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Die Goldenen Regeln des friedvollen Kriegers

Die Goldenen Regeln des friedvollen Kriegers

Titel: Die Goldenen Regeln des friedvollen Kriegers
Autoren: Dan Millman
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Auge. Vor ein paar Tagen war ich zum Provo Square gejoggt, einem kleinen Park im Zentrum der Stadt. Zur Lockerung der Muskeln machte ich dort eine langsame Tai-Chi-Übung, die Socrates mir gezeigt hatte. Mein Geist und mein Körper entspannten sich, und ich verfiel in einen friedlichen Zustand der Konzentration und des inneren Gleichgewichts. Ich wurde Bewegung, ich strömte hin und her wie ein Stück Seetang in der Dünung.
    Ein paar junge Leute von der High School blieben stehen und schauten neugierig zu, aber ich beachtete sie nicht und ließ konzentriert meine Bewegungen fließen. Als ich mit der Übung fertig war, hob ich meine Trainingshose auf, um sie wieder über die Joggingshorts zu streifen. Mein Alltagsbewußtsein übernahm wieder die Führung, und meine Aufmerksamkeit begann abzuschweifen.
    Die Studenten, die mich beobachtet hatten, zogen meine Aufmerksamkeit auf sich — vor allem ein hübsches junges Mädchen, das lächelnd auf mich zeigte und etwas zu seiner Freundin sagte. Die sind wohl sehr beeindruckt, dachte ich — und fuhr mit beiden Beinen in ein Hosenbein. Ich strauchelte und plumpste auf den Hintern. Die jungen Leute lachten. Ich war verlegen, aber nicht lange. Dann ließ ich mich auf den Rücken fallen und konnte herzlich mitlachen.

    Ich lächelte auf meinem Stein hinter der Tankstelle, als mir dieser Zwischenfall wieder ins Gedächtnis kam. Im nächsten Augenblick durchflutete mich eine Energiewelle. Blitzartig kam mir eine grundlegende Erkenntnis, die von jetzt an mein ganzes Leben verändern würde: Mir wurde klar, daß ich mich mit meiner ganzen Aufmerksamkeit auf die Tai-Chi-Bewegungen konzentriert hatte, aber nicht auf die «alltäglichen» Bewegungen, die man macht, wenn man sich eine Hose anzieht. Ich hatte einen Augenblick meines Lebens als etwas Besonderes behandelt und den anderen als etwas Gewöhnliches .
    Auf einmal wußte ich, daß ich Socrates etwas Wesentliches zu sagen hatte. Ich stürmte ins Büro und verkündete: « Es gibt keine alltäglichen Momente.»
    Er blickte auf und lächelte. «Willkommen, wieder zu Hause!» sagte er. Ich ließ mich auf das Sofa fallen, und er machte Tee. Während wir an dem dampfenden Gebräu nippten, erklärte Socrates mir: «Ein Athlet konzentriert sich auf seinen Sport, ein Musiker konzentriert sich auf seine Musik, ein Künstler konzentriert sich auf seine Kunst. Der friedvolle Krieger konzentriert sich auf alles. Das ist das Geheimnis seines Pfades, darauf kommt es an.»
    Endlich verstand ich, warum Socrates mir vor ein paar Jahren so eindringlich gesagt hatte: «Gehen, Sitzen, Atmen oder Müllheraustragen erfordert genauso viel Aufmerksamkeit wie ein dreifacher Salto. »
    «Mag sein», sagte ich und gab zu bedenken: «Aber wenn ich einen dreifachen Salto mache, steht mein Leben auf dem Spiel.»
    «Ja», erwiderte er, «aber die Qualität deines Lebens steht in jedem Augenblick auf dem Spiel. Das Leben ist eine Serie von Momenten. In jedem dieser Momente bist du entweder wach oder du schläfst, entweder du lebst voll und ganz oder du bist relativ tot.» Da schwor ich mir, mit keinem Augenblick mehr so umzugehen, als sei er etwas Alltägliches.
    In den nächsten Monaten fragte ich mich immer wieder: Lebe ich jetzt in diesem Augenblick voll und ganz, oder bin ich relativ tot? Ich beschloß, mich künftig auf jede Handlung mit ungeteilter Aufmerksamkeit zu konzentrieren.
    Ich habe gelernt, daß die Qualität eines jeden Augenblicks
nicht davon abhängt, was er uns gibt , sondern was wir zu ihm beitragen . Für mich ist kein Augenblick mehr alltäglich, so banal oder routinemäßig er auf den ersten Blick auch erscheinen mag. Ich widme dem Schreiben, dem Sitzen, dem Essen und dem Atmen gleichermaßen meine ganze Aufmerksamkeit. Seitdem macht mir das tägliche Leben so viel Spaß wie früher das Turnen. Das Leben hat sich nicht verändert – ich habe mich verändert. Dadurch, daß ich jede Handlung mit Ehrerbietung ausführe und jeden Augenblick als etwas Heiliges betrachte, habe ich eine ganz neue Einstellung zum Leben bekommen — mein Leben ist jetzt voller Leidenschaft und voller Sinn.
    All das ergibt sich von selbst, beinahe mühelos, sobald wir die inneren Hindernisse in unserem Leben aus dem Weg räumen. Dieses Buch soll zeigen, wie man das schafft.
    Wenn es seinen kleinen Beitrag dazu leistet, das tägliche Leben meiner Leser friedlicher, glücklicher und gesünder zu gestalten, dann hat meine Mühe sich gelohnt, und die Freude, die ich
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