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Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)

Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Ricarda Jordan
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Schwanz. Von ihm war wohl keine Hilfe zu erwarten.
    »Ach, das sagst du jetzt nur so …« Vaclav riss sie in seine Arme, aber Amra gab sich keinerlei Illusionen hin. Über ihre Schulter hinweg hielt er die Klippe im Auge.
    Magnus konnte nur ahnen, was oben vor sich ging, Vaclavs Stimme war ihm nur zu gut bekannt. Er spürte die alte Wut in sich auflodern, musste aber gleich einsehen, dass er seinem Widersacher jetzt genauso hilflos gegenüberstand wie damals auf der Mikelenburg. Er saß in der Falle, jeder Versuch, die Höhle zu verlassen, würde Vaclav die Möglichkeit geben, ihn in den Tod zu stoßen. Zumindest jeder Versuch, hochzuklettern …
    Magnus blickte über den Felsvorsprung nach unten. Der Abgrund ließ ihn schaudern, glatt war die Felswand hingegen nicht. Wenn er sich ein paar Ellen hinunterließ und dann nach links oder rechts kletterte und den Teil der Steilküste umging, den Vaclav einsehen konnte, wäre es möglich, ihn zu überraschen. Magnus flüsterte ein Gebet, bevor er sich über den Felsvorsprung hinabgleiten ließ. Es war gefährlich, und es musste schnell gehen. Wenn Vaclav jetzt über die Klippe schaute, würde er ihn sehen.
    Vaclav war jedoch hinlänglich mit Amra beschäftigt. Er wusste, dass es nicht klug war, sie gleich hier zu nehmen, aber er hatte zu lange gewartet. Amra wehrte sich nach Kräften, als er sie gegen den Wagen drückte. Der harte, feste Knoten des Stricks, an dem der Bulle festgebunden war, drückte sich schmerzhaft in ihren Rücken. Als Vaclav ihren Rock zerriss, biss sie ihn in die Schulter.
    »Ich hätte ein Kettenhemd anlegen sollen«, spie er verächtlich aus und lachte, ließ sie jedoch nicht los.
    Amra hatte keine Chance, sich ihm zu widersetzen. Er befingerte ihre Brüste und versuchte, seine Zunge in ihren Mund zu zwingen. Sie stöhnte auf, als sich der Knoten erneut in ihren Rücken bohrte.
    »Was ist?«, fragte Vaclav, »was jammerst du?«
    »Der Knoten«, keuchte Amra. »Wenn du mich weiter dagegenpresst, bin ich morgen grün und blau.«
    Vaclav lachte. »Du bist morgen sowieso grün und blau«, prophezeite er ihr. »Aber bitte … ich wusste gar nicht, wie empfindlich die Prinzessin ist …«
    Er drückte sie zur Seite, und Amra sah ein Messer in seiner Hand aufblitzen. Gleich darauf durchtrennte er den Knoten, der Strick fiel zu Boden.
    »Besser?«
    Der Schmerz in Amras Rücken ließ nach, aber sogleich befiel sie eine andere Sorge. Der Bulle war frei. Er konnte herumlaufen, Edita war in Gefahr. Amra kämpfte mit dem Mut der Verzweiflung gegen Vaclavs Übergriff an, während sie aus dem Augenwinkel sah, dass sich das mächtige Tier tatsächlich in Bewegung setzte. Nicht schnell, eher so, als suche es nach gutem Weidegrund. Es lief jedoch auf das schlafende Kind zu.
    »Lass mich!«
    Amra versuchte, Vaclav wegzustoßen, aber er ließ nicht mal locker, als er nun einen Blick zurück zu den Klippen warf. Der Wagen stand seitlich zum Abgrund. Wenn er Amra dagegenpresste, konnte er nur Teile der Steilküste erkennen, nicht die gesamte Trasse.
    Der Bulle näherte sich dem Umhang der Äbtissin und zupfte daran. Irgendetwas schien ihn zu faszinieren. Dann stieß er plötzlich ein schmerzvolles Brüllen aus und wich vor dem wütend kläffenden Wuff zurück. Mit seinem aufgestellten Nackenhaar wirkte der Hund viel größer und bedrohlicher, als er war. Der Bulle hatte seine Mittagsruhe gestört, und da kannte Wuff keinen Spaß. Die Nase des hünenhaften Tiers blutete, der Hund musste danach geschnappt haben. Das hätte wohl auch in dem ruhigsten Zuchtbullen der Welt die Bestie erweckt. Der sonst so friedfertige Koloss scharrte mit dem Vorderhuf den Boden auf, während Wuff ihn bellend umkreiste. Amra dankte allen Göttern, dass Edita noch nichts geschehen war.
    Das Brüllen des Bullen hatte selbst Vaclav irritiert, er wendete sich dem Bullen zu und ließ von Amra ab. Hektisch tastete Amra hinter sich über die Ladefläche des Wagens. Sie spürte die Decken und die Bündel mit ihren Einkäufen, an den Bock kam sie dagegen nicht, das Schwert blieb außerhalb ihrer Reichweite. Amra dachte fieberhaft nach. Vielleicht ließe sich ja etwas anderes als Waffe verwenden … Und dann ertastete sie tatsächlich etwas Hartes – den silbernen Leuchter! Sie hatte ihn auf den Wagen geworfen, als sie die Zügel losgeknotet hatte.
    Amra griff zu und hob den Leuchter über den Kopf. Aber diesmal war ihr das Glück nicht so hold wie damals auf dem Burghof. Es war heller Tag, und Vaclav
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