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Die große Flut

Die große Flut

Titel: Die große Flut
Autoren: Madeleine L'Engle
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und so weiter.«
    Sandy schaute seinen Zwillingsbruder entgeistert an. »Und da hörst du zu?«
    »Klar. Warum nicht? Man schnappt nebenbei dieses oder jenes auf und kann es eines Tages vielleicht gut brauchen. – He, was soll das? Wieso hast du ein Buch über die Beulenpest? Hör mal, der Arzt im Hause werde ich!«
    Sandy blickte kurz auf. »Das ist eine historische Abhandlung, keine medizinische, du Affe.«
    »Weißt du, warum Rechtsanwälte nie von Giftschlangen gebissen werden?« fragte Dennys plötzlich.
    »Keine Ahnung. Ist mir auch egal.«
    »Darf dir aber nicht egal sein. Schließlich willst du so ein Paragraphenreiter werden. Also: warum bleiben Rechtsanwälte von Giftschlangen verschont?«
    »Na, sag‘s schon!«
    »Weil sich die Schlangen nicht an ihnen vergiften wollen.«
    Sandy stöhnte. »Ha, ha. Sehr lustig.«
    Dennys schmierte fingerhoch Senf aufs Schinkenbrot. »Wenn ich an die vielen Jahre denke, die wir noch die Schulbank drücken müssen, vergeht mir beinahe der Appetit. «
    »Zum Glück nur beinahe.«
    »Immerhin.«
    Sandy suchte im Kühlschrank nach weiteren Beigaben für das Sandwich. »Sieht ganz so aus, als würden wir beide mehr verschlingen als der Rest der Familie insgesamt. Charles Wallace ißt wie ein Vogel. Na ja, zieht man in Betracht, was wir allein für Vogelfutter ausgeben, sind das wahre Vielfraße. Aber du weißt schon, was ich meine.«
    »Dafür kommt er endlich in der Schule zurecht und wird von den anderen nicht mehr so oft ins Gebet genommen.«
    »Er sieht noch immer wie sechs aus, aber mit seinem Wissen steckt er dich und mich locker in die Tasche. Wir sind eben nur gewöhnlicher Durchschnitt.«
    »Eine so außergewöhnliche Familie wie unsere kann zwei Durchschnittstypen bequem verkraften. Und auf den Kopf gefallen sind wir ja auch nicht gerade. Ich will Arzt werden, du Rechtsanwalt, dazu reicht es allemal. – Mensch, hab ich Durst!«
    Sandy öffnete den Oberschrank. Noch vor einem Jahr hatten er und Dennys dazu auf den Stuhl steigen müssen. Er kramte zwischen den Büchsen und Päckchen mit Linsen, Gerste, Bohnen, Thunfisch und Lachs. »Wo ist der Kakao?«
    »Sicher wieder bei Mutter im Labor.« Dennys schnitt den Schinken auf. »Wir können ja nachschauen.«
    Sandy stopfte sich eine süßsaure Gurke in den Mund. »Erst machen wir die Brote fertig.«
    »Einverstanden.«
    Kauend und mit turmhoch belegten Broten gingen sie durch die Vorratskammer ins Labor. Um die Jahrhundertwende, als das Haus gebaut worden war, hatte sich hier die Meierei des Bauernhofes befunden. Das Butterfaß diente jetzt als Lampenständer. Und der Arbeitstisch und die Steinplatte mit dem Wasserbecken eigneten sich heute ebensogut für die Laboreinrichtung wie seinerzeit für Milch und Eier. Nur das Hochleistungsmikroskop und diverse Apparate, mit denen nur Mutter umzugehen verstand, paßten nicht ganz in das altmodische Bild. Dafür wirkte der Bunsenbrenner mit dem selbstgebauten Dreifuß eher antiquiert. Auf dem Brenner stand ein schwarzer Topf, in dem es brutzelte.
    Sandy schnüffelte genießerisch. »Eintopf.«
    »Sag lieber: Boeuf bourguignon. Das klingt besser.« Dennys holte vom Wandbord über dem Abfluß eine rote Blechdose. »Da haben wir ja den Kakao. Mutter und Vater genehmigen sich vor dem Schlafengehen immer eine Tasse.«
    »Wann kommt Vater denn zurück?« wollte Dennys wissen.
    »Ich glaube, Mutter hat gesagt: morgen.«
    Sandy wärmte sich die Hände über dem Holzofen. »Hätten wir schon den Führerschein, könnten wir Vater vom Flughafen abholen«, mümmelte er mit vollem Mund.
    »Als ob wir den Führerschein noch brauchen würden, so wie wir längst fahren«, stimmte Dennys zu.
    Sandy biß kräftig von seinem Brot ab, verließ die Wärme des Ofens und schlenderte zum hintersten Winkel des Labors, wo ein voluminöser Computer stand. »Seit wann hat Vater diesen Blechtrottel?«
    »Seit einer Woche. Mutter war nicht gerade begeistert.«
    »Kein Wunder. Schließlich ist es ihr Labor«, sagte Sandy.
    »Aber er braucht den Computer für sein Forschungsprojekt. Hast du eigentlich kapiert, was er da programmiert hat?« fragte Dennys.
    »Er hat es mir erklärt. Recht präzise, wie üblich. Trotzdem habe ich kaum ein Wort begriffen. Es geht ums Tessern und um Spektralverschiebungen, ums Raum-Zeit-Kontinuum und dergleichen.« Sandy betrachtete das Keyboard, das statt der üblichen vier Tastenreihen acht aufwies. »Die Hälfte davon ist das reinste Chinesisch.«
    Dennys stopfte sich den Rest
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