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Die große Flut

Die große Flut

Titel: Die große Flut
Autoren: Madeleine L'Engle
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fürchte, ich habe schon einen Sonnenbrand.«
    »Gehen wir also«, sagte Japheth. »Ich möchte daheim sein, ehe es dunkel wird.«
    »He«, rief Sandy plötzlich. »Wir reden ja in derselben Sprache! Alles hier ist so verrückt und unnatürlich, daß mir das erst jetzt auffällt.«
    Japheth schaute ihn erstaunt an. »Ihr hört euch sehr fremd an. Aber wenn ich mit dem inneren Ohr lausche, kann ich euch verstehen. Ihr sprecht ein bißchen so wie die Seraphim und Nephilim. Und ihr versteht mich gut?«
    Sandy nickte. »Jetzt, wo ich drüber nachdenke, klingst du auch irgendwie fremd. Aber verständlich.«
    »Los«, drängte Japheth, »laßt uns aufbrechen.« Er wandte sich Sandy zu. »Du solltest dich ebenfalls bedecken.«
    Sandy zog seinen Pulli an. Dennys hängte sich das Hemd über den Kopf. »Ersatz für einen Burnus.«
    »Gute Idee«, sagte Sandy und folgte seinem Beispiel.
    »Wenn es nicht längst zu spät ist«, brummte Dennys besorgt. Dann sagte er: »He, Japh…« Der Name bereitete ihm Schwierigkeiten. »He, Jay, was ist das?«
    Am Horizont war ein Geschöpf aufgetaucht und kam näher, eine silbern schimmernde Gestalt, die sich abwechselnd aufzulösen und zu materialisieren schien, ein Wesen von der Größe eines Ponys oder einer Ziege, und von seiner Stirn ging flackerndes Licht aus.
    Auch Sandy verkürzte Japheths Namen. »Was ist das, Jay?« Das Mammut drängte sich an ihn, er kraulte es zwischen den Schlappohren.
    Japheth lächelte. »Ach, das ist ein Einhorn. Die sind recht seltsam. Manchmal gibt es sie, manchmal nicht. Brauchen wir sie, denken wir sie herbei, und meistens erscheinen sie dann auch.«
    »Hast du es jetzt gerufen?« fragte Sandy.
    »Nein. Das war vermutlich Higgaion. Deshalb ist es nur halbwirklich. Einhörner können Wasser noch besser aufspüren als Mammuts. Leider darf man sich nicht immer auf sie verlassen. Ich nehme an, Higgaion wollte sich eins herdenken, damit es ihm bestätigt, daß wir eine Wasserstelle gefunden haben.« Er lächelte traurig. »Großvater weiß immer, was Hig denkt. Ich bin aufs Raten angewiesen. «
    Das Mammut hatte Sandy verlassen und trottete Japheth nach, der sich bereits auf den Weg zur Oase gemacht hatte. Sie folgten ihm. In der glühenden Wüstenhitze waren ihre Glieder schwer und träge.
    Einmal noch wandten sie sich um. Das Einhorn war verschwunden. Nur zartes Schimmern lag über dem Sand, wie der Reflex eines Spiegels.
    »Ich kann das einfach nicht fassen«, keuchte Sandy.
    Dennys nickte. »Wir waren schon immer die großen Zweifler in der Familie. Stets mit beiden Beinen fest auf der Erde.«
    »Ich kann es einfach nicht fassen«, wiederholte Sandy.
    »Wenn ich jetzt ein paarmal fest blinzle, sind wir wieder daheim in der Küche.«
    Dennys wischte sich mit einem Hemdzipfel den Schweiß aus den Augen. »Ich glaube nur noch eins: mir ist heiß, heiß, heiß.«
    Japheth rief ihnen über die Schulter zu: »Kommt, Riesen!«
    Mit ihren langen Beinen hatten sie ihn rasch eingeholt. »Wir sind keine Riesen«, sagte Dennys geduldig. »Ich heiße Dennys.«
    »Dennysim.«
    Dennys legte die flache Hand auf die Stirn, wie Japheth das zuvor getan hatte. »Nur Dennys. Ich bin Dennys.«
    »Und ich bin Sandy.«
    »Sand.«Japheth schaute sich um. »Hier gibt es viel Sand.«
    »Nein, Jay. Sandy.«
    Japheth schüttelte den Kopf. »Du nennst mich Jay, ich nenne dich Sand. Sand ist ein Wort, das ich begreife.«
    Das Mammut rieb sich einmal mehr an Sandy und wollte gestreichelt werden. »Da wir schon bei ungewöhnlichen Namen sind«, sagte Dennys. »Der da heißt Hig…?«
    »Hig-gai-on«, sprach Japheth langsam vor.
    »Sind alle Mammuts so klein? Oder gibt es auch richtig große?«
    Japheth verstand die Frage nicht. »Die wenigen, die es noch gibt, sehen alle aus wie Higgaion.«
    Sandy überlegte. »Waren die prähistorischen Pferde nicht auch so klein?« fragte er Dennys leise.
    Aber Dennys beachtete ihn nicht. »Schau«, sagte er. »Das ist ja ein richtiger Palmenwald.«
    Die Oase war j jetzt deutlich zu erkennen, lag aber noch weit entfernt am Horizont. Obwohl sie größere Schritte machen konnten, blieben die Zwillinge allmählich hinter Japheth und dem Mammut zurück, die unbeschwert durch den Sand trabten.
    Dennys ächzte. »Ich weiß nicht, ob ich es schaffen werde.«
    »Dabei sind wir voll durchtrainiert.«
    »Es muß an der Hitze liegen.«
    Japheth merkte endlich, daß er allein vorauseilte und machte kehrt. Er schwitzte nicht, war auch nicht außer Atem. »Was ist
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