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Die Gestrandeten - Im Sog der Zeiten, Bd. 4

Die Gestrandeten - Im Sog der Zeiten, Bd. 4

Titel: Die Gestrandeten - Im Sog der Zeiten, Bd. 4
Autoren: dtv
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und Fußgelenke, sodass er genug Platz hatte, um sie abzustreifen, wenn es notwendig war.
    Auf der anderen Seite der Fässer wurden Schritte laut und Jonas machte sicherheitshalber die Augen zu und ließ den Kopf nach hinten fallen.
    »Alles klar, sie sind vorbeigegangen«, flüsterte Katherine. »Es ist eine ganze Gruppe. Sie sind auf dem Weg zur Tür, an die der Marker nicht klopfen wollte   …«
    Sie verstummte.
    »Was passiert jetzt?«
    »Sie versuchen sich zu einigen, wer anklopfen soll. Warte mal, ich glaube, einer von ihnen hat sich gerade freiwillig gemeldet   …« Sie hielt die Luft an. »Nein, sie streiten sich darum.«
    Es war unerträglich, dazuliegen und darauf zu warten, dass Katherine ihm das Geschehen beschrieb. Benommen und mit hämmerndem Kopf setzte Jonas sich auf und spähte seitlich an einem Fass vorbei.
    Der Kampf schien in Zeitlupe abzulaufen. Einer der Männer schubste einen anderen und ein dritter hob die Faust, um den ersten zu schlagen. Doch der potenzielle Schläger hatte anscheinend ein Problem mit dem Gleichgewicht. Schon das Heben der Faust reichte aus, um ihn rückwärts umfallen zu lassen. Er stürzte mit dumpfem Aufschlag zu Boden und lag blinzelnd da, als wisse er nicht, wie ihm widerfahren war.
    Jonas verbiss sich das Lachen.
    »Pst, sie werden dich hören«, zischte Katherine. »Die Tür geht auf! Duck dich, bevor dich jemand sieht.«
    Jonas kauerte sich zusammen, zog aber den Kopf nicht ein, sondern sah weiter zu.
    Die Handvoll Seeleute, die nicht zu Boden gegangenwar, trat von der Tür zurück. Unruhig kneteten die Männer die Hände und warfen sich nervöse Blicke zu.
    Der Mann, der am dichtesten an der Tür stand, zog eine Waffe.
    »Äh, HK?«, flüsterte Katherine. »Ich weiß, dass du gesagt hast, Jonas könnte nichts passieren, weil sein Kostüm kugelsicher ist, aber was ist mit mir? Wenn der Mann in unsere Richtung feuert   –«
    »Das wird er nicht«, flüsterte HK zurück.
    »Vielleicht solltest du noch ein Stück hinter das Fass kommen«, flüsterte Jonas.
    Katherine kauerte sich förmlich über ihn. Dann lugten beide hinter dem Fass hervor.
    Die Tür war jetzt weit offen. Ein Mann stand im Rahmen und sah gelassen auf die Waffe.
    »So weit ist es also gekommen«, sagte er.
    Jonas sah, wie die Pistole in der Hand des anderen Mannes zitterte.
    »Ihr lasst uns keine andere Wahl, M-Master «, sagte dieser. »Wenn wir nicht in ein eisiges Grab sinken wollen, müssen wir umkehren, solange wir es vermögen, solange der Sommer anhält.«
    Sommer?, dachte Jonas. Das hier soll Sommer sein?
    »Bist du sicher, dass wir nicht am Nordpol sind, HK?«, murmelte er.
    HK gab keine Antwort.
    Ebenso wenig wie der »Master« im Türrahmen.
    »Bindet ihm die Hände!«, schrie der Mann mit der Pistole.
    Zwei andere Matrosen traten mit Tauen vor.
    Der Mann im Türrahmen streckte die Hände aus, als kümmere es ihn nicht, was die anderen taten.
    »Dann wird der Ruhm der Entdeckung also mir allein gebühren«, sagte er. »Wenn Ihr längst tot und vergessen seid, werden die Menschen meinen Namen preisen, derweil sie die Hudson Passage durchfahren!«
    Katherine drückte Jonas den Ellbogen in den Rücken.
    »Das muss Henry Hudson sein!«, flüsterte sie.
    »Ich bin ja nicht blöd!«, gab Jonas zurück. Am liebsten hätte er gefragt:
Gibt es denn irgendwo eine Hudson Passage? Hat der Mann recht behalten?
Aber schließlich wollte er nicht wie ein Idiot dastehen.
    »’s wird keine ›Hudson Passage‹ geben«, sagte der Mann mit der Pistole. »Wir segeln nach Hause.«
    » W-Weil Ihr uns in den Tod treiben wollt für etwas, das es gar nicht gibt«, sagte ein anderer.
    Nach Zustimmung heischend wandte er sich zu seinen Kameraden um.
    Die nickten und rückten bedrohlich vor.
    Hudson rührte sich nicht vom Fleck.
    »Ihr habt den Glauben verloren«, sagte er. »Ausgerechnet jetzt, wo ich herausgefunden habe   …«, er verstummte und musterte die versammelten Männer mit eisigem Blick. »Es ist müßig, mit Ungläubigen zu disputieren.«
    Jonas war beeindruckt von Hudsons Gelassenheit. Entweder war der Mann komplett verrückt oder ausgesprochen mutig.
    Womöglich ist er blind?, überlegte er. Sieht er denn die Pistole nicht?
    Der Mann, der sie in den Händen hielt, ließ die Waffe sinken.
    »Wie solltet Ihr etwas herausgefunden haben?«, fragte er. »Wir sind seit Montag eingeschlossen. Sind mitten im
Juni
von Eis eingeschlossen!«
    »Ich bin ein vortrefflicher Kapitän«, sagte Hudson leichthin.
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