonders unsere amerikanischen Freunde erwähnen. Bande werden geknüpft, manche für eine Nacht, andere für länger, einige fürs Leben. Viele feiern das Fest auch allein, weil sie niemanden haben, irgendwo im stillen Kämmerlein, enttäuscht, traurig, vielleicht verzweifelt. Ich bin sicher, jeder von uns hat das schon erlebt. Wir sind hier eine Gemeinschaft, doch hebt uns das nicht über die anderen hinaus, denn wir sitzen alle im selben Boot. Und wir können nur versuchen, das Beste aus unserem Leben zu machen, indem wir jeden Augenblick genießen. Keine Sekunde, die
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