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Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Titel: Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)
Autoren: Robert Merle
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Schweinestall befand, wo Sauen, Ferkel und Bärche ohrenbetäubend quiekten und grunzten, als fühlten sie die Gefahr, welche von den Flammen ausging.
    »Herr Baron«, sprach Coulondre mit gedämpfter Stimme, »wollet Ihr, daß wir die Schweine in den Gang treiben und also in Sicherheit bringen?«
    »Nein«, sprach mein Vater mit einem Blick zur Tür, hinter der das Feuer prasselte. »Dazu fehlt uns die Zeit; wir haben Dringenderes zu tun, Männer«, fuhr er fort, »stapelt die Getreidesäcke aufeinander, damit wir dahinter Deckung finden, mit dem Rücken zum Gang, welcher uns, so dies vonnöten sein sollte, die Flucht ermöglichen wird. Lasset es dem Wall nicht an Dicke fehlen und führet ihn auf bis in Schulterhöhe, damit wir dahinter sicher sind vor den Blicken oder gar den Kugeln der Angreifer.«
    Wir taten, wie er geheißen, und er legte selbst Hand an, mit lebhafter Miene wackerer denn ein jeglicher von uns zu Werke gehend, schier erfreut ob all der Mühen und des bevorstehenden Kampfes.
    Solches Hin und Her verursachte einiges Geräusch, doch ich wette, die Strauchdiebe vermochten nichts zu hören, denn die Schweine machten die ganze Zeit einen Höllenlärm, daß einem das Trommelfell hätte platzen mögen. Da das Werk schließlich getan, begaben wir uns alle hinter unseren Körnerwall, welcher einen halben Klafter dick war und brusthoch, auch hier und da einige schmale Lücken zwischen den Säcken aufwies, um den Feind zu erspähen. Alsdann bliesen wir die Lunten unserer Arkebusen an, prüften das Zündpulver der Pistolen und warteten nicht ohne einige Unruhe und Herzklopfen, doch beruhigt durch den Gedanken an den unterirdischen Gang in unserem Rücken.
    »Männer!« sprach mein Vater, »wenn ich rufe ›mit Gott voran‹, dann erhebet die Köpfe, lasset ein gewaltiges Geschrei ertönen und gebt Feuer.«
    »Und wie ich feuern werde«, sprach Coulondre Bras de Fer, »wacker und mit Fleiß und daß sie vor die Hunde gehen. Wenn ich daran denke, daß diese Hundsfötter mir die Tür mit meinem eigenen Reisig abbrennen!«
    Er sagte dies mit grämlicher Miene, und grämlich war oderschien seine Miene immer, dazu sprach er selten ein Wort, und wenn, dann war es ein Klagewort, obgleich er sich nicht schlecht stand mit unseren Schweinen und unseren Äckern im Beunes-Grund, welche er in Halbpacht hatte, und zudem als Graukopf noch eine treffliche junge Maid geehelicht hatte, bei der gut liegen war.
    »Gemach, Coulondre!« sprach mein Vater, welcher sein Hauptmann in der Normannischen Legion gewesen und ihm wohlgesinnt war. »Gräme dich nicht um deine Tür! Ich habe auf Mespech schöne trockene Eichenholzbohlen. Daraus wird dir Faujanet auf mein Geheiß eine neue Tür verfertigen, dicker mit Eisen beschlagen und bewehret denn diese hier!«
    »Gott danke es Euch, Herr Baron!« sprach Coulondre, welcher sich nur beklagt hatte, damit er solches versprochen bekomme.
    Und obgleich die Traurigkeit nicht aus seinen grauen Augen wich, vermeinte ich doch einige Zufriedenheit darin wahrzunehmen. Ich meinerseits war, obgleich mir das Herz schlug, erfüllt von Hochgefühl darüber, daß ich mich hier befand, umgeben von meinem Vater und Samson wie im Kampf zu Landrevie gegen den Schlächterbaron, um so mehr, da sich die Sache gut anließ: das Gelichter wähnte die Mühle leer und den Müller zum Abendschmaus auf Mespech, denn es war die Nacht von Sonntag zu Montag, und Coulondre hatte gemäß meines Vaters Befehl weder einen Laut von sich gegeben noch einen Schuß abgefeuert, seit die Strauchritter in die Mühle einzudringen suchten.
    »Mein Pierre«, sprach Jean de Siorac mit leiser Stimme, »ich weiß, wie mutig Ihr sein könnt, doch seid es nicht gar zu sehr. Wenn Ihr Eure beiden Pistolen abgefeuert, so senket den Kopf und suchet ohne Scheu noch Scham wieder Deckung.«
    »Mein Herr Vater«, sprach ich, gerührt von seiner großen Liebe, »Euer Herz möge ohne alle Sorge sein, ich habe meine Lektion wohl gelernt: Geduld, Vorsicht und Zweifel sind die Nährmütter großer Taten.«
    Worauf mein Vater lachte, doch ohne mehr Geräusch zu verursachen denn ein Fisch, und ich, vermeinend, daß es nach dem Erhalt solcher weiser Ratschläge das beste sein möchte, auch meinerseits welche auszuteilen, stieß meinen vielgeliebten Samson mit dem Ellenbogen an und sagte ihm ins Ohr:
    »Mein Herr Bruder, traget Sorge, daß Ihr nicht wieder so spät abfeuern mögt, wie es schon zweimal geschehen: im Kampf zu Landrevie und dann gegen die
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