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Die haessliche Herzogin

Titel: Die haessliche Herzogin
Autoren: Lion Feuchtwanger
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bayrischen Artusritter war bescheiden gewesen, verglich man es mit der großzügigen Plünderung Tirols durch dieses Kabinett der Maultasch.
    Der Frauenberger steckte grinsend, breit, selbstverständlich die Hinterlassenschaft der Agnes ein, dazu Burg und Pflege Pergine und Schloß Penede östlich von Riva, Heinrich von Kaltern-Rottenburg die Feste Cagno auf dem Nonsberg, dazu das Dorf gleichen Namens, Hans von Freundsberg Festung und Pflege Straßberg bei Sterzing. Ganz aus dem vollen scheffelten die Herren von Matsch. Sie ließen sich Nauders zusprechen, Stadt und Gericht Glurns, die Propstei Eyers, Schloß Jufal am Eingang ins Schnalser Tal.
    Berchtold von Gufidaun und der Deutschordenskomtur Egon von Tübingen schauten mißbilligend zu, hielten sich, belächelt von den andern um ihre Naivität, die Hände rein.
    Schenna schüttelte betrübt den Kopf über die Habgier der Kollegen. Sagte sich schließlich: Besser ich als ein anderer. Eignete sich traurig und sachkundig Pflege und Gericht Sarnthein an, steckte auch Burg und Pflege Reineck ein, dazu Festung und Gericht Eppan, schließlich, ganz trübsinnig über soviel Schwäche und Hemmungslosigkeit, Lugano oberhalb Cavalese.
    Margarete, starr und schweigsam, unterschrieb, was man ihr vorlegte. Im Verlauf von dreizehn Tagen hatte sie das halbe Land verpfändet und verschenkt.
    Über den Krimler Tauern durch den wilden Januar arbeiteten sich fünf Männer. Sie sanken in Schneemulden, kämpften sich heraus, zerschrundeten sich Hände und Gesicht an Eis und Stein. Aus Schluchten, trügerischen Schneehalden, hundertfältig, lautlos, wehte einen Tod an. Zwei Bären folgten ihnen von ferne, flohen, schnupperten sich wieder heran. Drei Tage so arbeiteten die Männer sich vor, bis sie bei dem Dorfe Prettau wieder eine menschliche Siedlung erreichten.
    Es waren Rudolf, Herzog von Österreich, Herr von Rappach, sein Hofmeister, Herr von Laßberg, sein Kämmerer, und zwei Knechte.
    Der Habsburger hatte in der Steiermark, in Judenburg, durch Eilkurier eine Depesche seines Kanzlers erhalten, der sich in den schwäbischen Vorlanden an der tirolischen Grenze aufhielt. Bischof Johann von Gurk meldete ihm die tirolischen Wirren, die im Anschluß an Meinhards Tod entstanden waren, und forderte ihn ebenso dringlich wie untertänig auf, so schnell wie möglich in das Land in den Bergen zu kommen.
    Rudolf überlegte kurz: Die Wittelsbacher rauften jetzt wohl unter sich um Meinhards bayrisches Erbe, hatten keine Zeit für Tirol. Ja, der Kanzler hatte recht , es war das wichtigste, daß er jetzt auf kürzestem Weg, überraschend, Bayern meidend, bei Margarete erschien. Zurück nach Wien? Militär? Nein, geradeswegs von Judenburg nach Radstatt ritt er, in den Pinzgau, hörte nicht auf die Beschwörungen, jetzt im Winter von der Überquerung der Tauern abzustehen, drang zäh, ums Leben kämpfend, über den Paß, gelangte nach Prettau, nach Ahrental. Geriet in Taufers unerkannt in den Strom der abziehenden Trauergäste. Hörte von dem neuen Ministerium, seinen unerhörten Vollmachten, seinen Plünderungen. Kam nach Bruneck. War am zwanzigsten Januar, am vierzehnten Tag der Alleinherrschaft der Margarete, in Bozen.
    Da stand er nun. Das Land, sein Land, für dessen Besitz er und sein Vater durch Jahrzehnte gewirkt hatten, war in der Hand der gewalttätigen Barone, wurde jämmerlicher zerstückt von Tag zu Tag. Er war ganz allein; sein Heer bestand aus zwei Offizieren und zwei Mann. Wohl hatte er in Österreich Order hinterlassen, Truppen an der tirolischen Grenze zusammenzuziehen. Aber bis solche Maßnahmen wirksam wurden, konnte das Land in den Bergen aufgeteilt sein. Er erkannte sehr gut, wie voll Gefahr seine Situation war.
    Es war möglich, daß die entzügelten, verwilderten Barone vor seiner geheiligten Person nicht zurückscheuten, sich, wenn auch solches Vorgehen nur sehr kurzfristigen Erfolg haben konnte, seiner bemächtigten, ihm Bestätigungen, Zugeständnisse abzupressen. Aber wie immer, er konnte nicht warten. Er war randvoll vom Willen zu seiner Sendung, vom Glauben an sich selbst. Alles hing ab von seinem persönlichen Auftreten.
    Der Frauenberger ließ sich melden. Kam als Vertreter des Ministeriums. Stand vor dem Herzog, lauersam, abwartend. Der war sehr kühl, verschlossen. Der Frauenberger tastete sich vor. Blinzelte Rudolf vertraulich an, sagte jovial: Das Kabinett sei allenfalls bereit, jenes Testament Margaretes zu Habsburgs Gunsten anzuerkennen, vorausgesetzt, daß
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