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Die Haie vom Lotus-Garten

Die Haie vom Lotus-Garten

Titel: Die Haie vom Lotus-Garten
Autoren: Stefan Wolf
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der Verbrecher in halsbrecherischem Tempo
floh. Zeitweise verlor der Streifenwagen den Audi aus den Augen. Aber dann
wurde das Fluchtfahrzeug wieder entdeckt, nämlich als es am Waldrand parkte —
am Rande des internatsnahen Waldes, in dem Tim und Gaby seit einer Stunde die
Bäumchen schüttelten.
    „Es liegt auf der Hand“, sagte der
TKKG-Häuptling. „Der Täter hat sich hier versteckt. Denn der Audi war ja leer,
als er entdeckt wurde. Man weiß, daß der Typ eine helle Sporttasche hat. Das
hatte der Banker gesehen. Damit herumzuspazieren, hat sich der Tunnelbuddler
nicht getraut. Sein Gesicht kennt man nicht. Und der Arbeitsoverall, den er
beim Einbrechen trug, lag auch im Wagen. Verräterisch konnte jetzt also nur
noch die Tasche sein. Deshalb hat er sie hier versteckt. Und Oskar gebührt
Finderlohn.“
    „Er kriegt eine Kindersalami.“
    „Mindestens.“
    Tim bückte sich und tätschelte
dem Schlappohr den Kopf.
    „Du meinst also“, sagte Gaby,
„der Bankräuber ist dann wie ein Spaziergänger weggesohlt. Obwohl es hier bald
gewimmelt hat von Polizisten.“
    „Logo. Wer wollte ihm was
anhaben?“
    „Aber jetzt ist die Luft rein.
Er wird wieder herkommen, um die Tasche zu holen.“
    Das war auch Tims Gedanke. War
der Typ schon da? Lauerte er in der Nähe? Hielt er sich versteckt? Verfluchte
er das Pärchen, das sich so umweltbewußt um die jungen Bäume kümmerte?
    Tim spähte in den Wald zu
beiden Seiten des Weges. Hohe Bäume mischten sich mit dem Nachwuchs. Nicht an
allen Stellen war der Wald dicht, aber die blauen Schatten der beginnenden
Dämmerung hingen wie Schleier zwischen den Stämmen. Dort konnte sich jeder
verbergen.
    Tim strengte die Augen an. War
irgendwo eine Bewegung? Er sah nichts Verdächtiges. Ab und zu rutschte Schnee
von den Zweigen und plumpste dumpf auf den Boden.
    „Mir ist unheimlich.“ Gaby
schauderte. „Ich glaube, wir werden beobachtet.“
    „Das bildest du dir ein.“
    „Vielleicht ist er bewaffnet.
Dann kannst du nichts machen mit deinem Kampfsport.“
    Da hatte sie recht. Also war es
klug, den Rückzug einzuleiten. Selbstverständlich nahm Tim die Tasche mit. Sie
enthielt außerdem eine grüne Stahlkassette. Die war verschlossen und stammte
vermutlich aus einem der Schließfächer, gehörte einem Bankkunden und war wohl
gefüllt mit Schmuck oder Goldmünzen.
    Tim nahm seine Freundin an der
Hand. Oskar war nun angeleint und trabte nebenher. Tim trug die Tasche. Sie
strebten zum Waldrand, und Gaby blickte immer wieder hinter sich. Aber niemand
verfolgte die drei.

    „Die Tasche“, sagte Tim,
„übergeben wir deinem Vater. Nur ihm. Das heißt, ich komme mit zu dir.“
    „Aber meine Eltern sind nicht
da. Du weißt doch: Sie sind mit Ehmanns nach Bad Schliersich gefahren. Per
Bahn. Wegen der Weinprobe. Sie kommen erst heute abend zurück.“
    „Mist!“ Er überlegte.
    Gaby hatte nur bis 17 Uhr Zeit.
Dann kam eine Freundin zu ihr. Das war verabredet, und Gaby hielt auf Pünktlichkeit.
Vordergründig ging es bei der Verabredung um eine Weihnachtsbastelei.
Tatsächlich aber, wie Tim stark vermutete, mehr darum, über Jungs zu lästern.
Denn Edeltraut Ehmann, Gabys Freundin, hatte Zoff mit ihrem Freund, einem Typ
aus der Wirtschaftsoberschule.
    „Wann kommen sie zurück?“
    „Ankunft ist 19.34Uhr am
Hauptbahnhof.“
    „Dann stehe ich um kurz vor
acht bei euch auf der Matte. Bis dahin gebe ich die Tasche nicht aus der Hand.
Ich nehme sie mit ins Adlernest und setze mich die ganze Zeit drauf.“
    Gaby lachte. Der Wald lag jetzt
hinter ihnen. Sie liefen zur Bushaltestelle an der Zubringer-Straße. Über die
Felder pfiff ein eisiger Wind. Raben hockten in den kahlen Bäumen und krächzten
jämmerlich. Mit dem Kälteeinbruch war die harte Zeit gekommen. Die Vögel litten
Hunger.
    Gab fror und schmiegte sich an
ihren Freund. Tim hatte seine gummierte Wetterjacke geöffnet und versuchte,
auch Gaby darin unterzubringen, was aber nur zum Teil gelang.
    Dann kam der Bus, sie und Oskar
stiegen ein, Tim trabte das kurze Stück zum Internats-Gelände und hielt den
Bügel der Tasche mit eisernem Griff.

2. Lösegeld für Gaby
     
    In der Bude Adlernest saß
Klößchen auf seinem Bett, blätterte in einem Buch und füllte sich den Mund mit
Schokolade.
    „Na, war’s schön im Winterwald?
Hast du dir die Füße erfroren?“
    Tim stellte die Tasche auf den
Tisch. „Rat mal, was da drin ist?“
    „Mein Geschenk vom Nikolaus.“
    „Sieht die Tasche aus wie drei
Zentner Schokolade?
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