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Die Goldmacherin Historischer Roman

Titel: Die Goldmacherin Historischer Roman
Autoren: Sybille Conrad
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geschworen habe, will ich dir folgen.«
    »Was immer der Himmel von dir verlangt?«
    Romuald schien die Stimme wie ein zärtliches Streicheln auf seinem Haupt. »Ja, o heiliger Johannes.«
    »Was ist dir das Liebste auf der Welt?«
    Die Stimme zitterte streng. Romuald fürchtete den Zorn des Heiligen.Vor dem Himmel musste man sein Innerstes offenbaren. »Aurelia, meine Verlobte«, antwortete er. Es schien ihm, als ob bei seinem Geständnis ein mitfühlendes Lächeln das Antlitz des Heiligen erfüllte.
    »Ich habe sie grausam verloren …« Tränen stiegen in Romualds Augen.
    »Wenn du mir folgst, wirst du sie wiedererlangen«, versprach der Heilige sanft.

    »Wie, o Johannes?« Romuald reckte die Hände den Zeltbahnen und dem Gesicht entgegen.
    »Schwöre dem Kriegshandwerk ab!« Nun grollte die Stimme des Schutzheiligen dunkel.
    »So sei es!«, rief Romuald.
    »Schwöre den Hexenkräutern ab, ob als Dampf oder Trunk!«
    Den Kräutern abschwören? Er sah hinunter in den wabernden Hexensalbei zwischen seinen Knien. Romuald fühlte die gierige Wut des Teufels in seinen Eingeweiden rasen, hatte er doch schon mehrfach von der Qual gekostet, die ein Entzug des Mohnsuds bedeutete. Aber die Verheißung des Johannes war so süß, so mild: Er könnte seine Aurelia wiedererlangen … »Ich schwöre.«
    »Bei deinem Seelenheil.«
    »Beim Heil meiner Seele.«
    Der Heilige schien gar wohlwollend das Haupt zu neigen. »Höre, mein Sohn. Bald schon, mitten in der Schlacht wird Aurelia dir wiedergegeben werden. Wirst du ihrer ansichtig, lass jeden weltlichen Gehorsam fahren.«
    Eine Glückseligkeit erfasste Romuald bei den Worten, die leiser und leiser an sein Ohr drangen.
    »Rette sie, fliehe auf ihr Geheiß. So wirst du mit ihr vereint werden auf immerdar.«
    Romuald faltete die Hände. »O heiliger Johannes …« Er rang nach Worten.
    Die Stoffbahnen des Zelteingangs glitten ganz langsam übereinander und verdeckten nach und nach das bärtige Gesicht. Der Schutzheilige der Schriftsetzerzunft war verschwunden.
    Romuald verharrte in Anbetung, er schloss die Augen. Der Himmel hatte zu ihm gesprochen. Nichts und niemand würde ihn von seinem Schwur abbringen.
    Ganz langsam zerflossen seine Gedanken im weichen, warmen Dunst des Hexensalbeis zu purer Glückseligkeit.

     
    Aurelia hörte noch, wie Romuald Gebete murmelte. Die Versuchung war groß, noch einmal das Gesicht ihres Geliebten zu schauen, den sie so bitter hatte belügen müssen. Sie presste die Hand vor den Mund und schluckte einen Klagelaut hinunter. Romuald durfte sich keinen Tag länger den traumsüchtigen Kräutern ergeben, die ihn schon auszehrten, so hohl wie seine Wangen waren …
    Aurelia wandte sich ab und huschte vom Zelt weg.Von nun an durfte sie Romuald nicht mehr in ihrer jetzigen Verkleidung sehen.
    An der Wasserstelle tauchte sie den Krug tief ein. Der Medicus würde schon ungeduldig warten, aber ein einziges Mal durfte sie Romuald und sich Vorrang geben. Im Wasser spiegelten sich wundersam die Sterne. Aurelia nahm den Krug und trug ihn zum Zelt des Medicus.
    »Da bist du ja endlich!« Prantl netzte mit dem Wasser eine Binde.
    Der Hufschmied Oswin saß zu den Füßen des Grabemeisters und stierte ins Nichts, ein starres, breites Lächeln war wie in seinen Zügen eingemeißelt. Neben ihm lag ein leeres Fläschchen. Hexentrunk.
    »Erst die Waden«, sagte der Medicus.
    Aurelia tauchte Verbandstoff ins Wasser, spürte das Nass … Die Auenwälder der Donau waren nicht weit. Dort würde sie niemand suchen, ein Fischer verkaufte ihnen sicher ein Boot …
    »Und nun das Knie.«
    Mochte der heilige Johannes ihrem liebenden Herz um Romualds Seele willen die Notlüge verzeihen.Aurelia wickelte den Stoff sehr sanft um den ohnmächtigen Leib Gundalfs.

66
    B ei jedem Atemzug schnürten die Lederbänder seines Brustpanzers Romuald die Rippen ein. In seinem Bauch kniff es, immer wieder zog es beißend in seinen Gliedern. Er rückte mit den Landsknechten vor, die einen Katapultwagen durch die Bresche in den Vorfeldbefestigungen zur Stadtmauer zerrten.
    Wieder schüttelte ihn ein Krampf. Er spürte die Gier nach einem Schluck des Mohntrunks, den Oswin ihnen beiden sonst im Morgengrauen ausschenkte, wenn sie sich im Zelt gegenseitig in die Rüstung halfen. Romuald beschleunigte seinen Schritt. Über den Köpfen der Landser wackelten die langen Holzbalken der riesigen Steinschleuder.
    Wie das?, hatte Oswin ihn angeglotzt, als Romuald nichts mehr von dem Sud hatte nehmen wollen,
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