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Die Gestrandeten - Im Sog der Zeiten, Bd. 4

Die Gestrandeten - Im Sog der Zeiten, Bd. 4

Titel: Die Gestrandeten - Im Sog der Zeiten, Bd. 4
Autoren: dtv
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Katherine nicht gelang, das Jahr 1611 stabil zu halten.
    Immer mit der Ruhe, sagte sich Jonas. Kein Grund, sich Sorgen zu machen.
    Die Vorstellung, ausgehend vom Jahr 1611 die Zeit, die Geschichte und die Menschheit selbst retten zu müssen, war einfach zu viel. Jonas fasste seine Gedankenein wenig enger und konzentrierte sich auf eine einzige Person:
    Andrea.
    Zwei hat es versprochen, dachte er. Er hat versprochen, dass wir Andrea retten können, wenn wir 1611 in Ordnung bringen   …
    Eigentlich war es ein Pauschalpaket. Zwei hatte versprochen, dass Jonas und Katherine auch Brendan, Antonio und HK retten durften, die allesamt in der Vergangenheit festsaßen. Und natürlich wünschte Jonas alle seine Freunde in Sicherheit. Aber Andrea lag ihm am meisten am Herzen: Andrea mit den sanften grauen Augen, dem glänzenden braunen Haar und der unerschütterlichen Hoffnung, dass   …
    Katherine boxte Jonas gegen den Arm.
    »Hör auf, von Andrea zu träumen«, sagte sie. »Dafür haben wir keine Zeit.«
    Mist, woher weiß sie das?, fragte sich Jonas. Er verkniff es sich, ein weiteres Mal Andreas Porträt auf dem Blatt zu betrachten, das er in der Hand hielt.
    »Ich hab doch gar nicht   –«, wollte er abstreiten, doch Katherine fiel ihm ins Wort.
    »Klar, hast du«, sagte sie. »Du guckst schon wieder wie ein liebeskranker Dackel.«
    »Du meinst, so wie du, wenn Chip in der Nähe ist?«, erwiderte Jonas. Er versuchte, sich eine noch bessere Retourkutsche auszudenken, als ihm etwas anderes auffiel. Mit zitternden Armen richtete er sich ein wenigauf und wandte seiner Schwester den Kopf zu. »Du kannst schon mein Gesicht sehen?«, fragte er. »So schnell steckst du die Zeitkrankheit weg?«
    Er kniff die Augen zusammen, konnte Katherine aber nur als bunte Kleckse im Nebel ausmachen. War dieses gelbe Etwas ihr Haar? Dieses Pink ihr T-Shirt ? Und das Blaue ihre Jeans?
    Sie wirkten irgendwie verkehrt, all diese leuchtenden Farben im graubraunen Dunst.
    Wir gehören nicht hierher, dachte Jonas schaudernd. Katherine nicht. Und ich auch nicht.
    Was es noch schwieriger machen würde, 1611 zu reparieren.
    »Ich   –«, begann Katherine, verstummte aber, weil HK sich wieder zu Wort meldete.
    »Ich sehe, wir haben sogar noch mehr Fehler gemacht, als ich dachte«, erklärte er.
    Jetzt konnte Jonas feststellen, woher HKs Stimme kam: aus einem kleinen Metallkästchen, das zwischen ihm und Katherine gelandet war. Es sah aus wie ein antikes, ja was?, fragte sich Jonas. Ein Windlicht? Ein Scheffel?
    Es spielte keine Rolle. Jonas wusste, dass das Kästchen alles andere als antik und sein Erscheinungsbild nur vorgetäuscht war. Wenn es HKs Stimme übertrug, handelte es sich in Wirklichkeit um einen Definator, ein Gerät aus der Zukunft, das sein Aussehen an jede beliebige Epoche anpassen konnte. In Jonas’ eigenemZeitalter, dem frühen einundzwanzigsten Jahrhundert, hatte es wie ein ganz normales Handy ausgesehen.
    Dass es im Augenblick so primitiv wirkte, bedeutete vermutlich, dass der Stand der Technik im Jahr 1611 sehr zu wünschen übrig ließ. Trotzdem war Jonas froh, überhaupt einen Definator zu haben.
    Auf ihrer Reise ins Jahr 1600 hatte Zwei dafür gesorgt, dass sie ihn verloren. Sie waren von allem abgeschnitten gewesen.
    Und schutzlos.
    Jonas konnte sich gerade noch zurückhalten, den Definator zu packen und an sich zu drücken wie ein kleines Kind seine Schmusedecke. Doch er unterbrach HK, um zu fragen: »Sollten wir den Definator nicht lieber gleich so einstellen, dass er uns unsichtbar macht?«
    Unsichtbarkeit war eine der besten Apps des Definators.
    »Äh   … nein«, erwiderte HK nervös. »Noch nicht.«
    Das war merkwürdig. Normalerweise konnte HK sie nicht oft genug ermahnen, vorsichtig zu sein, kein Risiko einzugehen, sich zu verstecken.
    »Hört zu«, sagte er jetzt. »Uns bleibt nicht viel Zeit. Wir haben richtig Mist gebaut.«
    »Das wissen wir«, sagte Katherine. »Wir haben gesehen, was 1600 passiert ist.«
    Wieder überlief es Jonas, er zitterte förmlich. Auch das war merkwürdig. Er konnte sich nicht erinnern,dass Zittern bisher ein Symptom der Zeitkrankheit gewesen wäre.
    »Das meine ich nicht«, sagte HK. »Es geht um unsere Annahmen über die Zeit selbst   – viele davon waren falsch. Ihr müsst verstehen   … das Zeitreisen steckte damals noch in den Kinderschuhen. Wir waren genauso planlos wie die frühen europäischen Reisenden zur Zeit der großen Entdeckungen und Eroberungen. Sie hatten die
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