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Die bitter sueße Fortsetzung

Die bitter sueße Fortsetzung

Titel: Die bitter sueße Fortsetzung
Autoren: Frieda Lamberti
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Dolcezza di Cipolla Rossa

»Wer ich bin? Du fragst mich tatsächlich nach meinem Gewerbeschein?« schreie ich den Gemüsehändler auf dem Hamburger Großmarkt an.
   »Ich bin Charlotte Talbach, von Talbach und Schwarzer. Seit über zehn Jahren kaufen wir zwei bis dreimal wöchentlich bei dir ein, und du fragst mich tatsächlich...«
   »Mensch Lotte. Ich hab dich solange nicht gesehen. Sonst kommt Anja doch und holt die Bestellungen ab. Sei nicht böse, mien Deern. Hab dich wirklich nicht gleich erkannt.« Rudi Kahnenbley zieht einen Flachmann aus seiner grünen Kittelschürze, schraubt die kleine Schnapsflasche auf und reicht sie mir mit den Worten »Nimm mal einen kräftigen Schluck und dann fangen wir noch mal von vorne an.« Für Rudi scheint es kein Problem darzustellen, schon um vier Uhr morgens einen warmen Korn zu trinken. Für ihn ist gleich Feierabend. Für mich nicht. Während Anja und Gerald auf den Malediven ihre Flitterwochen verbringen, schiebe ich Doppelschichten. Mein Tag beginnt um drei Uhr morgens mit Einkäufen und endet meist nicht vor Mitternacht in der Küche.
   »Ich will keinen Korn, Rudi. Zeig mir lieber schnell meine Ware und dann hilf mir beim Beladen.« Wenn er mich nicht zu lange im Schnack aufhält, schaffe ich es vielleicht noch, für ein Stündchen zu Martin ins Bett zu krabbeln. Aber das scheint nur ein frommer Wunsch zu sein. Beim Blick auf meine Kisten fällt mir sofort das Visier runter.
   »Willst du mir die vielen Obstfliegen etwa auch in Rechnung stellen? Mir scheint, du bist heute Morgen nicht ganz klar. Wie kommst du auf den Dampfer, dass ich dir diesen Gammel abnehme?« Amüsiert von meinem lauten Wutausbruch schauen mich die Martinelli Brüder an, die den Nachbarstand beschicken. Sergio, der jüngere der beiden, lockt mich mit einer kleinen Tasse zu sich herüber. Ich tausche den Gestank von Rudis alter Alkoholfahne gegen den Duft eines heißen Espressos und meine Empörung lässt langsam nach.

Was auf meiner Wunschliste steht, will Maurizio von mir wissen und ich sage » Ich brauche rote Zwiebeln, unbehandelte Orangen und Feigen, wenn du hast.« Ich inspiziere die Qualität und handel wie gewohnt die Preise runter. Was ich mit 100 kg Zwiebeln vorhabe, wollen die Brüder wissen und ich verrate ihnen, dass ich mir die Zubereitung einer roten Zwiebel Konfitüre vorgenommen habe. Heute ist der beste Tag der Woche für diese Arbeit, denn Martin reist nach München und bleibt über Nacht. So habe ich das Haus für mich allein und er wird meine verheulten Augen, die ich beim Verarbeiten von 100 kg Zwiebeln zwangsläufig bekommen werde, nicht zu sehen bekommen. Und riechen muss er mich auch nicht. Nach vollbrachter Arbeit stinke ich erfahrungsgemäß auch nach einer langen Dusche noch immer wie ein alter Mett Igel. Aber der Aufwand lohnt sich. Dieses süß aromatische Chutney ist nicht nur optisch ein Gedicht.
   »Dolcezza di Cipolla Rossa ist eine Spezialität aus Kalabrien, unserer Heimat. Meine Mutter macht die beste«, schwärmt Sergio und sein Bruder fügt an »Musst du unbedingt auf Pecorino Käse probieren.« Genau das ist meine Absicht. Feigen bekomme ich nicht. Aber die Martinellis versprechen, mir für den nächsten Tag, zehn Stiegen zurückzulegen.

Weil der Laden noch nicht geöffnet ist, klopfe ich wie gewohnt an die Hintertür der Backstube und lasse mir meine Tüte Brötchen und die Tageszeitung herausreichen. Das abgezählte Geld stecke ich dem Bäckermeister mit einem Lächeln zu und mache mich auf den Nachhauseweg. Es ist schon nach sechs und ich ahne, dass Martin bereits aufgestanden ist. Wie vermutet steht er unter der Dusche und hat schon Kaffee und Tee gekocht. Ich decke den Tisch und sehe sein Iphone blinken. Mir ist klar, wer ihn zu dieser frühen Stunde bereits angerufen hat. Da kommt nur eine Person in Frage. Corinna. Sie lässt keine Möglichkeit aus, mich spüren zu lassen, dass sie noch immer eine wichtige Rolle in seinem Leben spielt.
   »Nur geschäftlich, Lotte. Das weißt du doch«, erklärt er ihre ständigen Störfeuer. Ich versuche stets, mir nichts anmerken zu lassen. Allerdings mit schwindendem Erfolg. Diese Zicke zieht alle Register. Mrs. Business Woman of the Year mutiert privat zu einem hilflosen Vorschulkind. Mal hat sie ihren Schlüssel verloren und kommt nicht in ihre Wohnung. Mal springt ihr Wagen nicht an. Dann lassen sie nachts unheimliche Geräusche nicht einschlafen. »Ich glaube, Einbrecher sind Haus,
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