Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Geliehene Zeit

Titel: Die Geliehene Zeit
Autoren: Diana Gabaldon
Vom Netzwerk:
Augenblick höher im Kurs steht.«
    »Bei den Nats?« Rogers Herz schlug schneller. »Etwa bei den schottischen Nationalisten, der Unabhängigkeitsbewegung?«
    Edgars wurden allmählich die Augenlider schwer.
    »Aye, bei diesen verdammten Nationalisten. Dort habe ich Gillian kennengelernt.«

    »Wie lange ist das her, Mr. Edgars?«
    Überrascht blickte Roger auf. Die Frage kam von Brianna, die den Mann erwartungsvoll anblickte. Roger hätte nicht sagen können, ob sie nur das Gespräch in Gang halten wollte oder mit ihrer Frage eine bestimmte Absicht verband. Ihr Gesicht zeigte lediglich höfliches Interesse.
    »Weiß nicht genau... vielleicht zwei, drei Jahre. Zuerst war’s ein großer Spaß. Wir schicken die verdammten Engländer zum Teufel und schließen uns der Europäischen Gemeinschaft selber an. Und dazu die Saufgelage und die Herumschmuserei hinten im Lieferwagen, wenn wir von einer Aktion nach Hause gefahren sind.« Verträumt schüttelte Edgars den Kopf. Doch dann schwand sein Lächeln, und er blickte düster in sein Whiskyglas. »Aber das war, bevor sie durchgedreht ist.«
    »Durchgedreht?« Roger warf einen Blick auf das Foto. Fanatisch, gewiß. Aber doch nicht verrückt. Oder konnte man das nach einem Foto nicht beurteilen?
    »Ja, die Gesellschaft der Weißen Rose. Mein süßer kleiner Prinz Charlie, komm doch zurück, und all dieser Quatsch. Ein Haufen von Einheimischen in Kilts und voller Montur, mit Schwertern und so. Schon in Ordnung, wenn einem so was Spaß macht«, fügte er mit dem verqueren Versuch, Objektivität walten zu lassen, hinzu. »Aber Gillian treibt die Dinge immer zu weit. Hat ständig vom Prinzen gefaselt und wie toll es wäre, wenn er den Aufstand damals gewonnen hätte. Immerzu haben irgendwelche Kerle in unserer Küche gesessen und Bier gesoffen und darüber gestritten, warum er keinen Erfolg hatte. Noch dazu auf gälisch.« Er verdrehte die Augen. »Ein Haufen Schwachsinn.« Um dies zu bestärken, leerte er sein Glas in einem Zug.
    Roger spürte, daß sich Briannas Augen in seinen Nacken bohrten. Obwohl er keinen Schlips trug und sein oberster Knopf geöffnet war, zerrte er an seinem Kragen.
    »Interessiert sich Ihre Frau nicht auch für Steinkreise, Mr. Edgars?« Brianna gab sich inzwischen keine Mühe mehr, höfliche Aufmerksamkeit vorzutäuschen. Ihre Stimme war so messerscharf, daß man damit Käse hätte schneiden können. Aber Edgars ließ das kalt.
    »Steinkreise?« Verwirrt steckte er sich den Zeigefinger ins Ohr und stocherte heftig darin herum.

    »Diese vorzeitlichen Steinkreise wie die Clava Cairns«, half ihm Roger auf die Sprünge. Wennschon, dennschon, dachte er resigniert. Brianna würde ohnehin kein Wort mehr mit ihm sprechen, also konnte er auch herausfinden, was es herauszufinden gab.
    »Ach, die!« Edgars lachte kurz auf. »Ja, und dazu noch für jeden anderen alten Mist, den Sie sich vorstellen können. Das ist ihre neueste fixe Idee, und dazu die schlimmste. Tag und Nacht in diesem Institut; sie hat mein ganzes Geld für Kurse zum Fenster rausgeworfen. Kurse - daß ich nicht lache! Märchen haben sie ihr dort erzählt. Nichts, was du gebrauchen kannst, Mädchen, habe ich immer wieder zu ihr gesagt, warum lernst du nicht tippen? Such dir einen Job, wenn du dich langweilst. Als ich ihr das gesagt habe, ist sie abgehauen«, erklärte er verdrießlich. »Und seit zwei Wochen habe ich sie nicht mehr gesehen.« Er starrte in sein Weinglas, als würde es ihn wundern, daß es leer war.
    »Woll’n Se noch einen?« fragte er, während er nach der Flasche griff. Brianna schüttelte entschieden den Kopf.
    »Wir müssen jetzt gehen. Nicht wahr, Roger?«
    Als Roger das gefährliche Funkeln in ihren Augen sah, erschien es ihm fast besser, Greg Edgars dabei Gesellschaft zu leisten, die Flasche zu leeren. Andererseits hätte er einen langen Fußmarsch vor sich, wenn er Brianna das Auto überließ. Seufzend erhob er sich und schüttelte Edgars die Hand. Sein Händedruck war warm und erstaunlich fest, wenn auch ein wenig feucht.
    Die Flasche fest im Griff, geleitete Edgars sie zur Tür und sah ihnen durch das Fenster nach. »Sagt Gillian, sie soll nach Hause kommen, wenn ihr sie seht!« rief er ihnen nach.
    Roger drehte sich um und winkte der Gestalt zu, die sich verschwommen in dem kleinen erleuchteten Viereck in der Tür abzeichnete.
    »Ich werde es versuchen!« rief er, obwohl ihm die Worte fast im Halse steckenblieben.
    Sie waren schon beinahe wieder am Pub eingetroffen,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher