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Die goldene Göttin

Die goldene Göttin

Titel: Die goldene Göttin
Autoren: Larry Maddock
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möglich, den Mann und seine Handlungen außer Phase zu beobachten, aber vor der Wiedereintrittszeit konnte er ihm kein Haar krümmen. Stoneman seinerseits war denselben unveränderlichen Gesetzen unterworfen. Er konnte keine Zeit wiederbesetzen, in der er bereits existierte.
    Er lenkte den unsichtbaren Transporter über die altertümliche Stadt, wo Arbeitskolonnen an der Dachkonstruktion des neuen Palastes arbeiteten. Die Umgebung ließ noch nichts von ihrer späteren prachtvollen Gestaltung erkennen. Auf der inneren Böschung des Wassergrabens erhob sich ein Palisadenzaun.
    Fortune ließ den Transporter über dem Gelände schweben und zog einen Hebel um mehrere Gradeinteilungen zurück. Das Bild unter ihm war plötzlich in Rot getaucht, und die Arbeiter führten alle Bewegungen im umgekehrten Zeitablauf aus, trugen in halsbrecherischer Geschwindigkeit den Dachstuhl ab, rasten Leitern auf und nieder und sausten die Gerüste entlang. Es war ein Rennen gegen die Sonne, die wie ein angestochener Luftballon zum Horizont herabsank. Das Ganze sah wie ein im Zeitraffertempo rückwärts ablaufender Film aus. Fortune zog den Hebel noch weiter zurück, und die Sonne erhob sich im Westen, zog steil über den Himmel und tauchte im Osten ins Meer ein, nur um einen Moment später wieder über den Westhorizont zu schießen. Noch einen Strich weiter, und die Tage und Nächte flackerten vorüber, während die kaum noch erkennbaren Arbeiter das Mauerwerk des obersten Geschosses abtrugen, die Treppen abbrachen und mit dem nächsten Geschoß anfingen. Sie brauchten vier Monate, die Fortune in fünf Minuten rückwärts ablaufen ließ, um die Decke von dem Raum zu nehmen, in dem Stoneman seinen Zeittransporter lagerte. Die letzten Einstellungen nahm Fortune mit größter Behutsamkeit vor. Schließlich ließ er die Bedienungsinstrumente los und betätigte die gestohlene Fernlenk-Phasensteuerung. Sie verschwand von seinem Handgelenk.
    Fünf Sekunden später kehrte sie zurück – und da war Stoneman, genau wo er sein sollte. Drei erschrockene Bauarbeiter rannten weg, bevor Stoneman begriff, daß sein Schiff nicht mehr unsichtbar war, und den vermuteten Funktionsfehler berichtigte.
    Fortune wartete einige Sekunden und bediente die Vorrichtung noch einmal. Stonemans Transporter erschien mehrere hundert Meter südlich, blieb zwanzig Sekunden sichtbar und verschwand. Fortune nutzte die kurze Zeitspanne, um längsseits zu gehen. Unten liefen ein paar Menschen entsetzt durcheinander und zeigten zum Himmel.
    Beim nächsten Versuch erschien der andere Transporter nicht. »Auch gut«, murmelte Fortune, beschäftigte sich eine Zeitlang mit dem Computer, las den Ausgabestreifen ab und übertrug die Werte auf das Zeitnavigationsgerät, dann machte er es sich bequem und beobachtete die Zwillingsuhr, die jetzt vorwärts lief. Ein Summer informierte ihn, daß er am Ziel war: eine Minute, bevor Stoneman den Palast verlassen hatte. Fortunes Transporter war außer Phase mit der objektiven Zeitwirklichkeit. In zehn Minuten mußte der »echte« Hannibal Fortune aus dem Palasttor rennen, ein Pferd besteigen und aus der Stadt zu seinem versteckten Zeittransporter galoppieren.
    Direkt unter ihm lag eine Gruppe von Gebäuden in einer hohen Mauerumfriedung. Die Anlage verwirrte ihn einen Augenblick, dann wurde ihm klar, daß er auf das königliche Kinderheim mit seinen vierzehnhundert Insassen hinunterblickte, der Keimzelle von Kronos’ mächtiger Rasse. Wenn Stoneman sich hier verstecken wollte, dachte Fortune, wäre es ein höchst sonderbares Verhalten.
    Als eine Minute um war, schaltete er die Fernsteuerung und sah Stonemans Transporter auf den Hof inmitten der Gebäude niedergehen.
    Die nächste Viertelstunde konnte Hannibal Fortune nichts tun als die Vorgänge unter sich beobachten …
     
    *
     
    »Holt die Kinder«, befahl Kronos.
    »Es ist spät«, protestierten die Schwestern. »Die jüngeren schlafen schon.«
    »Alle Kinder«, wiederholte er.
    Trotz der Hast der Schwestern vergingen zehn Minuten, bis die mächtige Rasse im Hof versammelt war, sauber in Altersgruppen eingeteilt. Die ältesten Kinder, die wie Zehnjährige vom normalen Erdentyp aussahen, nahmen das unerwartete Ereignis mit der betonten Gelassenheit von Fast-Erwachsenen auf. Die Reaktionen ihrer jüngeren Brüder und Schwestern reichten von aufgeregter Erwartung bis zu heller Begeisterung über die Aussicht, länger als gewöhnlich aufbleiben zu dürfen. Einige der ganz Kleinen weinten,
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