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Die Götter von Freistatt

Die Götter von Freistatt

Titel: Die Götter von Freistatt
Autoren: Robert Asprin
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gut mit Freistatt und möchte, daß man ihn mag! Welch ein ungewöhnlicher Rankaner, dachte Hanse. Laut sagte er: »Ihr könntet ihn doch zu einer Befragung kommen lassen.«
    »Das möchte ich nicht.« Der junge Rankaner, dem man den Spottnamen Kittycat gegeben hatte, sprang mit erstaunlicher Gelenkigkeit auf, wenn auch nicht mit der anmutigen Geschmeidigkeit des Diebes. »Ich will mich lieber vergewissern, daß er noch lebt, verstehst du?« Er vollführte eine heftige Geste, so daß sein blauer Seidenärmel raschelte, tat einen Schritt und wandte dann sein ernstes Gesicht Hanse zu. »Ich bin hier der Statthalter, der Vertreter des Reiches. Er ist ...«
    »Ihr Götter, Prinz, ich bin bloß ein verdammter Dieb!«
    Kadakithis runzelte die Stirn und schaute sich um, ohne auf Hanses entsetzten Blick über seine unüberlegten Worte zu achten. »Hast du gerade jemanden etwas sagen hören?«
    »Nein.«
    »Ich auch nicht. Also, wie ich bereits erwähnte, Tempus bedeutet mir nicht das geringste, und ich bedeute Tempus ebensowenig. Tempus, fürchte ich, dient allein Tempus und dem, was er für seine Bestimmung hält. Er fehlt mir vielleicht nicht einmal. Aber es gibt eben Dinge, die ich nicht zulassen, nicht dulden darf. Oh, ich wollte, du könntest wenigstens ein bißchen verstehen, wie schwierig es ist, von kaiserlichem Geblüt zu sein und diesen Posten innezuhaben!«
    Hanse, der noch nie irgendeinen Posten innegehabt hatte, versuchte es. Und ohne daß er sich verstellen mußte, wirkte er ernst und mitfühlend - für einen Prinzen!
    »Ich glaube, daß du Tempus’ Freund bist, Hanse. Meinst du, Jubal würde ihn foltern?«
    Hanse verspürte plötzlich das Bedürfnis nach einem harten Drink. Er blickte nicht höher, als zu der Schärpe des sehr jungen Mannes - einer ilsischen Schärpe - und nickte. Er hätte gern geflucht, doch statt dessen schlich sich ungewollt ein Gebet in seine Gedanken: O Ils, Gott meines Volkes und Vater Shalpas, meines Schirmherrn! Ist es wahr, daß Tempus-Thales Vashanka Zehntöter dient? Aber hilf uns, hilf uns beiden, Ils, unser Herr, und ich schwöre dir, alles zu tun, um Vashanka Schwesterngatte zu vernichten oder zu vertreiben, wenn du mir nur zeigst, wie!
    Hanse blinzelte und schleuderte diesen unwillkommenen Gedanken geradezu körperlich von sich. Ein Gebet, also wirklich!
    »Hanse - denk doch an die Grenzen meiner Macht! Ich bin kein Mann namens Kadakithis, ich bin Statthalter! Ich kann nichts tun in dieser Sache. Ich kann nichts tun.«
    Hanse blickte hoch und in diese himmelblauen Augen. »Prinz, wenn in diesem Moment jemand hereinstürmte, um Euch zu töten, würde ich Euch wahrscheinlich beschützen. Aber selbst für die Hälfte Eures Reichtums und all Eure Frauen würde ich nicht versuchen, mich in Jubals Landsitz zu schleichen.«
    »Allein gegen Jubal? Ihr Götter, das würde ich auch nicht!« Da trat Kadakithis heran und legte die Hände auf die Schultern des Diebes. Seine Augen waren groß und eindringlich. »Der einzige Gefallen, um den ich dich bitte, Hanse ... Ich möchte nur, daß du dich einverstanden erklärst, dich nach Tempus umzuhören. Das ist alles. Auf deine Weise, Hanse, und für eine weit geringere Belohnung als die Hälfte meines Vermögens und die Frauen, die ich mit hierherbrachte.«
    Hanse wich unter diesen Händen, vor diesen Augen so voll Ehrlichkeit zurück. Er ging zum Bett und zu dem Kapuzenumhang des blinden Bettlers. »Ich möchte den Palast durch das vierte Fenster von hier verlassen, Prinz. Durch es gelange ich auf das Dach Eures Räucherhauses. Wenn Ihr Eure Wachen ruft, könnte ich im Freien sein, ehe sie vor Euch treten.«
    Kadakithis nickte. »Und?«
    »Und ich - ich möchte keine Belohnung, aber sagt ja niemandem jemals, daß ich das gesagt habe, und erinnert mich nicht daran! Ihr werdet von mir hören ...« Er wirbelte herum und durchbohrte den anderen schier mit einem anklagenden Blick. »Freund.«
    Kadakithis war so klug, ohne ein Lächeln oder eine Bemerkung zu nicken. Ganz abgesehen davon sah er aus, als hätte er am liebsten geweint oder noch einmal nach Hanse gelangt.
    »Ich verstehe deinen Grund, Hanse. Aber bist du sicher, daß es dir gelingt, von hier auszubrechen -vom Palast?«
    Hanse drehte sich um, damit der Prinz nicht sah, daß er die Augen rollte. »Mit Eurer Hilfe, Prinz, schaffe ich es vielleicht. Solange ich nur nicht versuchen muß einzubrechen!«
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    (1) In NACHTSCHATTEN von Andrew Offutt, in: Die Stadt der Diebe, Bastei-Lübbe
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