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Die goldene Meile

Die goldene Meile

Titel: Die goldene Meile
Autoren: Martin Cruz Smith
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falschen Mann identifiziert und anstelle Ihres Sohnes haben einäschern lassen.«
    »Das muss die Trauer gewesen sein.«
    »Man hat schon Krokodile gesehen, die trauriger waren.«
    Sergej wurde zuversichtlicher. »Sie haben nichts weiter als eine Unterlassungsklage. Ich verstehe Ihren Zorn und Ihre Trauer, aber Sie sollten vorwärtsschauen. Trinken wir auf Anja.«
    »Und ich glaube, dann werden wir gehen«, sagte Borodina. »Moment«, sagte Arkadi. »Hier fehlt noch jemand.« Alle starrten das leere Glas an.
    Als Anja hereinkam, erbleichte Sergej sichtbar. »Sie ist tot!« »Du sagst kein Wort mehr!«, befahl Borodina. »Aber ich habe sie umgebracht! Ich schwöre es!« Sergej sprang auf.
    Anja hatte wohlweislich den schwarzen Reisbauernanzug angezogen, in dem Sergej sie zuletzt gesehen hatte. Sie brauchte kein Wort zu sagen.
    »Als ich wegging, war sie tot«, sagte Sergej flehentlich zu seiner Mutter. »Sie war blau!«
    »Halt den Mund!«, sagte Borodina. »Mutter, glaub mir, ich habe sie umgebracht!« »Sergej, hör auf!«, schrie Borodina.
    Sergej ließ sich nicht beirren. »Renko, was würden Sie zu einem Maserati sagen? Habe ihn gerade auf der Messe gekauft. Ich schenke Ihnen den Wagen. Aus reiner Freundschaft. «
    »Sie haben immer noch Sprühfarbe an den Händen«, sagte Arkadi.
    »Wirklich?« Sergej betrachtete seine Handflächen.
    »Sergej würde im Gefängnis nicht überleben«, sagte seine Mutter. »Was wäre, wenn wir Ihnen eine Million Dollar geben?«
    »Dann wäre ich Millionär.«
    Borodina sah, dass Verhandeln sinnlos war.
    »Lass uns gehen, mein Schatz.« Sie hielt einen Moment lang inne. »Und wenn wir eine Runde Russisches Roulette spielen?«
    »Das haben Sie schon getan«, sagte Arkadi. Die Borodins gingen so würdevoll wie möglich die Treppe hinunter.
    Arkadi sah aus dem Küchenfenster zu, wie Mutter und Sohn auf die Straße hinaustraten und Viktor erblickten, der am Kotflügel von Sergejs Maserati lehnte. Viktor sah aus wie ein Drache, der sich in den Zähnen stocherte. Zwei Miliz-Streifenwagen standen auf dem Gehweg.
    Anja trat ans Fenster und flüsterte: »Aber ich erinnere mich an nichts.«
    »Lass nur«, sagte Arkadi.
     
    Als Sascha Waksberg auf ein Pint zum Abschied in den authentischen irischen Pub kam, hatte er wieder seinen alten Glanz und eine Rückfahrkarte in die finanzielle Stratosphäre. Im Widerschein seiner neuen Popularität hatte der Kreml ihm seinen Pass zurückgegeben und die Sperrung seiner Konten aufgehoben. Arkadi hatte seine Stelle zurückbekommen und ein größeres Büro mit einem Ficus-Bäumchen und einem Konferenztisch bezogen. Die beiden Männer saßen tief in einer gepolsterten Sitznische. Ihre Regenmäntel am Garderobenhaken tropften wie in Irland.
    »Ich muss immer an die Messe denken«, sagte Arkadi, »und wie Sie mit dem Verschwinden der Tänzerin umgegangen sind. Ich bin darauf hereingefallen. Ich meine, es wirkte völlig spontan, aber Sie hatten es bis ins letzte Detail geplant. Je mehr ich darüber nachdenke, desto stärker bin ich beeindruckt.«
    »Danke.«
    »Und deshalb habe ich auch angefangen, über die Schießerei auf der Brückenrampe nachzudenken. Sie hatten eine Waffe, nicht wahr? Ihr Bodyguard, Dima, hat es gesagt.«
    »Und?«
    »Sie haben sie nicht benutzt.«
    »Na ja, Anja war hysterisch. Ich habe versucht, sie zu beruhigen.«
    »Anja ist nicht der hysterische Typ.« Arkadi lehnte sich zurück, und die Luft entwich pfeifend aus den Polstern. »Ausgezeichnetes Ale. Worüber haben Sie beide sich mitten in einer Schießerei gestritten?«
    »Ich wollte sie beschützen.«
    »Das ist sehr mutig. Es sei denn, man weiß, dass niemand auf einen schießen wird.« »Worauf wollen Sie hinaus?«
    »Was ist, wenn das alles Ihre Schauspieler waren? Wenn der Zwerg Ihr eigener Mann war? Wenn Sie die Waffe Ihres eigenen Leibwächters verklemmt haben, damit sie Ladehemmung hat? Ihr Fahrer war nichts weiter als das - ein Fahrer, kein Scharfschütze. Und ich war unbewaffnet.«
    »Warum sollte ich mir die Mühe machen, hunderttausend Dollar zu stehlen, die für Kinderheime gedacht sind?«, fragte Sascha.
    »Weil Sie pleite waren.«
    Das Wort hatte eine magische Wirkung auf Sascha Waksberg. Es eröffnete einen Blick in die Hölle. »Sie haben keinerlei Beweis.«
    »Ich suche auch keinen. Mich interessiert nur eins: War Anja dafür, mich zu erschießen, oder dagegen?« Arkadi war klar, dass er die Messlatte ziemlich tief legte.
     

ACHTUNDZWANZIG
    Emma war mit ihren
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