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Die großen Seefahrer des 18. Jahrhunderts

Die großen Seefahrer des 18. Jahrhunderts

Titel: Die großen Seefahrer des 18. Jahrhunderts
Autoren: Jules Verne
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Kabel zu verhüten. Da erhob sich zur Zeit des Neumondes ein heftiger Wind und brachte das Schiff zum Treiben. Die Anker bewährten sich wohl, nicht aber die Taue, und so schwankte die »Centurion« auf das offene Meer hinaus. Ohne Unterlaß grollte der Donner und der Regen stürzte in solchen Strömen herab, daß man auf dem Lande nicht einmal die von dem Schiffe ausgehenden Nothsignale hörte. Anson, die meisten Officiere und ein großer Theil der Mannschaften, zusammen 113 Köpfe, waren auf dem Lande zurückgeblieben und sahen sich nun des einzigen Hilfsmittels beraubt, von Tinian fortzukommen.
    Die Verzweiflung war entsetzlich, die Bestürzung unaussprechlich. Anson aber, ein energischer und um Auskunftsmittel nie verlegener Mann, wußte seine Leute bald umzustimmen. Noch blieb ihnen eine den Spaniern abgenommene Barke übrig, und diese wollten sie verlängern, um alle Menschen und die nöthigen Nahrungsmittel zur Ueberfahrt bis China aufnehmen zu können. Neunzehn Tage später kehrte die »Centurion« zurück, die Engländer schifften sich am 21. October ein und erreichten bald glücklich Macao. Seit zwei Jahren, d.h. seit ihrer Abreise aus England, ankerten sie zum ersten Male in einem befreundeten Hafen!
    »Macao, sagt Anson, das früher sehr reich, stark bevölkert und im Stande war, sich gegen seine chinesischen Grenznachbarn zu vertheidigen, hat von seinem ehemaligen Glanze viel verloren. Obwohl es noch immer von Portugiesen bewohnt und durch einen, vom Könige von Portugal ernannten Gouverneur verwaltet wird, zehrt es doch gewissermaßen von der Gnade der Chinesen, die es leicht aushungern und überwältigen könnten; der Gouverneur hütet sich auch sorgsam, jene zu reizen.«
    Anson mußte sogar an den nächsten chinesischen Gouverneur einen Drohbrief ablassen, um nur die Erlaubniß auszuwirken, noch dazu gegen sehr hohe Preise, Nahrungsmittel und die nöthigste Ausrüstungs-Reserve aufkaufen zu dürfen. Dann machte er öffentlich bekannt, daß er nach Batavia abfahre, und ging am 19. April 1743 unter Segel. Anstatt aber nach den holländischen Besitzungen zu steuern, wendete er sich nach den Philippinen und lauerte daselbst auf die von Acapulco zurückkehrende Gallion, welche ihre Ladung dort gewöhnlich sehr theuer verkaufte. Gewöhnlich führten diese Schiffe 44 Kanonen und 500 Mann Besatzung. Anson zählte blos 200 Matrosen, darunter sogar etwa 30 Schiffsjungen; dennoch erschien ihm das Mißverhältniß der Kräfte kein Hinderniß, denn ihn reizte die Hoffnung auf reiche Beute, und die Habgier seiner Leute erschien ihm als hinlängliches Unterpfand für deren Kampfesmuth »Warum, so fragte Anson eines Tages den Küchenmeister, warum bringen Sie nichts mehr von den Lämmern, die wir in China kauften, auf die Tafel? Wären diese alle aufgezehrt?
    – Der Herr Geschwader-Chef möge gütigst entschuldigen, erwiderte der Gefragte, noch sind zwei vorhanden, aber ich dachte sie aufzubewahren, um damit den Kapitän der Gallione zu bewirthen.«
    Niemand, nicht einmal der Küchenmeister zweifelte also an dem erhofften Ausgang. Anson traf übrigens seine Anstalten sehr geschickt und wußte die kleine Zahl seiner Leute durch leichtere Beweglichkeit besser auszunützen. Es entspann sich wirklich ein lebhafter Kampf mit der Gallione; die Matten, mit denen die Schanzkleidung derselben geschützt war, singen Feuer und die Flammen leckten bald am Fockmast empor. Zwei Feinde auf einmal zu bekämpfen, ward den Spaniern zu schwer. Sie ergaben sich nach zweistündigem Kampfe, der ihnen 77 Todte und 84 Verwundete gekostet hatte.
    Die Beute war sehr beträchtlich: »1,313.843 Achter 1 und 35.682 Unzen Silber in Barren, außer einer Quantität Cochenille und einigen anderen, im Vergleich zu dem Silberfange minder werthvollen Waaren. Unter Hinzurechnung des früheren Raubes belief sich die gesammte Beute nun nahezu auf 600.000 Ps. Sterling, ohne die Schiffe, Waaren u.s.w. zu rechnen, welche die Engländer den Spaniern verbrannt oder zerstört hatten, und die wohl einen ebenso hohen Werth erreichen mochten.«
    Nach seinem Raubzuge lief Anson das Ufer von Canton an, verkaufte dort die ganze übrige Beute weit unter ihrem Werthe für 6000 Piaster und kehrte nach einer Abwesenheit von drei Jahren und neun Monaten am 15. Juni 1744 nach Spithead zurück. Sein Einzug in London glich einem Triumphzuge. Unter Trommelwirbel und Trompetenton und unter lautem Jubelruf der Volksmenge brachten 32 Lastwagen die auf 10 Millionen geschätzte
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