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Die große Flut

Die große Flut

Titel: Die große Flut
Autoren: Madeleine L'Engle
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Sirren Luft. »Beinahe wären diese Narren dem Mantichora zum Opfer gefallen.«
    »Allein hätte Tiglah mehr erreicht«, sagte Eblis, jener, der Yalith nachstellte.
    Ertrael, der manchmal eine Ratte war, fragte: »Was soll jetzt geschehen?«
    Um ihre Energien zu schonen, hatten sich die Nephilim im Schutze der Nacht in der Wüste versammelt.
    Naamah, der dem Aasgeier glich, keckerte. »Kkkk. Tiglah war um nichts besser als ihr Vater und ihr Bruder. Sie entlockte dem jungen Riesen keine Antwort. Er hörte ihr gar nicht erst zu.«
    Eisheth, das Krokodil, ließ die grünen Flügel im Licht der Sterne aufflackern. »Sie hat ihr Bestes getan. Ich hätte gedacht, der Sand würde sie unwiderstehlich finden. Warum wies er sie ab?«
    »Yalith!« Eblis spitzte verächtlich den schönen roten Mund.
    Ugiel, halb Nephil, halb Schlange, wiegte tänzerisch den langen Hals. »Du hast recht. Es liegt an Yalith.«
    »Aber sie ist unerfahren!« sirrte Rofocal. »Sie ist noch ein Kind. Tiglah hingegen…«
    »Nein«, widersprach Eblis. Seine Purpuraugen funkelten. »Yalith ist kein Kind mehr.« Er hüllte sich in seine Flügel.
    »Hätten wir uns sie dienstbar machen sollen?« fragte Estael, der Kakerlak, zweifelnd.
    »Sie nicht«, sagte Ezequen, der die Gestalt eines Skinks annehmen konnte. »Aber ihre Schwester Mahlah – hätte Ugiel sie nicht geheiratet.«
    Ugiel zischte: »Wir wissen, daß sie Yaliths Schwester ist. Und mein Weib. Und die Mutter meines Kindes.«
    Eblis spreizte die Flügel. Aus ihnen schimmerten die Farben des Sonnenuntergangs. »Es ist Zeit, daß wir selbst handeln. Wir. Wir selbst.«
    Rugziel stimmte zu. »Es ist Zeit, daß wir uns nicht mehr anderer bedienen.«
    Rumjal grinste. »Was schlägst du vor?«
    Naamah reckte den nackten Geierhals, breitete die Schwingen aus, stand da, weißhäutig, blauschwarz gefiedert. »Der Kreis der Auslöschung. Wen wir umzingeln, der steht in unserem Bann. Kkkk. Laßt uns die Riesenzwillinge einkreisen.«
    Ugiel zischte zustimmend.
    Rofocal sirrte erwartungsvoll.
    Und Eblis forderte: »Laßt uns auch Yalith einkreisen, denn sie hat unsere Pläne vereitelt.«
    »Kkkk«, keckerte Naamah. »Erst die Riesen.«

Die große Flut
    Y aliths Schlafplatz war am entgegengesetzten Ende des Zeltes, aber sie hörte die Zwillinge miteinander flüstern, und als das Flüstern verstummte, hörte sie die drei Mammuts schnarchen. Und fand selbst keinen Schlaf.
    Sie stand vom Lager auf und ging hinaus in die Wüste. Auf dem Felsen lag weder der Löwe noch die als Löwe verkleidete Drachenechse. Yalith setzte sich auf einen anderen Felsblock, schlang die Arme um die Knie und schaute zu den Sternen empor.
    Sie hörte das helle Klingen, den ruhigen, furchtlosen Gesang. Trotzdem schauderte sie. Sie glaubte, was ihr Vater gesagt hatte, glaubte, daß der große Regen fallen würde. Sollte El tatsächlich ihren Tod beschlossen haben, war sie bereit zu sterben.
    Aber was war den Zwillingen bestimmt?
    Der Gesang der Sterne klang an ihr Ohr: »Fürchte dich nicht, Yalith.«
    Nie boten die Sterne falschen Trost.
    Yalith hatte kaum noch Angst.
    Tag um Tag bauten sie an der Arche, rasteten nur während der brütenden Mittagshitze, arbeiteten weiter bis in die Dunkelheit.
    Jeden Abend bereitete Matred ein Festmahl. Daher mußte Sem oft auf die Jagd gehen und konnte nur selten mithelfen. Sandy und Dennys arbeiteten Seite an Seite mit Noah, Ham und Japheth. Mit primitiven Werkzeugen formten sie die Planken und verankerten sie mit kleinen Holzklötzen an den Spanten. Am Abend waren alle müde und hungrig, aßen gut, schliefen gut. Sie bauten die Arche, aber sie sprachen nicht vom großen Regen.
    Dennys betrachtete heimlich Elisheba, Anah und O-holi- bamah. Sie wurden, wenn auch nicht namentlich, in der Bibel erwähnt. Sie würden mit Noah und Matred und den
    Tieren die Arche besteigen. Er schaute zu Yalith hinüber. Ihr Haar leuchtete im Schein der Öllampe wie Bernstein.
    Dennys schlich aus dem Zelt. Er kam sich dabei seltsam vor, denn sonst ging die Initiative immer von Sandy aus; er selbst war eher ein Mitläufer. Diesmal aber machte er sich auf den Weg, ohne dem Bruder ein Wort zu sagen.
    Er ging zielbewußt auf Noahs Brunnen zu. Spürte seine Haut prickeln, als er den Aasgeier auf der verdorrten Palme hocken sah. Der Geier sah ihn kommen, krümmte den unbehaarten Hals, folgte Dennys mit mißtrauischem Blick aus verhangenen Augen.
    Erst sah Dennys nur den Aasgeier. Dann nahm er den hellen Fleck wahr; auf dem
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