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Die geschützten Männer

Die geschützten Männer

Titel: Die geschützten Männer
Autoren: R Merle
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widerstrebend eingewilligt, denn das hieß, Daves
     Erbe in drei Teile zu teilen. Nun mußte es auf vier Teile gehen. Aber letzten Endes war Mrs. Barrow die Verantwortliche des
Wir
gewesen – und mir war hinreichend bekannt (man hatte es mir oft genug gesagt!), in welchem Maße das
Wir
mich in Blueville geschützt hatte.
    Überrascht hat mich, daß Mrs. Barrow, noch bevor das Kind geboren wurde, für sich selbst meinen Namen als Mittelnamen in Anspruch
     nahm und im Verlauf der Wahlkampagne als Dorothy Martinelli Mortimer – Mortimer war ihr Mädchenname – auftrat.
    Dieses Verfahren war keineswegs gesetzlich, wurde jedoch zu einer Gewohnheit, die sich durchsetzte. Auf den amtlichen Formularen,
     die von den Frauen ausgefüllt werden mußten, fragte man nicht mehr, ob sie verheiratet oder ledig (Unter scheidungen , die als sexistisch galten), sondern ob sie Mütter waren. Und die Eigenschaft einer Mutter brachte so viele Vorteile mit
     sich und verlieh so viel soziales Prestige, daß diejenigen, die noch kein Kind hatten, sich schon während der Schwangerschaft
     den Namen des Adoptiverzeugers ihres künftigen Kindes als Mittelnamen gaben.
    Im Falle von Dorothy Martinelli Mortimer spielte ganz offensichtlich ein politischer Hintergedanke mit. Ich war damals in
     den Vereinigten Staaten so berühmt wie ein Schlagersänger, und Dorothy verlieh ihrem Image romantischen Glanz, wenn sie sich
     den Wählern als eine Frau präsentieren konnte, die von dem Mann schwanger war, den sie in Blueville geschützt hatte.
    Nach ihrer Wahl kam Dorothy ziemlich häufig nach Washington, immer in Eile und geschäftig und immer zwischen zwei Flügen;
     aber so kurze Zeit sie auch blieb, fand sie stets eine Möglichkeit, wenn ich so sagen darf, ihre Rechte auf den Beischlaf
     mit mir geltend zu machen. Um die Wahrheit zu sagen, es war keine Fron. Ich hätte nicht mit Dorothy zusammenleben mögen, ihre
     Energie wäre mir zu anstrengend gewesen, aber ich empfing sie immer mit Freundschaft, mit Vergnügen. Und warum sollte ich
     nicht auch zugeben, daß Dorothy eine physiologische Eigenheit besitzt, die ich als sehr angenehm |358| empfinde. Sie gehört zu jenen Frauen, von denen ein großer Schriftsteller sehr liebenswürdig gesagt hat, daß »ihr Orgasmus
     die Offenheit eines festen Händedrucks besitzt«.
    Bald nachdem wir uns in Washington eingerichtet hatten, rief mich Anita an, die aus Paris zurückgekehrt und zur Beraterin
     der Präsidentin berufen worden war. Ich reagierte ziemlich kühl, beschuldigte sie heftig, mich verlassen zu haben, und legte
     auf, ohne mir ihre Erklärungen anzuhören. Burage, die dabei war und den zweiten Hörer genommen hatte, entrüstete sich über
     mein Verhalten, das der Bescheidenheit meines Geschlechts wenig angemessen sei, wie sie betonte. Anita sei zwar eine verdammte
     Opportunistin, aber man könne auch nicht leugnen, daß sie ihr Bestes getan hatte, mich in Blueville zu beschützen.
    Ich brüllte: »Ja, genau! Ich habe die Nase voll, dauernd beschützt zu werden.« Burage zuckte die Schultern. »Schweig doch,
     Ralph, du redest Unsinn«, sagte sie mit überlegenem Ausdruck. Daraufhin erschien Jackie im Zimmer, man sah schon ihre Schwangerschaft
     unter der Hauptmannsuniform (sie war befördert worden), doch ihre ständige Übelkeit wirkte sich nicht auf ihre gute Laune
     aus. Burage erzählte ihr von meinem Fauxpas, und Jackie fing an zu lachen. »Aber Ralph, wie kindisch!« sagte sie. »Du darfst
     deiner Sensibilität nicht die Zügel schießen lassen! Du willst dich doch wohl nicht mit einer Beraterin der Präsidentin überwerfen!
     Außerdem werden wir das zu verhindern wissen!«
    Zwei Tage später ruft Anita in aller Unschuld wieder an. Nachdem man mir inzwischen die Leviten gelesen hatte, entschuldige
     ich mich. »Schon gut, Ralph, deine Reaktion war ja verständlich. Kommst du morgen mittag ins chinesische Restaurant essen?
     Ich lade dich ein. Die Epidemie hat den alten Mr. Twang dahingerafft, ein Beweis, daß er gar nicht so alt war (Lachen). Aber
     Mrs. Twang ist immer noch da mit dem faszinierenden kleinen Schlitz am Kleid (Lachen). Und schließlich werde ich auch da sein
     …«
    Ich komme zu spät. Anita sitzt an einem Tisch in der ersten Etage und blättert in einer Illustrierten. Ganz unverändert. Mahagonifarbenes
     Haar, grüne Augen und jene fein ziselierte Nase, die mir jetzt weniger gefällt, seit ich die von Burage kenne. Auch die Kleidung
     unverändert: ein hautenges
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