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Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Titel: Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)
Autoren: Robert Merle
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die Gatter zwischen ihren Führungsbohlen auf und ab, sich zu versichern, daß sie sich auch gemäß seinem Willen hoben und senkten.
     
    In der Nacht vom 24sten auf den 25sten Februar, kaum eine Woche nachdem uns die Warnung Puymartins erreicht hatte,trat mein Vater mit einer angezündeten Laterne in der Hand in meine Schlafkammer und sprach mit ruhiger Stimme, ich solle mich erheben und zum Kampfe rüsten, denn es sei ein Überraschungsangriff zu befürchten, Escorgol habe verdächtige Geräusche aus der Richtung unserer Beunes-Mühle gehört und einen Schein wie von Feuer über den Bäumen wahrgenommen. Spornstreichs tat ich, wie mir geheißen, rüstete und waffnete mich und stieg in den Hof hinunter. In der kalten klaren Nacht standen dort alle Männer der Burg in der allergrößten Stille versammelt, ein jeder angetan mit Morion und Brustpanzer, den Spieß oder die Arkebuse in der Faust. Mein Vater trug noch immer seine Laterne und hatte zwei Pistolen im Gürtel stecken.
    »Mein Bruder«, sprach er zu Sauveterre, »ich nehme Pierre, Samson, meine Vettern Siorac sowie Miroul mit mir zur Verteidigung der äußeren Mauer um den See. Ihr behaltet Faujanet, François und Péromol zur Bewachung der Innenburg. Zündet die Fackeln in den Mauern nicht an, und keiner soll einen Laut von sich geben. Diese Schurken werden sich wundern. Die böseste Überraschung erlebt, wer überrascht wird, wenn er sich schon am Ziel glaubt.«
    Ich war höchst erfreut, daß ich in der Gesellschaft meines Vaters verbleiben durfte, denn ich vermeinte, in jener Nacht an seiner Seite kühne Handstreiche zu erleben und zu Ehren kommen zu können; zumal er, kaum daß wir die beiden Zugbrücken hinter uns gelassen, Samson und die Vettern Siorac anwies, auf dem Wehrgang der Ringmauer zu patrouillieren, und nur Miroul und mich bei sich behielt, eine Wahl, die mich mit Stolz erfüllte. Mit der Laterne in der Hand, welche angesichts des hellen Mondscheines von wenig Nutzen war, schritt er unverzüglich auf den unterirdischen Gang zu; dort aber öffnete er nicht das erste Fallgatter, wie ich vermeint hätte, sondern ließ statt dessen das zweite herab.
    »Wie«, sprach ich mit leiser Stimme, »steigen wir nicht in den Gang hinab, Coulondre und seiner Jacotte zu Hilfe zu eilen?«
    »Tätest du solches an meiner Stelle?«
    »Ei gewiß!«
    Er lächelte, und im Mondschein glänzten seine Augen unter dem Visier seiner Sturmhaube.
    »Das wäre gar leichtfertig gehandelt, denn wisset Ihr, ob nicht am anderen Ende schon der Feind steht?«
    Worauf ich schwieg, die Lippen zusammengepreßt und gar sehr betrübt ob meiner Torheit. Doch wie verwundert war ich erst, als ich sah, daß mein Vater das erste Gatter öffnete.
    »Mein Pierre«, sprach er, die Laterne vor sich haltend, »so bald ich darinnen bin, läßt du das Gatter am Eingang herab, ohne jedoch das zweite zu öffnen, welchselbes du erst auf meinen ausdrücklichen Befehl nach oben bewegst.«
    »Aber Herr Vater«, sagte ich reichlich erschreckt, »was wollet Ihr tun in dieser Falle?«
    »Mich in einer Nische verbergen, welche sich zur Linken befindet und gerade groß genug ist für einen Mann, sodann die Laterne verhüllen und warten.«
    »Wessen wollet Ihr warten?«
    »Der Jacotte.«
    »Mein Herr Vater, und was soll ich indes tun?«
    »Halte dich bereit, das Gatter am Ausgang zu öffnen, und Miroul möge gewärtig sein, das zweite zu öffnen und zu schließen. Halte dich außer Sicht, denn der Mond steht hoch.«
    Ich hockte mich seitlich vom Gatter nieder, so daß ich außer Sicht war, und suchte mit meinen Augen die rabenschwarze Finsternis zu durchdringen, darinnen mein Vater verschwunden war wie der Fuchs in seinem Bau. Obgleich er seine Laterne verhüllet hielt, verbreitete sie doch einen schwachen Schein; hingegen verstand er sich so vollkommen still zu verhalten, daß ich – sosehr ich auch meine Ohren anstrengte – nicht einmal seinen Atem wahrnahm. Was ich indes bald gar deutlich vernahm, war das eilige Klappern von Jacottes Holzschuhen auf der nackten Erde des Ganges.
    »Wer da?« rief mein Vater, ohne sich mit dem kleinsten Teil seines Körpers zu zeigen und ohne den Schein seiner Laterne freizugeben.
    »Jacotte.«
    »Allein?«
    »Mit dem Kindelein.«
    Darauf sprach mein Vater die folgenden Worte, welche mich in großes Erstaunen versetzt, hätte ich nicht an der Art, wie er sie sprach, erkannt, daß sie im voraus verabredet waren:
    »Geht es dem Kindchen gut, Jacotte?«
    »Es geht ihm
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