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Die haessliche Herzogin

Titel: Die haessliche Herzogin
Autoren: Lion Feuchtwanger
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Rudolf den Ministern garantiere, daß ihre Privilegien und Verfügungen für mindestens zwölf Jahre in Geltung blieben.
    Rudolf schaute den breiten, massigen Menschen an, der feist und widerwärtig vor ihm stand. Der blinzelte ihm spitzbübisch zu, einverständnisvoll wie bei einem guten, unsaubern Handel ein Schelm und Krämer dem andern. Hochmütig sagte der Habsburger: Das seien merkwürdige Sitten, die in Tirol eingerissen seien, und sonderbare Begriffe. In habsburgischen Landen wage keiner, dem sein Hals lieb sei, solche Vorschläge an seinen Fürsten. Soviel ihm bekannt, sei ein deutscher Fürst Gott verantwortlich und allenfalls dem Kaiser, und ein Habsburger nach den Hausprivilegien nicht einmal dem. Der Frauenberger schaute gleichmütig, wartete, ob nach dieser allgemeinen, theoretischen Einleitung ein Besonderes, Praktisches komme. Der Herzog schloß kalt, er sei bereit, zu prüfen, wieweit die Privilegien der Barone zu Recht bestünden. Der Albino tat sein Froschmaul auf, quäkte frech, behaglich, vergnügt: Auf solcher Basis werde man sich wohl einigen. Er rechne damit, die Prüfung des Herzogs werde weitherzig ausfallen. Sei man doch auch in Tirol immer weitherzig genug gewesen, niemals die so spät und unter so merkwürdigen Umständen aufgefundenen habsburgischen Hausprivilegien anzuzweifeln.
    Da geschah etwas Seltsames. Langsam, ruhig hob der junge Herzog die schmale, feste, knochige Hand.
    Mit dem bräunlichen Handrücken schlug er in das fette, nackte, rosige Gesicht des andern, zweimal, rechts, links.
    Der Frauenberger hielt ganz still. Sein geschlagenes Gesicht schien durchaus nicht weiter gekränkt, nur maßlos verblüfft. Die rötlichen, lidlosen Augen starrten auf den Fürsten, sahen die niedere, eckige, entschlossene Stirn, die Hakennase, die hängende Unterlippe über dem starken Kinn. Der Albino blinzelte, blinzelte stärker, wiegte den Kopf, hob wie entschuldigend die Achseln, verneigte sich, ging.
    Rudolf, allein, atmete, breitete die Arme, lächelte, lachte.
    Der Frauenberger sagte sich: »Man könnte ihn beiseite schaffen. Aber es wird nicht so glatt gehen wie bei den andern. Auch hat er sich gewiß vorgesehen, und es stehen viele hinter ihm. Es ist klüger, sich nicht mit ihm einzulassen. Es ist schade um die schöne Regiererei. Aber ein Kerl mit solchem Nacken und solchem Kinn. Na, ich hab auch so genug beisammen. Wer hätte mir eine solche Karriere zugetraut? Man muß schauen, soviel wie möglich zusammenzuhalten. Wozu die ewige Habgier? Ich bin kein Esel. Ich bescheide mich, wenn das Risiko zu groß wird. Immerhin, schade. Aber bei solcher Hakennase.«
    Er pfiff sein Lied, streckte sich, gähnte geräuschvoll, knackte mit den Gelenken, schlief.
    Jung, fest, gerafft, doch nicht unehrerbietig, trat Rudolf vor die Herzogin. Er begrüßte die Starre, Verschlossene, drückte ihr auch mündlich sein Beileid aus. Ging dann sogleich mit höflichen, bestimmten Worten auf sein Ziel los. Sie sei bekannt an allen Höfen als Fürstin von Klugheit und Kraft. Um so erstaunlicher, daß jetzt die kurzen Tage ihrer Alleinherrschaft dem Lande so schlecht bekommen seien. Es sei wohl so, daß der Schmerz über den Verlust ihres Sohnes so rasch nach dem Verlust ihres Gemahls sie verwirrt habe und unfähig mache, ihre großen Gaben zu nutzen.
    Nun brauche aber das Land in den Bergen jetzt mehr als je eine feste Hand. An den Grenzen drohe Bayern, auch die lombardischen Herren würden bei einem wittelsbachischen Angriff nicht stillbleiben, im Innern regiere die nackte Habsucht der Barone. Er gebe zu erwägen, ob Margarete das Vertrauen, das sie ihrem Testament zufolge dem Haus Österreich schenke, nicht jetzt schon erweisen , ihm die Verwesung des Landes abtreten wolle.
    Reglos saß die alte, plumpe Frau vor dem jungen Fürsten. Der breite, wüste Mund zuckte nicht, die massigen, geschmückten Hände lagen tot auf dem schweren, schwarzen Damast des Kleides.
    Die harten, klaren, grauen Augen richtete Rudolf auf sie, wartete, setzte wieder an: Er wolle sie nicht mit vagen Versprechungen locken. Das Regiment der Habsburger habe sich bis jetzt gerecht, stark, kräftig gezeigt. Tirol werde keinen Vorzug haben vor den andern habsburgischen Besitzungen. Aber dafür stehe er ihr ein, der Fürst der Fürstin, es werde regiert sein wie diese: stark, gerecht, tüchtig. Was sie persönlich angehe, so werde für ihre Bedürfnisse bestimmt reicher und herrenhafter gesorgt werden als unter der Verwaltung der
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