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Die Goldmacherin Historischer Roman

Titel: Die Goldmacherin Historischer Roman
Autoren: Sybille Conrad
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mit Wurfsteinen rollte zu den kleinen Katapulten, die in Reihe an der Bresche hinter ihnen aufgefahren wurden.
    Romuald drückte mit seinem eisenbeschlagenen Schild lodernde Ballen zu einem Haufen zusammen. Der Rauch war weiß, wurde schwarz, löste sich auf und waberte wieder zurück, wie der Wind wollte. Romuald drückte den letzten Ballen zum brennenden Haufen hin, die anderen Männer aus seiner Fünfzigschaft zogen sich schon zurück hinter die kleinen Katapulte am Stadtgraben. Der Rauch umwehte ihn dicht, wurde dann mit einem Mal licht. Ein Mann stand vor ihm, ganz eingehüllt in einen schwarzen Mantel. Das war keine Kriegerkluft … Der dunkle Stoff sank von den Schultern zu Boden. Rötlichgolden glänzten Haare … »Aurelia!«
    »Romuald.« Sie warf den Mantel ganz von sich, eilte die letzten Schritte auf ihn zu. Ihr weißes Unterhemd wehte im dunklen Rauch.
    Er umfasste sie schon, sie war fest und warm in seinen Armen. »Du bist es wirklich!« Er küsste ihre Stirn. »O heiliger Johannes, ich danke dir!« Romuald blickte zum Himmel auf – und sah den Stein gerade noch heranfliegen. Er riss Aurelia in seinen Armen mit und wälzte sich mit ihr an dem brennenden Haufen vorbei zu einem Katapult hin.
    Sie schrie nicht, hielt ihn nur fest, als wolle sie eins mit ihm bleiben.
    »Der Steinregen, schnell weg.« Er riss sie weiter.
    Sie rannten, neben ihnen krachten die Wiener Steine vom
Wehrgang herab auf die Katapultwagen des Kaisers. Romuald raffte ein Schild vom Boden.
    »He, Gevatter, das ist meins …« Der gerüstete Wagenknecht fuchtelte mit seinem Spieß.
    Seine Aurelia brauchte den Schutz mehr. Romuald hielt den Schild über sie, während er mit ihr zum Alserbach hinrannte. Am feuchten Grund waren sie wenigstens vor den Flammen der Strohbündel sicher.
    »Hiergeblieben!«, schrie sein Feldherr Graf Selberg hinter ihnen her.
    Oh nein. Er schuldete nur noch dem Himmel Gehorsam, nicht mehr einem machtgierigen Grafen.
    »Wir brauchen ein Pferd«, hauchte Aurelia, deren leichter Leib mit seinem verwachsen schien, so fest hielt er sie. Eine solche Kraft strömte von ihr in ihn ein, dass er sie auf seinen Armen davontrug. Der Himmel war mit ihnen, kein Pfeil, kein Stein, ob von Wien oder von den Kaiserlichen, konnte sie treffen.
    Hinter der nächsten Feldbefestigung saßen die Marketenderinnen bei ihren Waren und richteten Wasserfässer, falls sich ein Brandpfeil bis zu ihnen verirrte.
    Romuald riss beim erstbesten Pferd den ledernen Zügel vom Pflock. »Sitz auf.« Er hielt Aurelia den Steigbügel hin.
    »Das ist meine Mähre!«, keifte ein Weib über die Wiese.
    »Hör nicht hin, sie haben keine Waffen.« Romuald saß hinter Aurelia auf und umschlang ihren Leib. Ein wonniges Glück durchströmte ihn, das er für immer verloren geglaubt hatte. Er gab dem Ross einen festen Druck in die Weichen, es sprang wild davon. »Du bist es wirklich, du bist kein Geist!« Er küsste sie aufs Ohr.
    »Ja.« Ihre warme Hand fand die seine vor ihrem Bauch. »Wir werden uns niemals mehr trennen.«
    Das Wutgekreisch der Marketenderin vermischte sich mit
dem Surren des nächsten Steinregens von den Wiener Mauern. Sie ritten am Bach entlang von der Stadt weg.
    »Sie können uns keinen Landser nachschicken, den schießen die Wiener mit Pfeil und Bogen ab.«
    »Und wir?«, flüsterte Aurelia voller Angst.
    »Uns schützt der Heilige Johannes.« Romuald ritt quer über die nächste Wiese den Hügel hinauf. »Bis hierher reichen die Geschütze nicht.«
    Sie schmiegte ihren Kopf an seinen Hals. »Mögest du Recht behalten.«
    Fast schien es ihm, sie verliere das Bewusstsein, doch dann sagte sie laut und klar: »Fliehen wir zur Donau in den Auenwald.«
    Er küsste ihr Haar und lenkte das Ross einen Acker entlang zum dunklen Grün in der Ferne. »Wie hast du es nur bis zu mir geschafft?«
    »Später, Romuald, das hat Zeit.« Ihre Finger streichelten seine, die die Zügel hielten.
    Eine neue Welle Glückseligkeit durchlief Romuald. Er schwor sich, dass er dereinst dem Heiligen Johannes für diese wundersame Rettung eine Kapelle bauen würde.
    Das Schlachtengebrüll verklang hinter ihnen, über ihnen leuchtete der Sommerhimmel blau. Bald umfing sie das kühle Grün der Auenwälder.
     
    Sonnenflecken tanzten auf dem Wasser, leise säuselten die Blätter über ihnen. Aurelia jauchzte und lachte mit Romuald. Die Luft strich seidig über ihre Wangen. Sie ritten nicht, sie flogen: Als wäre das Ross unter ihnen von ihrer Freude angesteckt, griff
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