Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Gejagte

Die Gejagte

Titel: Die Gejagte
Autoren: Lisa J. Smith
Vom Netzwerk:
hatte sie vorgehabt, noch mal darüber nachzudenken und sich irgendetwas anderes Geniales einfallen zu lassen, aber dummerweise war es eine dieser Wochen gewesen: Summers vierzehnjähriger Schnauzer hatte eingeschläfert werden müssen und Summer brauchte Jennys moralische Unterstützung. Dee hatte eine Kung-Fu-Prüfung abgelegt, und Jenny war natürlich dabei, um sie anzufeuern. Audrey und Michael hatten sich gestritten, und Zach hatte die Grippe …
    Und dann war es plötzlich Freitag, nur noch ein paar Stunden bis zur Party, alle erwarteten etwas Besonderes – und nichts war vorbereitet.
    Glücklicherweise war ihr während des Informatikunterrichts eine Idee gekommen. Ein Spiel. Alle möglichen Leute feierten doch Krimipartys oder Montagsmalerpartys oder so was Ähnliches. Warum also kein Spiel heute Abend? Natürlich müsste es etwas ganz Besonderes sein. Schick genug für Audrey, sexy genug für Tom und am besten auch ein bisschen gruselig, um Dees Aufmerksamkeit
zu fesseln. Ein Spiel, das sieben Personen auf einmal spielen konnten.
    Jenny hatte sich vage an jene Spiele erinnert, die sie als Kind gespielt hatte. Wirklich aufregende Spiele, nicht die Art von Spielen, die die Erwachsenen arrangierten, sondern diejenigen, die man sich selbst ausdachte, sobald die Eltern außer Sicht waren. Wahrheit oder Pflicht und Flaschendrehen. Eine Kombination aus diesen beiden wäre ideal – nur raffinierter natürlich, damit es für Highschool-Elftklässler wie sie auch wirklich passte.
    Das war es also, was sie in die Eastman Avenue geführt hatte, obwohl sie ganz genau wusste, dass es nicht die feinste Gegend war. Aber eine Gegend, so hatte sie überlegt, in der sie wenigstens keiner ihrer Freunde bei dieser Last-Minute-Aktion erwischen würde. Jenny hatte sich selbst in diese Situation hineinmanövriert; sie würde sich auch selbst wieder herausmanövrieren.
    Nur dass die ganze Situation viel schlimmer war als erwartet.
    Jetzt konnte sie deutlich Schritte hören. Sie klangen sehr nah und kamen immer näher.
    Jenny blickte noch einmal angespannt die Montevideo entlang, während ihr Gehirn alle möglichen belanglosen Details überdeutlich registrierte. Die Mauer des Plattenladens war bemalt – sie zeigte das Bild einer Häuserfront, die große Ähnlichkeit mit der in der Eastman Avenue vor den Aufständen hatte. Seltsam – einige Teile des Bildes wirkten irgendwie real. Diese Ladenfassade in der Mitte
zum Beispiel, mit dem Schild, das Jenny nicht genau erkennen konnte. Der Laden hatte sogar eine Tür, die richtig echt aussah: Der Türknauf schien dreidimensional zu sein. Tatsächlich …
    Verblüfft trat Jenny darauf zu. Der Knauf schien die Form zu verändern, sobald sie sich bewegte, wie jeder 3-D-Gegenstand. Sie schaute genauer hin und stellte fest, dass sich die Tür auch in ihrer Beschaffenheit von der bemalten Betonwand unterschied. Die Tür war aus Holz. Und sie war real.
    Das war unmöglich – aber sie war es. Mitten in dem Wandbild verbarg sich eine Tür.
    Wie konnte das nur sein? Aber Jenny hatte keine Zeit, sich darüber zu wundern. Jenny musste so schnell wie möglich weg von der Straße, und wenn diese Tür unverschlossen war …
    Instinktiv griff sie nach dem Knauf.
    Er fühlte sich so kühl wie Porzellan an. Und er drehte sich in ihrer Hand. Die Tür schwang nach innen auf. Jenny blickte in einen schwach beleuchteten Raum.
    Nach kurzem Zögern trat sie ein.
    Genau in dem Moment erkannte sie, was auf dem Schild über der Tür stand. »Noch mehr Spiele.«

Die Tür ließ sich von innen mit einem Knopf am Türknauf verriegeln und Jenny drückte ihn. Da es keine Fenster mit Blick auf die Straße gab, konnte sie nicht sehen, ob die Jungen ihr gefolgt waren. Trotzdem verspürte sie eine ungeheure Erleichterung. Hier würde sie niemand finden.
    Dann dachte sie: Noch mehr Spiele? In den heruntergekommenen, alternativ angehauchten Antiquariaten hier in der Gegend hatte sie schon häufig diese Art von Schildern gesehen; Schilder mit der Aufschrift »Noch mehr Bücher« und mit einem Pfeil, der auf eine schmale Treppe zum nächsten Stockwerk zeigte. Aber wie konnte es denn hier noch mehr Spiele geben, wenn sie bisher noch überhaupt keine Spiele gesehen hatte?
    Und war es nicht ein ziemlich merkwürdiger Zufall, dass sie gerade in einen Spieleladen hineingestolpert war? Aber andererseits kam ihr dieser Zufall sehr gelegen. Bis sie ihre Einkäufe erledigt hatte, würden sich ihre Verfolger hoffentlich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher